Ein neues, ganzheitliches Bewusstsein

Kriege wüten! Viele Menschen haben Angst um ihre Zukunft. Was kann ein Text wie dieser bewirken? Er möchte positive Impulse geben, die zu einem anderen Verständnis, und damit zu einem anderen Denken und Handeln des Einzelnen führen, das letztlich das ganze System erneuert.

Das Gute ist im Menschen angelegt wie der Baum im Samenkorn. Foto: Getty Images
Das Gute ist im Menschen angelegt wie der Baum im Samenkorn. Foto: Getty Images

 Nüchtern betrachtet: Überholte Denkweisen und Paradigmen, alte Verhaltensmuster haben ausgedient, das ist offensichtlich. Durch eine einseitige Verlagerung von Macht und Kapital zugunsten weniger globaler Player sind zu grosse Ungleichheiten entstanden.

Je genauer wir uns eine neue, bessere Welt vorstellen können, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich verwirklicht. Es geht also um eine konkrete Visionsarbeit, die wir individuell und kollektiv leisten können. Das geschieht bereits an vielen Orten, viele Menschen geben wichtige Impulse für die kommende Zeit, doch sollte es eine Welle werden, eine weltumspannende Bewegung, die alle Menschen erreicht.

Ein neues, anderes Bewusstsein als das bisherige, reines, das das Wohl des Ganzen zum Ziele hat, kann sich manifestieren und etablieren. Man könnte sagen, dass gerade eine Schwingungserhöhung auf der Erde stattfindet, die das Alte aufwühlt, ja vielerorts leider auch zerstört, aber dadurch Neues möglich macht.

Für das Wohl einzelner Menschen und Gruppen, Eliten, Herrschaftshäuser, Nationen und Religionen wurde lange gekämpft und wird es heute noch. Aber diese Art von Kampf erzeugt immer auch Verlierer und hält somit das Ungleichgewicht aufrecht. Und es bringt sehr, sehr viel Leid.

Unsere zukünftige Erde aber könnte im Gleichgewicht sein, auf allen Ebenen. Nur dass es noch einmal erwähnt sei: Wir hätten als gesamte Menschheit schon jetzt die Mittel, allen Hunger in wenigen Wochen zu besiegen, und wir könnten jedem Menschen ausreichend Nahrung, ein Dach über dem Kopf, Bildung und soziale Absicherung bieten. Alle Kriege könnten sofort beendet werden und wir könnten wirklich in Frieden leben, wenn.…

Ja, wenn eine entsprechende Vision und der daraus resultierende Wille zur Umsetzung da wäre. Das aber verlangte eine grundsätzliche Wandlung unserer menschlichen Natur. Unser Egoismus müsste überwunden werden. Und damit meine ich zunächst alles Ansinnen und Tun, was andere ausnutzt und ihnen wissentlich schadet.

Das Gute ist zwar im Menschen angelegt wie der Baum im Samenkorn, doch erst durch eine Bewusstseinsentwicklung und Reife kann der Mensch wirklich gut werden. «Gut» hiesse in diesem Sinne: das Leben bejahend, alles Leben fördernd. Das verlangt ein waches, empathisches, wahrnehmendes und rundum geschultes Bewusstsein. Und es bedarf einer inneren Entscheidung, die wir irgendwann bewusst treffen müssen.

Man muss sich fragen, was ist gut und was ist böse? Gut ist das, was verbindet, was Liebe und Wärme ausstrahlt, was Menschen zusammenführt. Was ist böse oder schlecht? Alles, was trennt, spaltet, verdammt, verurteilt. (1)

Und Albert Schweizer sagte: «Das Wesen des Guten ist: Leben erhalten, Leben fördern, Leben auf seinen höchsten Wert bringen. Das Wesen des Bösen ist: Leben vernichten, Leben schädigen, Leben in seiner Entwicklung hemmen. Das Grundprinzip der Ethik ist also Ehrfurcht vor dem Leben.» (2)

Wir kennen Menschen, von denen wir sagen: «Das ist ein guter Mensch.» Meist sind sie hilfsbereit, selbstlos, gütig, nicht nachtragend, verzeihend, offenherzig, grosszügig, liebevoll, und wir können ihnen vertrauen.

