Erhöhen wir das Budget für Menschenfreundlichkeit

Wer die Banker herausfordern will, muss mindestens so gut gekleidet sein wie sie. Diese Überlegung führte mich in drei gediegene Modegeschäfte auf der Suche nach einem dunkelgrauen Anzug – ohne passendes Ergebnis. Auf dem Heimweg machte ich deshalb Halt bei einem Herrenausstatter, den ich aufgrund seiner Preislage eher zu Ausverkaufszeiten besuche. Zudem liegt er an untypischer Lage, in einem 5 000-Seelen-Dorf mit hoher Dichte an Kebap-Buden.
Herr Sauser, der Inhaber, bediente mich persönlich. Und ich nannte ihm auch gleich mein Budget. Leider sass schon das allererste Teil aus bestem italienischem Tuch perfekt. «Leider» – denn die Beratung war so gut, dass man sie gerne noch ein bisschen länger genossen hätte. Es kam dann noch ein Hemd dazu, eine Fliege und, auf Empfehlung des Chefs, gutes Schuhwerk. Mir war klar, dass damit mein Budget ziemlich überschritten war. An der Kasse meinte dann Herr Sauser: «800 Franken, das war doch Ihr Budget, Herr Pfluger.» Und das stand dann auch auf dem Kassenzettel.
Ich bin ein emotionaler Mensch, der sich leicht rühren lässt. Aber in einem Kleidergeschäft ist mir dies noch nie passiert, erst recht nicht beim Bezahlen.
Weil ich glaube, dass diese kleine Geschichte in vielen anderen, persönlich geführten Häusern Nachahmer findet, sei sie hier erzählt. Menschenfreundlichkeit ist doch das, was ein gutes Geschäft, was Wirtschaft überhaupt ausmacht – Freundschaft zwischen Menschen.
17. Juni 2017
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