Der Berg ruft ... die Städter kommen
Freiwillige absolvieren in ihren Ferien Einsätze in den Schweizer Bergen und helfen mit, das Überleben der Bergwelt und der Bergbauern zu sichern. Ihr Lohn: Ein gutes Gefühl, Zeit für sich und der vielleicht schönste Arbeitsplatz der Welt.
Am 1. April 2009 ging eine Presse-Ente um die Welt: Schweiz Tourismus suchte per Inserat Felsenputzer. Vogelkot, hiess es, greife das Gestein an, so dass in drei Millionen Jahren von den Schweizer Bergen nichts mehr übrig sei. Innert 24 Stunden gingen 30’000 Bewerbungen ein. Was daran kein Scherz ist: Den Leuten liegt etwas an den Bergen und sie sind bereit, mit anzupacken.
Zur Schweiz gehören einige der schönsten Kulturlandschaften Europas. Bergwiesen wie ausgerollte Perserteppiche, pittoreske Dörfer und ausgeschilderte Wanderwege auf alle Höhen und in jeden Chrachen. Wer aber glaubt, die Natur erhalte das alles selbst, irrt. Auch wenn in den Alpen keine Felsen geputzt werden müssen – Arbeit gibt es immer. Jahr für Jahr strömen viele tausend Freiwillige in die Berge. Angelockt von den ersten warmen Sonnenstrahlen räumen sie die Spuren des vergangenen Winters beiseite, gehen im Hochsommer den Bauern beim Heuen zur Hand und sorgen dafür, dass der Wald im Wald bleibt. Drei dieser Freiwilligen erzählen über Respekt, frische Minze und gebrochene Rippen und beweisen: Arbeiten im Freien macht glücklich!
Schnittpunkt Mensch und Natur
Megi Conder (26) ist seit sechs Jahren beim Bergwald-Projekt. Rigi, Trin und Jaun sind nur drei Beispiele der vielen Wälder, die sie in dieser Zeit kennengelernt hat. Immer der gleiche Ort wäre nichts für sie. Ihr erstes Projekt an der Rigi hat bei Megi trotzdem einen bleibenden Eindruck hinterlassen: die Holzhütte mit Massenlager am Rigi-Nordhang, wo die Sonne zuletzt hinkommt, um den Schnee zu schmelzen. Dort steht der Schutzwald der SBB Gotthardstrecke. «Denen liegt viel daran, dass dort nichts runterkommt», sagt Megi, die sich als Geografiestudentin für den Schnittpunkt Mensch und Natur interessiert. Zwanzig Leute waren sie damals, aufgeteilt in drei Gruppen. Megi genoss es, wenn die Projektleiterin auf dem Weg zum Einsatzort vom Bergwald erzählte und Hintergründe am lebenden Beispiel erklärte. Abwechslungsweise arbeiteten die Gruppen beim Wegbau oder schützen die jungen Bäume mit Draht vor dem Wildtierfrass.
1987, da war Megi knapp zwei Jahre alt, standen in Malans GR die ersten Freiwilligen im Wald. Damals noch unter dem Patronat von Greenpeace, wagte das Bergwaldprojekt erste Schritte. Die Präsenz des Waldsterbens und des sauren Regens in den Medien hatte die Bevölkerung für «ihre» Bergwälder sensibilisiert. Tatsächlich hat sich gerade punkto Luftverschmutzung einiges verbessert, sogar der Wald hat aufgehört zu sterben. Sorgen machen der Wissenschaft heute vor allem die Folgen der Klimaerwärmung, welche die Schutzfunktion des Bergwaldes ernsthaft bedroht. Pflege und Aufforstung bedeutet hier nicht zuletzt, den Lebens- und Erholungsraum Alpen für die Zukunft zu erhalten.
Ein Interesse, das sich scheinbar durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Megi jedenfalls fasziniert immer wieder, wie Hausfrauen, Studenten und Büroangestellte von 18 bis 78 während einer Woche zu einem eingespielten Team zusammenwachsen und dauerhafte Freundschaften entstehen, die halten. Das gemeinsame Interesse Schweisse zusammen. «Abschalten, eine andere Perspektive kennenlernen und draussen Suppe essen», das ist es, was Megi immer wieder in den Bergwald zieht. Inzwischen hat sie an einer Ausbildungswoche für Gruppenleiter teilgenommen und führt in ein bis zwei Einsätzen pro Jahr ein Freiwilligen-Team. «Der Wald gibt dir das Gefühl klein zu sein», sinniert Megi. Ein Gefühl, das lange nachwirke. Wenn sie eins gelernt habe beim Bergwaldprojekt, dann den Respekt vor den Wäldern.
