Eine mysteriöse Weltverbesserin

Barbara ist ein virtuelles Phänomen. Und doch hinterlässt sie im öffentlichen Raum ihre Spuren. Reklame, Graffiti und Verkehrsschilder werden von ihr kommentiert oder verändert. Mit Ironie, Kreativität und Sprachwitz geht sie gegen Hass, Fremdenfeindlichkeit und Verbote vor. Was sie erreichen will: Eine tolerante, weltoffene Gesellschaft. Wer nicht das Glück hat, direkt auf eine ihrer Botschaften zu stossen, folgt ihr bei Facebook. Dort veröffentlicht sie ihre Aktionen.
Wie aus dem Nichts tauchen ihre «Nachrichten» an ausgewählten Orten Deutschlands auf. So zierte eines ihrer Gedichte – als Antwort auf die europäischen Grenzschliessungen zur Abwehr Tausender Geflüchteter – diverse Zaunpfähle: «Norden, Süden, Westen, Osten, schöne Welt, doch voller Pfosten. Pfosten, die die Zäune halten, Zäune, die die Menschen spalten. Hoffnung bleibt, dass diese Pfosten eines Tages mal verrosten.» Ein weiteres Aktionsfeld bieten Hinweis- und Verbotsschilder, die nimmt Barbara besonders gerne ins Visier.  Aus einem «Achtung Rutschgefahr»-Schild machte sie ein mit roten Lippenstift-Küssen übersätes Kunstwerk: «Achtung Knutschgefahr». Denn statt Hass will sie Liebe unter die Menschen bringen. Dazu hängte sie mitten in eine Stadt Schilder mit der Aufschrift «Nimm Dir eine Blume. Gib sie einem Hater. Barbara». Selbstverständlich lieferte sie die nötigen Frischblumen zur kostenlosen Entnahme gleich mit. «Hass ist krass. Liebe ist krasser», auch ein Barbara-Motto. Eine ihrer Lieblingsbotschaften lautet: «Dieser Befehlston verletzt meine Gefühle. Barbara.» Damit will sie der Unkultur allgegenwärtiger Verbotsschilder entgegentreten, klebt den Spruch zum Beispiel unter «Spielen verboten. Eltern haften für ihre Kinder».
Ihre Street-Art, die sich vor allem viral den Weg bahnt, hat mittlerweile über eine halbe Million Fans gefunden. Im vergangenen Jahr wurde ihre Facebook-Seite mit dem renommierten Grimme Online Award ausgezeichnet. Barbara macht unermüdlich weiter, wechselt ihre Einsatzorte und ist bis heute nicht aus ihrer Anonymität aufgetaucht. Zwei Bücher mit ihren Aktionen sind beim Verlag Bastei Lübbe erschienen.
Nun hat diese Form sympathischer Gegenöffentlichkeit auch die Schweiz erreicht – unter pädagogischer Anleitung. Kürzlich hat sich eine Schulklasse in Bad Zurzach mit den Aktionsformen der deutschen Künstlerin im Unterricht beschäftigt. Doch nicht nur das. Die Schüler haben anschliessend gemeinsam mit ihrer Lehrerin den Flecken mit Plakaten, Statements und übermalten Verkehrsschildern à la Barbara verschönert. Und gleich noch ein Video zur Nachahmung gedreht. Vielleicht der Beginn einer schweizweiten «Barbaraisierung».
Regine Naeckel

Barbara auf Facebook: www.is.gd/YUWgxJ

Schülervideo: www.is.gd/S0M6VN
16. Mai 2017
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