Nun ist das Ganze immer die Summe aller Teile, und wir haben heute die wissenschaftliche Bestätigung, dass jedes Teilchen das Ganze beeinflusst. Das betrifft die materielle Ebene, aber genauso die geistige und ist ein schöner Beweis unserer schöpferischen Macht: Das, was ich denke, fühle und tue hat eine Wirkung auf das Ganze, formt es mit, erschafft meine und die mich umgebende Realität. Aus spiritueller Sicht ist uns dies schon lange bekannt. Diese Erkenntnis verleiht Hoffnung, denn wir sind keineswegs machtlos, sondern unser Streben und Wirken kann einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Lebens auf der Erde beitragen, egal wo wir leben und auf welchem Gebiet wir tätig sind.

So können wir uns die Frage stellen: Was kann mein Beitrag sein zum Wohle des Ganzen? Wie sehr liegt es mir am Herzen? Kann ich mein Bewusstsein weiten und mein persönliches Leben in Beziehung setzen zu allem Leben auf der Erde? Oder ist das zuviel verlangt und fühle ich mich damit überfordert?

Wir können heute dank aller extrem schnellen Informationen ein Wissen haben über die Dinge, die uns alle betreffen. (In Zeiten von FakeNews vielleicht keine eindeutige Sache.) Globale Herausforderungen werden benannt und formen unsere Lebensbedingungen ganz konkret. Ob es die Güterverteilung ist, die Rohstoffe, die Energie, Krankheiten, die Kriege oder das Klima. Die Deutung der Ursachen und Zusammenhänge sei einmal dahingestellt…

Es gibt aber auch eine ganz andere, wesentliche Ebene, auf der wir wertvolle und entscheidende Informationen für unser Leben und für einen positiven Beitrag zur Weltgemeinschaft empfangen können: die innere Weisheit, die geistigen Impulse, die wir aus unserem Inneren erhalten können, wenn wir bereit sind, auf sie zu hören. Unsere Intuition ist die Empfangsstation dafür.

Dies deutet auf einen spirituellen, geistigen Weg hin: ein Innehalten, ein Lauschen auf die sich in uns regende Weisheit des Lebens. Eine übermentale, transpersonale Geistesebene weist uns den Weg. So wie Pilze über grosse Entfernungen miteinander verbunden sind, oder Bäume auf geheimnisvolle Weise von einem Ende des Waldes zum anderen ihr Wissen teilen, so sind auch wir Menschen in einem kollektiven Energiefeld mit allen anderen verbunden und darüber hinaus mit der Natur und dem ganzen Kosmos. Das mag für manche Ohren eigenartig klingen, fast zu phantastisch, aber es entspricht dem, was uns die Weisen aller Zeiten übermitteln: Das Leben ist ein Ganzes, und wir sind mittendrin, ein untrennbarer Teil dieses Ganzen. Jeder von uns ist verbunden mit Allem und mit der Quelle allen Lebens, der erhabenen, uns innewohnenden höchsten Intelligenz.

Gelangen wir zu solch einer Schau, zu einem derartigen Verständnis, so wird sich unser Denken, Fühlen und Handeln ganz anders und neu ausrichten, dem Ganzen aus sich heraus wohlwollend dienend. Denn wenn ich anderen Schaden zufüge, so betrifft es ja auch mich als Teil desselben Ganzen, und wenn ich zum Beispiel schwere Umweltsünden begehe, dann wirken auch diese indirekt zurück auf mich und meine Kinder.

Im Wege steht wie gesagt nur das Ego, das seinen Vorteil sucht, und dem es egal ist, was für eine Wirkung sein Verhalten im Ganzen erzeugt. Auf einer persönlichen Ebene kommt uns dies bekannt vor. Auf einer anderen Ebene sind Sätze wie «America first» Ausdruck eines alten, national-egoistischen Denkens. Alle grausamen Kriege, die sehr berechnend zum Erhalt eines machtbesessenen kollektiven Staats-Egos geführt werden, um die Weltvorherrschaft weiter zu zementieren, sind Ausdruck dieser infantilen, üblen Mentalität.

