Die Gesetze des Schicksals
Polarität, Resonanz oder Ursache und Wirkung – unser Leben wird von grundlegenden Gesetzen bestimmt, sagt Dr. Ruediger Dahlke, Arzt und Bestsellerautor («Krankheit als Symbol»). Aber gibt es die geheimnisvollen Lebensregeln wirklich?
Mit Ruediger Dahlke sprach Roland Rottenfußer.
Herr Dr. Dahlke, warum haben Sie gerade jetzt ein Buch über die «Schicksalsgesetze» geschrieben? Das Thema wirkt sehr abstrakt, obwohl uns derzeit doch eine Menge konkreter gesellschaftlicher Probleme auf den Nägeln brennen.
Die Probleme, die uns heute auf den Nägeln brennen, sind ja hauptsächlich deshalb entstanden, weil wir (und vor allem die Entscheidungsträger) so wenig Ahnung von den grossen Gesetzmäßigkeiten haben. Hätten die Banker vom Polaritätsgesetz gewusst, hätten sie sich niemals so blind immer weiter in einen Pol verrannt und das Geben gegenüber dem Nehmen nicht so gnadenlos überzogen.
Sind Sie eigentlich erfreut darüber, dass es derzeit einen Hype um das «Gesetz der Anziehung» gibt, angeführt von dem Bestseller «The Secret»? Oder ist ihnen das bunte Treiben eher zu seicht bzw. zu einseitig?
Beides. Es ist wundervoll, dass es endlich so ein grosses Interesse für die Schicksalsgesetze gibt. Es ist das Verdienst von «The Secret», es auf typisch amerikanische Weise geweckt zu haben. Natürlich war das Resonanzgesetz, um das allein es dabei geht, nie geheim. Der Volksmund weiss längst, dass «der Teufel immer auf den größten Haufen scheisst». «The Secret» hat also dankenswerter Weise diese Welle ausgelöst, es aber leider unterlassen, darauf hinzuweisen, dass es über dem Resonanzgesetz noch das der Polarität gibt und dass es langfristig gefährlich ist, sich nur ans Entsprechungsdenken zu klammern. Das stellt nun eben mein Buch «Schicksalsgesetze» wieder richtig.
Warum ist für Sie das «Gesetz der Polarität» das wichtigste von allen?
Diese Erkenntnis stammt ja nicht von mir, sondern wird auch schon von Goethe und vielen spirituellen Meistern so gesehen. Vor allem erkennt man es durch Beobachtung der Wirklichkeit. Mephistos Satz «Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft» ist doch leicht nachvollziehbar. Vor allem leider auch in der Umkehrung. Wie viele Lichtarbeiter kämpfen für mehr Licht, und wie dunkel wird es im Laufe der Zeit um sie! Wenn ich mir die Positiv-Denker und Affirmationsakrobaten ansehe, dann muss mir als Psychotherapeut einfach auffallen, wie häufig sie genau den Gegenpol heraufbeschwören.
Selbst Psychiatern fällt auf, dass Besessenheitsphänomene nie bei Zuhältern und Prostituierten auftauchen, sondern viel eher bei Nonnen und allen möglichen religiösen Eiferern. Eigentlich müsste allen schon aufgefallen sein, dass praktisch alle Friedenspolitiker durch Gewalt zu Tode kamen. Ex-US-Präsident-Bush wollte den Terrorismus ausrotten und hat ihn vervielfacht.
Was den Anhängern des «Gesetzes der Anziehung» auch vorgeworfen wird, ist eine Form sozialer Blindheit. Jemand ist z.B. in materielle Not geraten, und Positivdenker bieten ihm statt Brot und Mitgefühl verbesserte Autosuggestionstechniken an – und den Hinweis, dass er sich sein Schicksal «selbst kreiert» habe. Wie stehen Sie dazu?
Das ist ja gut gemeint, kommt aber natürlich zynisch an. Erstens, weil das Positive Denken langfristig den Gegenpol heraufbeschwört und zweitens weil Hungernde immer zuerst gute Nahrung brauchen und nicht Affirmationen oder Lichtnahrung. Wer Mitgefühl durch solche Plattheiten ersetzt, ist – im Schatten – meist geizig und erbarmungslos. Dass wir uns alle unser Schicksal sehr wohl (in der Vergangenheit) selbst kreiert haben, ist zwar wahr, aber einem Hungernden gegenüber sekundär. Wenn die Not gestillt ist, kann man immer noch mit der Philosophie kommen.
Aber wie könnte man konkret vermeiden, einen Schatten zu werfen? Gar nicht erst versuchen, ein gütiger und friedfertiger Mensch zu sein? Irgendwie liegt es doch auch in der Natur von feinfühligen Menschen, das Gute zu nähren und das Schädliche zu vermeiden?
