Demokratie digital?

Wie werden digitale Technologien unsere Demokratie transformieren?

Früher oder später wird die Demokratie von der Welle der Digitalisierung mitgerissen. In der Schweiz ist elektronisches Abstimmen bereits eine Realität und die digitale Identitätskarte steht in den Startlöchern. Doch wie wirken sich diese Technologien auf demokratische Prozesse aus? Im neuen Buch widmen sich Daniel Graf und Maximilian Stern deshalb der Zukunft der direkten Demokratie und bleiben dabei leider zu unkritisch.

Digitale Nachzüglerin Schweiz

Das Buch kommt in zehn gut verdaulichen Kapiteln daher. Dabei zeigt sich: Die Schweiz hinkt punkto Digitalisierung der Demokratie hinterher. Denn Menschen können bei politischen Prozessen kaum digital partizipieren. Graf und Stern sind entsprechend konsterniert: «Die Schweiz braucht den Mut und den politischen Willen, mehr Pilotprojekte durchzuführen. Das föderale System würde dafür die besten Voraussetzungen bieten.» Vor allem Internetplattformen böten dafür eigentlich die perfekte Ausgangslage.
Für die Autoren liegt in der Digitalisierung das Mittel, um dynamische, gesellschaftliche Veränderungen mit Flexibilität und Tempo anzugehen. Denn auch verhältnismässig gut geölte Demokratien müssen sich mit digitalen Technologien und dem Einfluss sozialer Medien befassen. Nur wenn die direkte Demokratie also gepflegt und weiterentwickelt würde, liessen sich echte Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit finden.

Von der Tribüne auf die Bühne

Es ist Graf und Stern anzurechnen, dass sie trotz zwischenzeitiger «Political Fiction» nicht dem fatalistischen Pessimismus verfallen, der an jeder Ecke lauert. Stattdessen plädieren sie dafür, dass die digitale Demokratie Menschen von der Tribüne auf die Bühne holt. Doch vor lauter Versuchen, Chancen und Wege aufzuzeigen, gehen die offensichtlichen Sicherheitsbedenken – z.B. Datenmissbrauch und digitale Monopolisierung – leider unter. Dieser naive Zukunftsglaube hinterlässt bei der eigentlich wertvollen und gut verständlichen Standortbestimmung einen bitteren Nachgeschmack.

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Daniel Graf, Maximilian Stern: Agenda für eine digitale Demokratie. NZZ Libro: Zürich 2018, CHF 35.–.

01. Dezember 2018
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