Bauer, landlos, sucht

Während viele Bauern keinen Nachfolger finden, suchen frisch ausgebildete Landwirte einen Hof. Wie können sie sich finden?

Glückliche Finder: Landwirtin Anna Mosimann mit Mann Martin und Tochter . Heute sind sie bereits zu viert. (Bild: zVg)

Bauer sein, das ist bis heute eher Bestimmung als Beruf. Und noch bis vor wenigen Generationen galt: Wenn die Eltern eines Tages nicht mehr können, werden Tochter oder Sohn ihr Lebenswerk weiterführen. Dass das heute nicht mehr zwingend so ist, mag befreiend sein, stellt jedoch viele Landwirte vor die Frage: Was geschieht mit dem Hof, wenn ich in Pension gehe? Laut Forschungsergebnissen von Agroscope haben 33 Prozent der Landwirte über 50 Jahre keinen Nachfolger. Das sind 9830 Betriebe, für die in den nächsten 15 Jahren ein Nachfolger gefunden werden muss, 655 pro Jahr. Zählt man jene Betriebe dazu, bei denen die Nachfolge noch unsicher ist, kommt man auf 1100 Betriebe pro Jahr. Laut Bundesamt für Statistik schliessen als Folge davon jährlich bis zu drei Betriebe ihre Türen, für immer.

Das müsste nicht sein, findet die Kleinbauernvereinigung Schweiz. «Dem Bauernhofsterben steht eine grosse Nachfrage nach landwirtschaftlichen Betrieben gegenüber», sagt Séverine Curiger, Kommunikationsverantwortliche des Vereins. Jährlich schliessen um die 1000 Landwirte und Landwirtinnen ihre Ausbildung ab. Dazu kommen gegen 120 Agrarpraktiker, 300 Absolventen im Nebenerwerbskurs sowie weitere Hochschulabsolventen und Bäuerinnen mit Fachausweis. «Es sind durchaus Berufsleute da, die potentiell Betriebe übernehmen können», folgert Curiger. Um diese zwei Parteien von Suchenden zusammenzuführen, hat die Kleinbauernvereinigung 2014 eine Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergabe ins Leben gerufen. Hofabgebende und einen Hof Suchende können auf der Webseite ein Profil mit ihren Kriterien anlegen und werden von der Vereinigung zusammengeführt. Derzeit liegen dem Verein rund 60 solcher Profile vor.

Zwei, die sich auf diesem Weg gefunden haben, sind Anna Mosimann und Martina Schneider. Anna Mosimann, 34 Jahre, ist zwar auf einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen; die Eltern hatten den Hof jedoch nur gepachtet und bereits früh wieder abgegeben. Sie studierte Umweltwissenschaften und arbeitete danach als Agrarökologin. «Irgendwann fehlte mir die Arbeit auf dem Feld», sagt sie. Da ihr Mann weiterhin als Maschineningenieur arbeiten wollte und nur beschränkt auf einem Hof aktiv sein würde, suchte das Paar mit der 3-jährigen Tochter lediglich nach einem kleinen Betrieb. Einige Monate, nachdem sie bei der Kleinbauernvereinigung ein Profil aufgegeben hatten, meldete sich Martina Schneider.

Die 56-Jährige kam 1999 als Aussenstehende zu dem Hof, als ausserfamiliäre Hofübergabe noch gar kein Begriff war. Sie bewarb sich auf den in einer Zeitung ausgeschriebenen Betrieb oberhalb von Toffen bei Bern und wurde schliesslich unter 40 Bewerberinnen ausgewählt. Mit Mutterkuhwirtschaft und Geissen-Trekking führte sie den Betrieb quasi im Alleingang während 18 Jahren.
Es war in einem heissen Sommer, als ihr beim Heuen plötzlich die Frage aufkam: «Sehe ich mich mit 64 noch mit Maschinen an den stotzigen Hängen stehen?» Die Antwort war Nein. Da ihre Kinder noch zu jung sind, um sich mit der Nachfolgefrage auseinanderzusetzen, suchte Martina Schneider nicht neue Käufer, sondern Pächter. Auch für die Mosimanns kam von Anfang an nur die Pacht in Frage. «Ein Kauf wäre finanziell niemals möglich gewesen», sagt sie und spricht damit eines der Kernprobleme an: Ausserhalb der Familie verkauft man den Betrieb zum freien Marktwert, der den Ertragswert um ein Vielfaches übersteigt. Zudem hängen viele Landwirte an ihrem Bauernhaus, behalten es als Wohnhaus und verkaufen das Land dem Bauern nebenan. Die Folge davon ist eine höhere Konzentration von landwirtschaftlichen Betrieben.

Diese Hürden sind mit ein Grund, warum die Zahlen von erfolgreich durchgeführten Übergaben eher bescheiden sind: Vier Pachten und zwei Verkäufe in vier Jahren hat die Kleinbauernvereinigung vermittelt. Doch der Erfolg dürfe nicht allein an diesen Zahlen gemessen werden, findet Séverine Curiger. «Eine gelungene ausserfamiliäre Hofübergabe ist nur das sichtbare Resultat.» Davor stehe ein langer Weg, zu dem viel Wille, Ausdauer und Engagement gehören. «Wir empfehlen allen, sich frühzeitig mit der Nachfolgerfrage auseinanderzusetzen.» So will der Verein für das Thema sensibilisieren und bietet auch eine Beratungsstelle für Finanzfragen an.

Gemessen an den vielen Hürden ging Martina Schneiders Hof fast reibungslos in die Hände der Mosimanns. Da sie von früher bereits ein Leben ohne Landwirtschaft kannte, fiel ihr auch der Wegzug in das Einfamilienhaus im Dorf nicht so schwer. Die Mosimanns ihrerseits waren froh, die behornten Mutterkühe und die Maschinen übernehmen zu können. «Alles hat gestimmt», sagt Mosimann. «Im Wissen, dass eine solche Gelegenheit selten ist, sagten wir zu.»