Bauern gegen Gentechnik
Mit Dirndl und Lederhose führten bayerische Bauern eine Protest-Wallfahrt nach Altötting durch.
Zünftig geht’s los. In Dirndl und Lederhosen marschieren Bayern auf Feldwegen durch Wiesen und Felder, Blasmusik spielt dazu. Eine typische Wallfahrt also? Nicht ganz. Die Menschen halten Schilder hoch, auf denen steht: »Gen-freier Landkreis – Gib dein Ja!«
In der Kirche in Altötting angekommen, predigt Pfarrer Witti über Gentechnik. Gut informiert ist er, der Herr Pfarrer, und seine Predigt ist keine Sekunde langweilig. Er spricht zu seiner Gemeinde über das Klon-Schaf Dolly. Hatten wir nicht damals geglaubt, der achte Schöpfungstag sei angebrochen? Was der Bevölkerung eher verschwiegen wurde: Für einen gelungenen Klonversuch waren 277 Eizellen und 29 Embryonen verbraucht worden. Außerdem: Ein normales Schaf kann zehn bis zwanzig Jahre alt werden. Dolly musste schon mit sechseinhalb eingeschläfert werden, weil sie schwere vorzeitige Alterserscheinungen zeigte. Und die Kinder und Enkel von Dolly waren meistens missgebildet.
So einfach, wie wir damals glaubten, ist es also nicht, Leben zu erschaffen. Pfarrer Witti nennt Dolly ein Zeichen von »menschlicher Hybris« und erinnert uns an die ethischen Grenzen der Forschung. Von Ethik scheint die Firma Monsanto allerdings nicht viel zu halten. Zwar behauptet Monsanto gerne der Presse gegenüber, sie wolle durch genmanipulierte Nahrung den Hunger stillen, aber aktiv tut sie nichts gegen Armut. Im Gegenteil: Es gibt viele Menschen, die durch Monsanto in den Ruin getrieben wurden.
Nach der Predigt spricht noch der aus Kanada angereiste Percy Schmeiser. Er und seine Frau Louise führen seit Jahren einen Rechtsstreit mit Monsanto. Auf ihren konventionellen Raps-Feldern wuchs genveränderter Raps der benachbarten Felder von Monsanto, der Wind hatte das Saatgut hinübergeweht. Deswegen wurden sie von Monsanto wegen Patentverletzung verklagt. Für ihren Widerstand gegen Monsanto erhielten Percy und Louise Schmeiser 2007 den Alternativen Nobelpreis. In Altötting erinnert Percy an die schlechten Erfahrungen, die man in Kanada mit genmanipulierten Pflanzen gemacht hat, und ermahnt die bayerischen Bauern, nicht zuzulassen, dass dasselbe hier passiert.
Schließlich spricht noch Christoph Fischer, der Gründer der Organisation »Zivilcourage – Freie Bauern und Bürger gegen Agro-Gentechnik«. Im schönsten Bayrisch spricht er über Patente auf Leben – Monsanto habe sogar schon versucht, Patente auf Schnitzel und Schinken anzumelden, weil sich der Geschmack des Fleisches angeblich durch die Fütterung genmanipulierter Nahrung verändert habe. Zu Percys und Louises Kampf gegen Monsanto zieht er einen interessanten Vergleich: Monsanto hat ja die beiden verklagt, weil sie gegen den eigenen Wunsch Saatgut von Monsanto auf ihren Feldern hätten, das, so Christoph Fischer, sei genau so, wie wenn man beweisen müsste, dass man sich nicht absichtlich mit einer Krankheit angesteckt habe.
Der Film und die Reden sind durchaus interessant und spannend. Was ich vermisse, ist einleitende Erklärung von einem Sprecher: Wann war diese Wallfahrt nach Altötting, wer hat sie organisiert, wieviele Menschen nahmen daran teil? Die üblichen Rahmeninformationen eben. Der Film besteht nur aus abgefilmten Reden, ohne dazugehörige Erklärungen. So wirkt er auf mich eher unprofessionell. Trotzdem empfehle ich ihn jedem, der sich für Gentechnik interessiert.
Christine Höfig
von:
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