Gleiches gilt für das Prinzip des «Teile und herrsche» oder des «Create a problem and sell the solution.» (Erzeuge ein Problem und verkaufe die Lösung.) Diese Denkweise entstammt einem Ego-Bewusstsein, das auf Kosten anderer gewinnen will. So wird kollektives Karma erzeugt, das seine Wirkung unweigerlich manifestieren wird. Wir ernten, was wir säen. Oder, wie der zyprische Weisheitslehrer Daskalos sagte: «Alles, was wir aussenden, kehrt siebenfach zu uns zurück.»

Jeder weiss, wie behutsam man mit Kräften umgehen sollte, damit Lebendiges gut wächst und gedeiht. Es braucht unsere Pflege und Zuwendung. Am besten gedeiht alles, wenn es liebevoll behandelt wird. Die Ernte sind leuchtende Augen, fröhliche Gesichter, funktionierende Gemeinschaften, gesundes Wachstum, eine intakte Natur. «Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu», heisst im Umkehrschluss: «Das, was du dir für alle und für die Welt wünschst, erschaffe es, tu es, lebe es.»

Durch inneres Streben, den Kontakt zur Weisheitsquelle in uns suchend, gelangen wir auf einen guten, lebensfördernden Pfad. Unser Herz ist eine Empfangsstation für kosmisches Wissen. «Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.»

(Der kleine Prinz, von Antoine de Saint-Exupéry) 

Fühlend, spürend können wir das jeweils nötige Wissen erlangen, um den nächsten Schritt auf richtige und harmonische Weise zu gehen.

Mit etwas Übung wird die Stille unser täglicher Freund: ein Ort der Einkehr, der Meditation, des Innehaltens, Lauschens, Erfühlens und einer inneren Harmonisierung, um in Resonanz zu gelangen mit der kosmischen Ordnung, ihrer Weisheit und Liebe. Über die bewusste Anbindung an die höheren geistigen Kräfte haben wir so wunderbare Möglichkeiten der körperlichen und geistigen Erneuerung und Weiterentwicklung. Alles ist vorbereitet und in uns angelegt, es liegt nur an uns, es zu entdecken und erhobenen Hauptes weiterzugehen.

Eine tiefe Achtung vor dem Leben und der höchsten Intelligenz, die alles Leben so wunderbar hervorgebracht hat, kann aus solcher Einsicht erwachsen. Sie führt unweigerlich zu einem wesentlichen Wandel und gelingenden, tätigen Beitrag zum Wohle des Ganzen. Ein neues, ganzheitliches Bewusstsein entsteht.

Ich möchte mit einigen Zitaten schliessen:

Es gibt eine Macht in mir, die allgegenwärtig, allwissend und allvermögend ist. Sie weiss, was meinem Wohle dient und wie es bewirkt wird. Göttlichen Ursprungs, wirkt sie in meinem Wesen, in meinem Körper und darüber hinaus in meiner Umgebung ordnend und harmonisierend, führend, helfend und heilend in dem Masse, wie ich mich für ihre Weisung offen und empfänglich halte.
K.O.Schmidt (3)

Wie werden wir in dem Chaos der kommenden Jahre leben, wenn die Strukturen, die unsere gegenwärtige Konsumgesellschaft stützen, anfangen zu zerfallen? Chaos selbst ist eine Lebenskraft, eine Zeit kreativer Regeneration. Es ist ein Abstieg in die Dunkelheit des Nichtwissens. Nur aus dieser uranfänglichen Formlosigkeit heraus kann es wirklichen Wandel geben, eine Erneuerung, die nicht durch die vergangenen Strukturen und Ideologien bedingt ist. Chaos ist bildlicher Ausdruck der Schönheit des Unvorhersagbaren. Aus diesem Grund ist es so wichtig, zu diesem Zeitpunkt nicht zu versuchen, die Zukunft festlegen zu wollen. Wir müssen dem Chaos gestatten, unsere Welt zu transformieren, seine eigene Qualität des Wunders in unsere Leben zu bringen, wie in Nietzsches Ausspruch: ‚Du musst das Chaos in dir haben, um einen tanzenden Stern zu gebären.’
Llewellyn Vaughan-Lee 2021 (4)

