Zum 76. Gedenktag der «Nakba»: «Wir kamen und haben ihr Land gestohlen»
Die Verzweiflung von Walter Blum, dem Zentralsekretär der «Gesellschaft Schweiz Israel», im Tagesanzeiger vom 14. Mai 2024 sei nachvollziehbar, schreibt Geri Müller, Präsident der «Gesellschaft Schweiz Palästina».
Offensichtlich sei, so meint Müller, die Bevölkerung der Schweiz zunehmend davon überzeugt, dass das Internationale Völkerrecht, das zum Erbe der Schweiz gehört, ernst genommen werden sollte.
Die Schweiz erlebte in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen kurzen Bürgerkrieg zwischen den Freisinnigen und den Katholiken. Die Tagsatzung beschloss, dass die Eidgenossenschaft nicht religiös dominiert werden sollte und wählte als General einen sehr besonnenen Mann: Henry Dufour. Dieser verlangte von der Truppe: «Wir müssen nicht nur siegreich sein, sondern auch ohne Schuldgefühle daraus hervorgehen.»
Der Krieg war dann auch von kurzer Dauer, es gab relativ wenige Tote. Das Besondere war dann aber, dass General Dufour nach der Kapitulation der Katholiken verlangte, dass nun alle Verletzten, auf beiden Seiten, gepflegt werden sollten.
«Schliesslich wollen wir zusammenleben, da hat Rache keinen Platz.» Es ist das Erbe der Freisinnigen, dass kurz darauf eine Bundesverfassung erstellt und am 12. September 1848 der heutige Bundesstaat gegründet wurde.
Israel setzte im Gegensatz zur damaligen Schweiz auf andere Werte. Schon bei der Gründung 1948 von Israel wurde klar markiert, dass sie nicht freisinnig werden wollten.
Am 14. Mai 1948 rief David Ben Gurion den unabhängigen Judenstaat Israel aus. Er ergänzte:
Wenn ich ein arabischer Führer wäre, würde ich nie einen Vertrag mit Israel unterschreiben. Es ist normal; wir haben ihr Land genommen. Es ist wahr, dass es uns von Gott versprochen wurde, aber wie sollte sie das interessieren? Unser Gott ist nicht ihr Gott. Es gab Anti-Semiten, die Nazis, Hitler, Auschwitz, aber war es ihre Schuld? Sie sehen nur eine Sache: Wir kamen und haben ihr Land gestohlen. Warum sollten sie das akzeptieren?
Der Unterschied zwischen David Ben Gurion und den Freisinnigen ist nach Geri Müller offensichtlich: Während Ben Gurion die Religion über den Menschen setzte, setzten die Grossväter von Walter Blum, Ignacio Cassis u.a. die Menschen ins Zentrum, unabhängig von ihrem Glauben. Alle sollten die gleichen Rechte haben, egal welche Sprache Religion oder Herkunft.
Dennoch, wir sollten Walter Blum in seinen Vorhaben, Fichen zu sammeln, unterstützen. Wir gehen da mit gutem Beispiel voran: Die GSP wird sich die Mühe machen, die Genfer Konventionen zu finden, die «allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen», die vom jüdischen Stéphane Hessler mit-verfasst wurden, die Regeln des internationalen Völkerrechts, die Gesetze gegen Völkermord und vieles mehr.
In diesem Sinne begehen wir den 76. Gedenktag der «Nakba» (= Katastrophe), in Erinnerung an die 750'000 vertriebenen, verletzten oder ermordeten PalästinenserInnen. Wir bleiben nicht still, bis die Waffen in Gaza und in der Westbank schweigen und die TäterInnen verurteilt werden.
Nakba-Gedenkveranstaltung in Israel-Palästina der Combatants for Peace vom 15.5.2024
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