Wir können ruhig weiter versuchen, das Richtige zu tun und vor allem Liebe zu lernen. Wenn wir um den Schatten wissen, werden wir aber nicht so überrascht sein, wenn wir in den liebsten Menschen allmählich Züge entdecken, die unsere eigenen dunklen Seiten spiegeln. Gerade wenn ich das weiss, kann ich meiner Partnerin sogar dankbar sein, weil sie mir auf diese Weise eine Chance zur Therapie schenkt. Weiß ich dagegen nicht um diesen Schatten und das Spiel der Projektion, halte ich das, was sie mir da spiegelt vielleicht wirklich für ihre Eigenschaft und ruiniere damit die Beziehung.
An einer Stelle schreiben Sie sogar: «Je weniger eine Gesellschaft ausschließt, an Verrücktheiten und Schatten, desto lebendiger ist sie einerseits, desto sicherer andererseits.» Ist das wirklich so? Sollen wir alle umarmen, einschließlich der Terroristen, korrupter Banker oder anderer Menschen, die wir nicht mögen, um «lebendiger» zu werden?
Umarmen und nicht ausschließen ist ja nicht dasselbe. Warum sind denn jetzt so viele so wütend auf die Banker? In fast jedem steckt doch ein kleiner Spekulant. Wir haben einmal ein Haus gekauft, und bald darauf hat uns jemand fast das Doppelte dafür geboten. Beinahe hätte ich es ihm weiterverkauft, beziehungsweise der Spekulant in mir wollte das tun. Viele Banker haben es natürlich sehr dreist getrieben und deshalb bekommen sie jetzt die Projektionen all jener kleinen Möchtegern-Spekulanten ab, die noch nie die Chance hatten, so leicht ans grosse Geld zu kommen.
Noch ein Zitat von Ihnen: «Wer die Verantwortung für eigenes Missgeschick draußen statt drinnen sucht, wird eine Welt voller Widersacher ernten.» Ist das nicht zu pauschal ausgedrückt? Die Macht des einzelnen Bürgers wird ja von den Global Players sehr bewusst immer mehr beschnitten. Gleichzeitig sprechen staatliche Stellen von «Eigenverantwortung» mit Vorliebe dann, wenn es darum geht, Not Leidenden seine Solidarität zu verweigern.
Das ist leider beides richtig. Aber was ist die Lösung? Wir geben diesen Global Players, die mit uns übel umspringen, erst die Macht dazu. Ein Beispiel: Würden die Menschen, weil sie die Schicksalsgesetze verstanden haben, auf die dümmlichen Angst-Kampagnen von SARS über die Vogel- bis zur Schweinegrippe nicht ansprechen, könnten sich bestimmte Global Players ihre Pseudomedizin an den Hut stecken. Wer den Angstmechanismus durchschaut, erkennt sofort das System. Früher hat die Kirche die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, um sie gefügig zu machen, heute nutzen die Global Players der Pharmaindustrie diese Strategie. Wir sollten aber allmählich erkennen, dass sie dieses Spiel mit uns nur treiben können, wenn wir es nicht durchschauen. Mit den «Schicksalsgesetzen» will ich ja gerade erreichen, dass die Leser in eigener Regie anfangen, hinter die Dinge zu blicken.
Besonders interessant ist ja, dass Sie das Gesetz von Ursache und Wirkung relativieren, das ja in der Alltagspsychologie wie auch im Buddhismus eine sehr wichtige Rolle spielt. Wenn nicht nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung, aufgrund welcher Verknüpfungen können Ereignisse dann in unser Leben treten?
Hier hab ich vor allem an die Synchronizität gedacht, wie sie die Quantenphysik nahe legt. Auch wenn Ursache und Wirkung natürlich in unserer polaren Welt ihre Bedeutung behalten, wird die Quantenlogik der letzten Wirklichkeit besser gerecht, auch wenn wir sie mit unserem Alltagsverstand (noch) nicht so recht nachvollziehen können.
Viele Menschen haben auch Erfahrungen mit Synchronizität. Mütter etwa rufen ihre Kinder gerne an, wenn diese an sie denken oder ihre Hilfe brauchen. Es gibt eine Fülle solcher irrationaler Gleichzeitigkeiten, die wir uns nur im Sinne der gewohnten Kausalität hinrationalisieren. Es ist keineswegs 20 Uhr weil die Tagesschau kommt, noch kommt diese, weil es 20 Uhr ist, sondern sie kommt jeden Tag um 20 Uhr im Sinne von Synchronizität.
Sie sind auch Rückführungstherapeut, weshalb Ihnen das Konzept des Karma auch anhand vieler praktischer Fälle vertraut sein muss. Müssen wir von dem etwas simplifizierten Schema (nach einem «Täterleben» wird durch ein «Opferleben» karmischer Ausgleich geschaffen) also Abstand nehmen?
