Konkordanzen und andere Herzensfragen
Der Zeitpunkt ist da, einen Begriff zu klären, der in letzter Zeit von vielen Politikern inflationär verwendet wurde: die Konkordanz. Das Wort hat, wenn man die Diskussion verfolgt, offensichtlich die verschiedensten Bedeutungen. So gibt es die arithmetische Konkordanz, die inhaltliche Konkordanz und eine ganze Reihe weiterer Konkordanzen.
Der Griff zum etymologischen Wörterbuch macht schon einmal klar: Das Wort stammt von lat. concordare, auf deutsch so viel wie «in Einklang stehen». concordare seinerseits ist zusammengesetzt aus con (mit) und cor (Herz). In der Konkordanz verbinden sich also die Herzen – etwas viel verlangt für Politiker mit Parteiintereressen. Nachdem das Herz das Organ des Mutes ist («sich ein Herz fassen»), darf man Konkordanz in guten Treuen mit «Einmütigkeit» übersetzen. Konkordanz hat also nichts mit Arithmetik zu tun, sondern mit dem Willen unterschiedlicher Menschen, im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt gemeinsame Sache zu machen. Bei der Entwicklung dieser gemeinsamen Sache wollen die gewichtigeren Kräfte natürlich stärker berücksichtigt werden (jetzt kommt die Arithmetik doch noch zum Zug), aber entscheidend ist der Wille zur Überwindung gegensätzlicher Interessen. Das also ist Konkordanz.
Die Erkenntnis ergreift mich immer wieder von neuem, dass die Konkordanz die zentrale Kraft des Sonderfalls Schweiz ist und als solche nicht einmal in der Verfassung erwähnt wird. Sie bewirkt das Wunder einer Demokratie, die sich vom einfachen Mehrheitswillen zur (relativen) Einmütigkeit erweitert. Diese ist – unter Berücksichtigung der chronischen Nein-Sager und ewig Unzufriedenen – in etwa erreicht, wenn zwei Drittel der Stimmbürger eine Lösung unterstützen. Bei Mehrheiten von 51 Prozent haben wir nicht Einmütigkeit, sondern Zwiespalt. Diese für eine Demokratie einmalig hohe Zustimmung und Stabilität kann kein formulierter Entscheidungsprozess erreichen, sondern nur Konkordanz.
Und jetzt kommen wir doch noch zu den Bundesratswahlen. In ein der Konkordanz verpflichtetes Gremium sind nur Politikerinnen und Politiker wählbar, die willens und fähig sind, mit ihren Gegnern im Interesse des Gemeinwohls zu kooperieren. Der abgewählte Justizminister war vielleicht willens, aber nicht fähig dazu. Sein Sendungsbewusstsein für die bessere Schweiz war zu gross, um die Sicht Andersdenkender zu respektieren. Und sein Machtstreben trieb ihn dazu, aus allen, die nicht für ihn waren, persönliche Gegner zu machen. Er hat geradezu von seinen Gegnern gelebt, die so unklug waren, diese Rolle anzunehmen. So verkam die Konkordanz in seinen vier Regierungsjahren zur arithmetischen Konkordanz, ein Begriff so hohl wie «numerische Einmütigkeit».
Jetzt hat die Schweiz Gelegenheit, die Probleme, die der Mann mit dem scharfen Auge und dem ungehobelten Mundwerk benannt hat, auf konkordante Art zu lösen. Es werden nicht die besten Lösungen sein, aber solche, die von echten Mehrheiten getragen werden. Und weil es nicht die besten Lösungen sein werden, können sich die politischen Lager mit einem gewissen Recht an den Karren fahren, sich zu Gegnern machen und einander blockieren. Damit dies nicht geschieht, brauchen wir im Bundesrat Politiker mit dem Willen und der Fähigkeit zur Konkordanz.
Ein Staatswesen ist kein Unternehmen mit einem klar definierten und messbaren Zweck – dem Profit. Der Staat ist ein Organismus zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, und das ist für jeden etwas anderes. In der Regierung brauchen wir deshalb nicht primär erfolgreiche Unternehmer, sondern Menschen, die aus den verschiedenen Meinungen und Absichten eine Politik machen können, nicht durch Diktat, Propaganda oder Mauschelei, sondern in fairen und offenen Verhandlungen.