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und trotzdem zu hoffen, dass sich etwas ändert.
Albert Einstein (5)

Und plötzlich weisst du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
Meister Eckhart (6)

Im Bewusstsein der Menschen ist in aller Stille eine geheime Alchemie am Werk, wie im Winter, wo sich die Explosion des Lebens im Frühling vorbereitet. Auch während des grossen Schlafs der Natur hat man den Eindruck, dass nichts geschieht. Alles scheint statisch, unbewegt, während sich in Wirklichkeit in der Tiefe der Erde ein Keimprozess vollzieht, der am Ende einen Blütenreigen mit sich bringt.
Pierre Rabhi (7)

Es kommt für jeden der Augenblick der Wahl und der Entscheidung: Ob er sein eigenes Leben führen will, ein höchst persönliches Leben in tiefster Fülle, oder ob er sich zu jenem falschen, seichten, erniedrigenden Dasein entschliessen soll, das die Heuchelei der Welt von ihm begehrt.
Oscar Wilde (8)

Willst du, dass dein freier Wille und dein Wunsch nach Frieden und Freiheit anerkannt werden, dann mach dich sichtbar, werde hörbar und tritt in Aktion. Dieses Signal muss laut kosmischem Gesetz von allen himmlischen und irdischen Mächten respektiert werden.
Willst du Freiheit, dann sei es.
Willst du Frieden, dann verwirkliche ihn.
Willst du Selbstbestimmung, dann lebe selbstbestimmt.
St. Germain (übermittelt durch Jahn Kassel) (9)

Ich denke, jeder hat seine persönlichen Fähigkeiten und Talente und wird immer den Versuch machen, diese zu entdecken und zu entfalten. Was einer hervorbringt, ist allen anderen ein Zeichen für die in ihm wohnende Kraft – sie ist nicht sein Verdienst, sondern ein ihm gegebenes Geschenk, das er behüten, aus dem er etwas machen soll, damit die anderen daran teilnehmen können. Was meine Mitmenschen erfinden, lässt mich ahnen, welch wunderbare Kraft in allem wirkt und wie sehr wir diese Kraft noch daran hindern, sich in allen sichtbar zu entfalten als der eine schöpferische Geist der Erde. Ich weiss, dass die Menschheit phantastisch begabt, dass ihre Bestimmung schöpferisches Leben ist – und die Liebe zum Anderen mit seinen persönlichen Eigenheiten und Erfindungen.
Karlheinz Stockhausen (10)

 

 

Stockhausen

Quellenangabe der Zitate:

(1) Transition News, 6.3.2022

(2) Albert Schweitzer in «Das Christentum und die Weltreligionen», S. 86 f.

(3) zu finden in: Der immanente Gott. Fundamente der Befreiung, von von Dieter Duhm, Verlag Meiga

(4) https://stethelburgas.org/a-handbook-for-survivalists-chaos/

(5) z.B. hier zu finden

(6) dieses Zitat könnte auch von einer anonymen Quelle stammen. Im Internet wird es zwar Meister Eckhart zugeschrieben, aber in den Quellen seiner Schriften ist es nicht zu finden. Der Sinn spricht in jedem Falle für sich.

(7) Pierre Rabhi aus «Wer sich verändert, verändert die Welt», Kösel-Verlag

(8) z.B. hier zu finden 

(9) St. Germain: Die Flamme für Frieden und Freiheit

(10) Karlheinz Stockhausen: «Anstelle eines Vorworts» aus Band 1 der «Texte zur Musik»


Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Kulturkreis Pankow e.V. Berlin, (www.kulturkreis-pankow.deder diesen Artikel in einer Anthologie zum Thema «Damit der Mensch ein Mensch ist - Ausblick und Perspektiven» im Februar 2025 in Buchform veröffentlicht.