Das müssen wir sowieso. Diese Aufrechnungsstrategie, die im alttestamentarischen «Auge um Auge, Zahn um Zahn» anklingt, ist nach meinen Erfahrungen aus 30 Jahren Reinkarnations-Therapie nie ein verlässliches Abbild der Wirklichkeit gewesen. Diese Vorstellung des rächenden jüdischen Gottes Jahwe hat im Übrigen Christus mit seinen Gleichnissen längst relativiert. Und auch Buddhisten sprechen Sätze wie «Wem nur ein einmaliger Sitz sich fügt, dem verschwindet das Leid unzähliger Leben».
Faszinierend und auf den ersten Blick schwer verständlich ist auch Ihr Konzept vom zyklischen Charakter der Zeit. Was bedeutet das konkret? Können Ereignisse auch aus der Zukunft auf uns einwirken?
Das ist, wie Sie ja wissen, nicht nur «mein» Konzept, sondern das der Quantenphysik. Nach den Erkenntnissen dieser neuen Physik können Ereignisse aus der Zukunft problemlos in die Gegenwart wirken. Nur unser auf die Zeitachse programmierter Geist kommt da (noch) nicht mit. Als Psychotherapeut weiss ich, dass ich tatsächlich meine Vergangenheit reparieren kann, um in der Gegenwart frei davon zu werden. Als Reinkarnations-Therapeut weiss ich, dass man auch nach vorn, also in die Zukunft vorausblenden kann. Das würde ich nur nicht machen, denn die Seelen werden damit in der Regel überhaupt nicht fertig.
Wir können uns das an einer Analogie leicht klarmachen. Wenn wir in einem Museum im Raum 17 sind, ist es natürlich möglich, diesen zu betrachten, aber wir können im Katalog auch zurück und genauso gut voraus blättern. Dabei könnten sich allerdings sowohl an der Vergangenheit (den ersten 16 Räumen) als auch der Zukunft (den Räumen 18 bis 32) noch Dinge ändern, bis wir wirklich dorthin kommen.
Können Sie als auch wissenschaftlich ausgebildeter Mensch erklären, aufgrund welcher psychischen und/oder neuronalen Vorgänge sich die «Gesetze des Schicksals» in unserem Leben manifestieren? Mir erscheinen die Gesetze, wenn man von anekdotischen Indizien absieht, manchmal etwas schwer greifbar.
Am leichtesten ist das in Bezug auf das Resonanzgesetz, denn durch die Entdeckung der sogenannten Spiegelneuronen, haben wir einen wissenschaftlichen Beleg für unsere Fähigkeit, mit so ziemlich jedem und allem in Resonanz zu gehen. Kaum gähnt unser Gegenüber, gehen wir in Resonanz und müssen ebenfalls gähnen. Bei der Polarität ist es auch einfach, wissenschaftliche Belege zu finden, etwa in der Aussage, dass jedes subatomare Teilchen einen in allem identischen, aber umgekehrten Zwilling hat, eine schöne wissenschaftliche Beschreibung des Schattens.
Letzte Frage: «Gesetzestreue», schreiben Sie, sei eine «Frage der Intelligenz». Wer die Gesetze des Schicksals nicht kennt oder bewusst dagegen verstösst, zahlt einen hohen Preis. Aber gibt es nicht Gesetze, gegen die man sogar sollte? Wenn z.B. Geld immer dorthin fliesst, wo vorher schon viel Geld vorhanden war? Oder wenn fröhlichen Menschen immer noch mehr Sympathien zufliegen, während unglückliche Menschen immer weiter in die Isolation getrieben werden?
Verstösse gegen unmenschliche Gesetze, etwa in Diktaturen, wären sogar menschliche Pflicht. Das höchste Gesetz innerhalb unserer polaren Welt aber, eben das der Polarität, sollten wir immer beachten, auch wenn spirituelle Menschen das Ziel haben, über seinen Wirkungsbereich hinaus in die Einheit zu wachsen. Das Gesetz der Resonanz ist natürlich sehr zweischneidig, und tatsächlich ist das Phänomen, dass Geld immer zu Geld will, etwas, dem Sozialpolitiker ja entgegen arbeiten, wenn auch ziemlich erfolglos. Aus einem christlichen und menschlichen Blickwinkel wäre es natürlich naheliegend, dieses Gesetz immer wieder zu relativieren, um die Lebensbedingungen humaner zu gestalten. Wenn wir das freiwillig tun, ist das im Übrigen auch viel angenehmer als wenn das Polaritätsgesetz – oft recht erbarmungslos – für Ausgleich sorgt.
Buchtipp:
Ruediger Dahlke: Die Schicksalsgesetze: Spielregeln fürs Leben – Resonanz, Polarität, Bewusstsein. Verlag Goldmann Akana. ISBN: 3-442338-56-5
3 CDs: «Gesetz der Polarität», «Gesetz der Entsprechung», «Bewusstseinsfelder»
«Krankheit als Sprache der Seele» (Bertelsmann)
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