Arbeit mit besonderem Sinn
Einen ähnlichen Ansatz pflegt die Stiftung Umwelt-Einsatz, die in Zusammenarbeit mit Pro Natura einwöchige Arbeitseinsätze anbietet. Die Freude an der Natur soll mit bodenständigem Engagement verbunden werden. Der Beweis, dass sich Arbeit und Erholung nicht ausschliessen, ist Gerhard Aeby (64). Seit über zehn Jahren nimmt er mindestens einmal pro Jahr an einer Projektwoche teil. Die leidige Diskussion über die 270 Franken, die jeder Teilnehmer selbst berappen muss, kennt Gerhard deshalb in- und auswendig. Für ihn steht fest: «Ich habe noch nie so günstig Ferien gemacht.» Wenn er schwere körperliche Arbeit verrichte, setze bei ihm die geistige Erholung ein. Wie bei den Langstreckenläufern, die mit der Zeit richtig laufsüchtig würden.
Anfangs waren Gerhards Kollegen beim Tiefbauamt Zürich etwas irritiert. «Schpinnsch, jetzt gasch ä na i de Ferie ga schaffe», neckten sie ihn. Aber Gerhard liess sich nicht beirren. Hoch auf der Alp, ohne Fernsehen, Radio und Zeitung, weg vom Alltag und der hektischen Grossstadt, findet Gerhard Zeit für sich selbst – und für andere. Letztes Jahr leitete er ein Lager im Calfeisental (SG). Auf einer Alp war Entbuschen angesagt, eine Massnahme gegen die Vergandung (langsamer Prozess, der abläuft, wenn Bergwiesen nicht mehr gemäht werden). Mit Motorsäge und Astscheren rückten die Freiwilligen jungen Erlen zu Leibe. Weiden wollten eingezäunt und Wasserleitungen ausgehoben werden: Schwerstarbeit! Gerhard musste lernen, auf seinen Körper zu hören: Gesundheitliche Probleme zeigten ihm schon mehr als einmal seine Grenzen auf. Vielleicht bewundert er deshalb die Zähigkeit der Bergbevölkerung: «Als mich ein Senn bat, einen Pfosten einzuschlagen, stellte sich heraus, dass er schon die ganze Zeit mit einer gebrochenen Rippe gearbeitet hatte», erinnert sich Gerhard. Diesen Menschen unter die Arme zu greifen und gleichzeitig etwas für den Erhalt der Bergwelt zu tun, erfüllen die Arbeit auf der Alp mit einem besonderen Sinn. «Am Abend ist man kaputt, man schläft gut und es ist ruhig – manchmal fast zu ruhig.»
Der schönste Arbeitsplatz der Welt
Über zu viel Ruhe konnte sich Ursula Giger (41) während ihres Bergeinsatzes nicht beklagen. Sie verbrachte eine Woche bei einer kinderreichen Bergbauerfamilie im Wallis. Ursula packte überall an, wo sie gebraucht wurde – und das war an allen Ecken und Enden: Haushalt, Kinder hüten, Zäune aufstellen, Unkraut bekämpfen und mit der Schubkarre den Misthaufen hoch und runterfahren. So ein Hof mit Kühen, Rindern, Kaninchen und drei kleinen Kindern könnte ein ganzes Heer mit Arbeit versorgen. Aber: «Am Abend zu sehen, was du gemacht hast, ist ein schönes Gefühl», sagt Ursula.
Auf die Idee, einen Freiwilligen-Einsatz zu leisten, kam Ursula über eine Kollegin am Stadttheater Bern, wo sie als Damenschneiderin arbeitet. Sie wird auf Caritas-Bergeinsatz aufmerksam. Die Organisation bietet Städtern die Gelegenheit, ganz in die Lebenswelt der Bergbauern einzutauchen – den möglicherweise schönsten Arbeitsplatz der Welt kennenzulernen, aber auch die rauen Einflüsse der Natur und die finanziellen und personellen Engpässe. Gerade Letztere hilft Caritas-Bergeinsatz zu überbrücken: Bauernfamilien, die Unterstützung brauchen, sei es aufgrund einer Notsituation oder weil die Arbeit einfach nicht mehr zu bewältigen ist, können bei Caritas Hilfe durch Freiwillige beantragen. Die Unterländer arbeiten kostenlos und fahren nicht selten mit unbezahlbaren Erinnerungen wieder nach Hause.