Der Griff zum etymologischen Wörterbuch macht schon einmal klar: Das Wort stammt von lat. concordare, auf deutsch so viel wie «in Einklang stehen». concordare seinerseits ist zusammengesetzt aus con (mit) und cor (Herz). In der Konkordanz verbinden sich also die Herzen – etwas viel verlangt für Politiker mit Parteiintereressen. Nachdem das Herz das Organ des Mutes ist («sich ein Herz fassen»), darf man Konkordanz in guten Treuen mit «Einmütigkeit» übersetzen. Konkordanz hat also nichts mit Arithmetik zu tun, sondern mit dem Willen unterschiedlicher Menschen, im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt gemeinsame Sache zu machen. Bei der Entwicklung dieser gemeinsamen Sache wollen die gewichtigeren Kräfte natürlich stärker berücksichtigt werden (jetzt kommt die Arithmetik doch noch zum Zug), aber entscheidend ist der Wille zur Überwindung gegensätzlicher Interessen. Das also ist Konkordanz.
Die Erkenntnis ergreift mich immer wieder von neuem, dass die Konkordanz die zentrale Kraft des Sonderfalls Schweiz ist und als solche nicht einmal in der Verfassung erwähnt wird. Sie bewirkt das Wunder einer Demokratie, die sich vom einfachen Mehrheitswillen zur (relativen) Einmütigkeit erweitert. Diese ist – unter Berücksichtigung der chronischen Nein-Sager und ewig Unzufriedenen – in etwa erreicht, wenn zwei Drittel der Stimmbürger eine Lösung unterstützen. Bei Mehrheiten von 51 Prozent haben wir nicht Einmütigkeit, sondern Zwiespalt. Diese für eine Demokratie einmalig hohe Zustimmung und Stabilität kann kein formulierter Entscheidungsprozess erreichen, sondern nur Konkordanz.
Und jetzt kommen wir doch noch zu den Bundesratswahlen. In ein der Konkordanz verpflichtetes Gremium sind nur Politikerinnen und Politiker wählbar, die willens und fähig sind, mit ihren Gegnern im Interesse des Gemeinwohls zu kooperieren. Der abgewählte Justizminister war vielleicht willens, aber nicht fähig dazu. Sein Sendungsbewusstsein für die bessere Schweiz war zu gross, um die Sicht Andersdenkender zu respektieren. Und sein Machtstreben trieb ihn dazu, aus allen, die nicht für ihn waren, persönliche Gegner zu machen. Er hat geradezu von seinen Gegnern gelebt, die so unklug waren, diese Rolle anzunehmen. So verkam die Konkordanz in seinen vier Regierungsjahren zur arithmetischen Konkordanz, ein Begriff so hohl wie «numerische Einmütigkeit».
Jetzt hat die Schweiz Gelegenheit, die Probleme, die der Mann mit dem scharfen Auge und dem ungehobelten Mundwerk benannt hat, auf konkordante Art zu lösen. Es werden nicht die besten Lösungen sein, aber solche, die von echten Mehrheiten getragen werden. Und weil es nicht die besten Lösungen sein werden, können sich die politischen Lager mit einem gewissen Recht an den Karren fahren, sich zu Gegnern machen und einander blockieren. Damit dies nicht geschieht, brauchen wir im Bundesrat Politiker mit dem Willen und der Fähigkeit zur Konkordanz.
Ein Staatswesen ist kein Unternehmen mit einem klar definierten und messbaren Zweck – dem Profit. Der Staat ist ein Organismus zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, und das ist für jeden etwas anderes. In der Regierung brauchen wir deshalb nicht primär erfolgreiche Unternehmer, sondern Menschen, die aus den verschiedenen Meinungen und Absichten eine Politik machen können, nicht durch Diktat, Propaganda oder Mauschelei, sondern in fairen und offenen Verhandlungen.
14. Dezember 2007
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