Plädoyer für nichts
Einst wohnten Leute in der Schweiz, die nicht so gute Bergsteiger waren, um alle Berge zu besteigen. Heute ist das viel einfacher. Nicht, dass alle Bergsteiger so viel besser geworden wären, das ist auch nicht nötig. Es reichte vollkommen aus, die unergiebig schwierigen Berge mit Leitern, Bügeln, Stahlseilen und normierten Sicherungsmitteln zu erschliessen: Jeder Schweizer soll die Möglichkeit haben, überall hin zu wandern und zu klettersteigen. Die Bergbahn freuts, die vergrösserte Berghütte floriert. Aber eigentlich ist’s egal ob es rentiert, denn für eine «Erschliessung» findet sich immer Geld aus irgend einer Kasse.
Ob die TÜV-geprüften Sicherungsmittel tatsächlich der Sicherheit dienen, wage ich zu bezweifeln: Wo früher nur ganz wenige unterwegs waren, gab es auch kaum Unfälle. Die Zahl der Wanderer verdoppelt sich schweizweit nicht so rasch wie diejenige der Hängebrücken und der Stahlseilkilometer. Jedoch findet eine Umverteilung der Wanderer statt: weg vom natürlich begehbaren Weg hin zum nur mit Hilfsmittel begehbaren Gelände. In diesem Verdrängungswettbewerb wird nur wahrgenommen, wer die längste Hängebrücke oder die allerhöchste Leiter hat. Den Stahlbauer freuts. Die Tiere und die wenigen Abenteurer, die dort bisher «Ruhe» und «Erlebnis» fanden, verziehen sich – aber wohin???
Ich bin nicht gegen jeden Klettersteig. Aber ich liebe auch Gebiete, wo weder Hütten noch Hängebrücken oder Kettenwege, aber auch keine Wildschutzgebiete und Betretungsverbote sind – nichts von all dem. Dieses Nichts ist rar geworden in den Schweizer Bergen. Deshalb wehre ich mich gegen eine flächendeckende Infrastruktur.
Ich setze mich ein für Nichts, denn Nichts ist manchmal mehr.
Kurt Winkler ist Bergführer, Bauingenieur und Vorstand von Mountain Wilderness www.mountainwilderness.ch
«Mountain Wilderness», der alternative Alpenclub, geht in der neusten Ausgabe seiner Zeitschrift «Wildernews» auf die Erschliessungswelle in den Alpen mit immer längeren und höheren Hängebrücken ein. Im Gebiet Sattel-Hochstuckli wird am 10. Juli eine 374 Meter lange Hängebrücke eröffnet, von der sich die DestinationTouristenströme und einen eintrag ins Guiness Buch der Rekorde erhofft.
Ob die TÜV-geprüften Sicherungsmittel tatsächlich der Sicherheit dienen, wage ich zu bezweifeln: Wo früher nur ganz wenige unterwegs waren, gab es auch kaum Unfälle. Die Zahl der Wanderer verdoppelt sich schweizweit nicht so rasch wie diejenige der Hängebrücken und der Stahlseilkilometer. Jedoch findet eine Umverteilung der Wanderer statt: weg vom natürlich begehbaren Weg hin zum nur mit Hilfsmittel begehbaren Gelände. In diesem Verdrängungswettbewerb wird nur wahrgenommen, wer die längste Hängebrücke oder die allerhöchste Leiter hat. Den Stahlbauer freuts. Die Tiere und die wenigen Abenteurer, die dort bisher «Ruhe» und «Erlebnis» fanden, verziehen sich – aber wohin???
Ich bin nicht gegen jeden Klettersteig. Aber ich liebe auch Gebiete, wo weder Hütten noch Hängebrücken oder Kettenwege, aber auch keine Wildschutzgebiete und Betretungsverbote sind – nichts von all dem. Dieses Nichts ist rar geworden in den Schweizer Bergen. Deshalb wehre ich mich gegen eine flächendeckende Infrastruktur.
Ich setze mich ein für Nichts, denn Nichts ist manchmal mehr.
Kurt Winkler ist Bergführer, Bauingenieur und Vorstand von Mountain Wilderness www.mountainwilderness.ch
«Mountain Wilderness», der alternative Alpenclub, geht in der neusten Ausgabe seiner Zeitschrift «Wildernews» auf die Erschliessungswelle in den Alpen mit immer längeren und höheren Hängebrücken ein. Im Gebiet Sattel-Hochstuckli wird am 10. Juli eine 374 Meter lange Hängebrücke eröffnet, von der sich die DestinationTouristenströme und einen eintrag ins Guiness Buch der Rekorde erhofft.
26. Mai 2010
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