Unvergessen bleiben Ursula die Sommernachmittage, an denen sie zusammen mit Bäuerin Sonja und den Kindern aus frischer Minze Sirup kochte. Dass Sonja ihre Kinder ernst nahm und wo immer möglich einbezog, beeindruckte die Freiwillige. «Da hiess es nicht ‚Nein, mit dem Messer schneiden darfst du erst mit zehn’.» Ursula genoss die offene Atmosphäre in der Familie, die sie, eine Fremde, so selbstverständlich bei sich aufgenommen hatten. Auch dieses Jahr hat die Theaterangestellte sechs Wochen Sommerferien und könnte sich einen weiteren Einsatz gut vorstellen. «Bei der Familie Guntern hat mir einfach alles gefallen», schwärmt sie. Allerdings: Ihren nächsten Bergeinsatz würde Ursula gerne auf «einem richtig abgelegenen Hof» verbringen.
Das sollte kein Problem sein, wenn möglich erfüllen die Organisationen solch bescheidene Wünsche gerne. Grund zur Dankbarkeit haben sie genug: Gemeinsam haben allein diese drei Freiwilligen letztes Jahr mehr als 200 Arbeitsstunden im Berggebiet geleistet. Einfach so – und weil es nichts Schöneres gibt, als den Himmel über den Gipfeln in einer sternklaren Nacht.
Anbieter von Umwelt-Einsätzen:
Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz (SUS), Steffisburg, Tel. 033 438 10 24, www.umwelteinsatz.ch
Caritas-Bergeinsatz, Luzern, Tel, 041 419 22 77, www.bergeinsatz.ch
Bergwaldprojekt, Trin, Tel, 081 650 40 40, www.bergwaldprojekt.ch
Weitere Organisatoren von freiwilligen Arbeitseinsätzen:
Service Civil International: 1000 Workcamps in 60 Ländern. SCI, Postfach 7855, 3001 Bern, Tel. 031 381 46 20. www.scich.org
Landdienst, firmierte zwischenzeitlich unter «Power beim Bauer», heisst seit 2010 Agriviva und bietet Arbeitseinsätze bei rund 1000 Bauernfamilien in der ganzen Schweiz, auch in Kombination mit einem Sprachaufenthalt. Agriviva, Postfach 1538, 8401 Winterthur, Tel. 052 264 00 30, www.agriviva.ch
Am 1. April 2009 ging eine Presse-Ente um die Welt: Schweiz Tourismus suchte per Inserat Felsenputzer. Vogelkot, hiess es, greife das Gestein an, so dass in drei Millionen Jahren von den Schweizer Bergen nichts mehr übrig sei. Innert 24 Stunden gingen 30’000 Bewerbungen ein. Was daran kein Scherz ist: Den Leuten liegt etwas an den Bergen und sie sind bereit, mit anzupacken.
Zur Schweiz gehören einige der schönsten Kulturlandschaften Europas. Bergwiesen wie ausgerollte Perserteppiche, pittoreske Dörfer und ausgeschilderte Wanderwege auf alle Höhen und in jeden Chrachen. Wer aber glaubt, die Natur erhalte das alles selbst, irrt. Auch wenn in den Alpen keine Felsen geputzt werden müssen – Arbeit gibt es immer. Jahr für Jahr strömen viele tausend Freiwillige in die Berge. Angelockt von den ersten warmen Sonnenstrahlen räumen sie die Spuren des vergangenen Winters beiseite, gehen im Hochsommer den Bauern beim Heuen zur Hand und sorgen dafür, dass der Wald im Wald bleibt. Drei dieser Freiwilligen erzählen über Respekt, frische Minze und gebrochene Rippen und beweisen: Arbeiten im Freien macht glücklich!
Schnittpunkt Mensch und Natur
Megi Conder (26) ist seit sechs Jahren beim Bergwald-Projekt. Rigi, Trin und Jaun sind nur drei Beispiele der vielen Wälder, die sie in dieser Zeit kennengelernt hat. Immer der gleiche Ort wäre nichts für sie. Ihr erstes Projekt an der Rigi hat bei Megi trotzdem einen bleibenden Eindruck hinterlassen: die Holzhütte mit Massenlager am Rigi-Nordhang, wo die Sonne zuletzt hinkommt, um den Schnee zu schmelzen. Dort steht der Schutzwald der SBB Gotthardstrecke. «Denen liegt viel daran, dass dort nichts runterkommt», sagt Megi, die sich als Geografiestudentin für den Schnittpunkt Mensch und Natur interessiert. Zwanzig Leute waren sie damals, aufgeteilt in drei Gruppen. Megi genoss es, wenn die Projektleiterin auf dem Weg zum Einsatzort vom Bergwald erzählte und Hintergründe am lebenden Beispiel erklärte. Abwechslungsweise arbeiteten die Gruppen beim Wegbau oder schützen die jungen Bäume mit Draht vor dem Wildtierfrass.
