Die seltsame Lust am Leid
Ob «Titanic», «La Bohème» oder Shakespeares «Hamlet»: Endet eine Handlung tragisch, kann sie sich der Liebe ihres Publikums sicher sein
Das Holocaust-Drama «Schindlers Liste» zog die Menschen scharenweise ins Kino. Sogar für Folterszenen und die Taten von Serienkillern gibt es eine wachsende Fangemeinde. Das Genre des Thrillers basiert nur darauf, dass es die eigentlich sehr unbeliebte Emotion Angst hervorruft. Woher rührt diese fast perverse Anziehungskraft des Dunklen? Im Grunde wäre es logischer, zu reagieren wie mein Stiefsohn: «Ich schaue nur Komödien an. Warum soll ich meine Zeit mit einem Film verschwenden, bei dem ich mich schlecht fühle?» Marco Dohle geht der Frage nun in einem Buch nach: «Unterhaltung durch traurige Filme». Er kam dabei dem Phänomen «Metaemotionen» auf die Spur, unseren Gefühlen gegenüber Gefühlen. Wir können z.B. die Trauer einer Filmfigur auf der Metaebene positiv bewerten: weil wir ihre Tapferkeit bewundern oder uns freuen, dass es uns im warmen Wohnzimmer besser geht. Mit Ergebnissen aus der Emotionspsychologie und Rezeptionsforschung versucht der Autor, die Lust am Leid wissenschaftlich zu erfassen. So wird klar, warum wir in der Fantasie oft lieben, was wir im wirklichen Leben hassen würden.
Marco Dohle: Unterhaltung durch traurige Filme. Halem Verlag 2011, 408 S., Euro 32
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