1987, da war Megi knapp zwei Jahre alt, standen in Malans GR die ersten Freiwilligen im Wald. Damals noch unter dem Patronat von Greenpeace, wagte das Bergwaldprojekt erste Schritte. Die Präsenz des Waldsterbens und des sauren Regens in den Medien hatte die Bevölkerung für «ihre» Bergwälder sensibilisiert. Tatsächlich hat sich gerade punkto Luftverschmutzung einiges verbessert, sogar der Wald hat aufgehört zu sterben. Sorgen machen der Wissenschaft heute vor allem die Folgen der Klimaerwärmung, welche die Schutzfunktion des Bergwaldes ernsthaft bedroht. Pflege und Aufforstung bedeutet hier nicht zuletzt, den Lebens- und Erholungsraum Alpen für die Zukunft zu erhalten.
Ein Interesse, das sich scheinbar durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Megi jedenfalls fasziniert immer wieder, wie Hausfrauen, Studenten und Büroangestellte von 18 bis 78 während einer Woche zu einem eingespielten Team zusammenwachsen und dauerhafte Freundschaften entstehen, die halten. Das gemeinsame Interesse Schweisse zusammen. «Abschalten, eine andere Perspektive kennenlernen und draussen Suppe essen», das ist es, was Megi immer wieder in den Bergwald zieht. Inzwischen hat sie an einer Ausbildungswoche für Gruppenleiter teilgenommen und führt in ein bis zwei Einsätzen pro Jahr ein Freiwilligen-Team. «Der Wald gibt dir das Gefühl klein zu sein», sinniert Megi. Ein Gefühl, das lange nachwirke. Wenn sie eins gelernt habe beim Bergwaldprojekt, dann den Respekt vor den Wäldern.
Arbeit mit besonderem Sinn
Einen ähnlichen Ansatz pflegt die Stiftung Umwelt-Einsatz, die in Zusammenarbeit mit Pro Natura einwöchige Arbeitseinsätze anbietet. Die Freude an der Natur soll mit bodenständigem Engagement verbunden werden. Der Beweis, dass sich Arbeit und Erholung nicht ausschliessen, ist Gerhard Aeby (64). Seit über zehn Jahren nimmt er mindestens einmal pro Jahr an einer Projektwoche teil. Die leidige Diskussion über die 270 Franken, die jeder Teilnehmer selbst berappen muss, kennt Gerhard deshalb in- und auswendig. Für ihn steht fest: «Ich habe noch nie so günstig Ferien gemacht.» Wenn er schwere körperliche Arbeit verrichte, setze bei ihm die geistige Erholung ein. Wie bei den Langstreckenläufern, die mit der Zeit richtig laufsüchtig würden.
Anfangs waren Gerhards Kollegen beim Tiefbauamt Zürich etwas irritiert. «Schpinnsch, jetzt gasch ä na i de Ferie ga schaffe», neckten sie ihn. Aber Gerhard liess sich nicht beirren. Hoch auf der Alp, ohne Fernsehen, Radio und Zeitung, weg vom Alltag und der hektischen Grossstadt, findet Gerhard Zeit für sich selbst – und für andere. Letztes Jahr leitete er ein Lager im Calfeisental (SG). Auf einer Alp war Entbuschen angesagt, eine Massnahme gegen die Vergandung (langsamer Prozess, der abläuft, wenn Bergwiesen nicht mehr gemäht werden). Mit Motorsäge und Astscheren rückten die Freiwilligen jungen Erlen zu Leibe. Weiden wollten eingezäunt und Wasserleitungen ausgehoben werden: Schwerstarbeit! Gerhard musste lernen, auf seinen Körper zu hören: Gesundheitliche Probleme zeigten ihm schon mehr als einmal seine Grenzen auf. Vielleicht bewundert er deshalb die Zähigkeit der Bergbevölkerung: «Als mich ein Senn bat, einen Pfosten einzuschlagen, stellte sich heraus, dass er schon die ganze Zeit mit einer gebrochenen Rippe gearbeitet hatte», erinnert sich Gerhard. Diesen Menschen unter die Arme zu greifen und gleichzeitig etwas für den Erhalt der Bergwelt zu tun, erfüllen die Arbeit auf der Alp mit einem besonderen Sinn. «Am Abend ist man kaputt, man schläft gut und es ist ruhig – manchmal fast zu ruhig.»
Der schönste Arbeitsplatz der Welt
Über zu viel Ruhe konnte sich Ursula Giger (41) während ihres Bergeinsatzes nicht beklagen. Sie verbrachte eine Woche bei einer kinderreichen Bergbauerfamilie im Wallis. Ursula packte überall an, wo sie gebraucht wurde – und das war an allen Ecken und Enden: Haushalt, Kinder hüten, Zäune aufstellen, Unkraut bekämpfen und mit der Schubkarre den Misthaufen hoch und runterfahren. So ein Hof mit Kühen, Rindern, Kaninchen und drei kleinen Kindern könnte ein ganzes Heer mit Arbeit versorgen. Aber: «Am Abend zu sehen, was du gemacht hast, ist ein schönes Gefühl», sagt Ursula.
Auf die Idee, einen Freiwilligen-Einsatz zu leisten, kam Ursula über eine Kollegin am Stadttheater Bern, wo sie als Damenschneiderin arbeitet. Sie wird auf Caritas-Bergeinsatz aufmerksam. Die Organisation bietet Städtern die Gelegenheit, ganz in die Lebenswelt der Bergbauern einzutauchen – den möglicherweise schönsten Arbeitsplatz der Welt kennenzulernen, aber auch die rauen Einflüsse der Natur und die finanziellen und personellen Engpässe. Gerade Letztere hilft Caritas-Bergeinsatz zu überbrücken: Bauernfamilien, die Unterstützung brauchen, sei es aufgrund einer Notsituation oder weil die Arbeit einfach nicht mehr zu bewältigen ist, können bei Caritas Hilfe durch Freiwillige beantragen. Die Unterländer arbeiten kostenlos und fahren nicht selten mit unbezahlbaren Erinnerungen wieder nach Hause.
Unvergessen bleiben Ursula die Sommernachmittage, an denen sie zusammen mit Bäuerin Sonja und den Kindern aus frischer Minze Sirup kochte. Dass Sonja ihre Kinder ernst nahm und wo immer möglich einbezog, beeindruckte die Freiwillige. «Da hiess es nicht ‚Nein, mit dem Messer schneiden darfst du erst mit zehn’.» Ursula genoss die offene Atmosphäre in der Familie, die sie, eine Fremde, so selbstverständlich bei sich aufgenommen hatten. Auch dieses Jahr hat die Theaterangestellte sechs Wochen Sommerferien und könnte sich einen weiteren Einsatz gut vorstellen. «Bei der Familie Guntern hat mir einfach alles gefallen», schwärmt sie. Allerdings: Ihren nächsten Bergeinsatz würde Ursula gerne auf «einem richtig abgelegenen Hof» verbringen.
Das sollte kein Problem sein, wenn möglich erfüllen die Organisationen solch bescheidene Wünsche gerne. Grund zur Dankbarkeit haben sie genug: Gemeinsam haben allein diese drei Freiwilligen letztes Jahr mehr als 200 Arbeitsstunden im Berggebiet geleistet. Einfach so – und weil es nichts Schöneres gibt, als den Himmel über den Gipfeln in einer sternklaren Nacht.
Anbieter von Umwelt-Einsätzen:
Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz (SUS), Steffisburg, Tel. 033 438 10 24, www.umwelteinsatz.ch
Caritas-Bergeinsatz, Luzern, Tel, 041 419 22 77, www.bergeinsatz.ch
Bergwaldprojekt, Trin, Tel, 081 650 40 40, www.bergwaldprojekt.ch
Weitere Organisatoren von freiwilligen Arbeitseinsätzen:
Service Civil International: 1000 Workcamps in 60 Ländern. SCI, Postfach 7855, 3001 Bern, Tel. 031 381 46 20. www.scich.org
Landdienst, firmierte zwischenzeitlich unter «Power beim Bauer», heisst seit 2010 Agriviva und bietet Arbeitseinsätze bei rund 1000 Bauernfamilien in der ganzen Schweiz, auch in Kombination mit einem Sprachaufenthalt. Agriviva, Postfach 1538, 8401 Winterthur, Tel. 052 264 00 30, www.agriviva.ch
06. Mai 2012
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