Dmitri Trenin: «Der Krieg wird lang: Putin sieht Minsker Abkommen heute als Fehler»

Das bedeute, «dass Russland im Ukraine-Krieg bis zum Ende gehen muss – denn ist die Ukraine schon für die USA eine Frage des Prinzips, so ist sie für Russland eine Frage seiner Existenz.
Veröffentlicht: 30. Nov 2022 - Zuletzt Aktualisiert: 30. Nov 2022

Dmitri Trenin ist Mitglied des Rates für Aussen- und Verteidigungspolitik Russlands und des Russischen Rates für Internationale Beziehungen sowie Professor an der Moskauer Higher School of Economics und leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen. Außerdem war er Direktor des Carnegie-Instituts in Moskau. Seine Analyse erschein auf RT DE. Wir bringen Auszüge.

«Das Eingeständnis von Fehlern ist bei amtierenden Staatsoberhäuptern selten. Es ist ein umso wichtigeres Indiz für die Lehren, die sie daraus gezogen haben. Putin zog aus dieser Erfahrung offenbar den Schluss, dass nicht die Entscheidung, die militärische Spezialoperation im Februar letzten Jahres einzuleiten, falsch war – sondern dass Moskau acht Jahre zuvor Kiew, Berlin und Paris kein Vertrauen hätte schenken dürfen und sich stattdessen auf seine eigene militärische Macht hätte verlassen sollen, um die russischsprachigen Gebiete der Ukraine zu befreien.

Mit anderen Worten: Jetzt einem Waffenstillstand im Stil von Minsk I oder Minsk II zuzustimmen, wäre eine Wiederholung desselben Fehlers. Denn es würde Kiew und seinen Puppenspielern ermöglichen, sich besser darauf vorzubereiten, die Kämpfe zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt wiederaufzunehmen».

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«Der russische Staatschef ist sich natürlich bewusst, dass viele nicht-westliche Länder, die sich der antirussischen Sanktionskoalition nicht angeschlossen haben und sich zur Neutralität gegenüber der Ukraine bekennen, ein Ende der Feindseligkeiten fordern. Von China und Indien bis hin zu Indonesien und Mexiko sehen diese Länder, die Russland im Allgemeinen freundlich gesinnt sind, ihre wirtschaftlichen Aussichten durch einen Konflikt Russlands gegen den geeinten Westen beeinträchtigt. Auch verbreiten die westlichen Medien die Botschaft, dass die weltweite Energie- und Lebensmittelsicherheit angeblich unter dem Vorgehen Moskaus leide. Russlands Argumente und gegenteilige Beteuerungen zeigen nur begrenzte Wirkung, da russische Stimmen in den nahöstlichen, asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Medienlandschaften nur von Wenigen gehört verhallen.

Wie dem auch sei: Moskau kann die Gefühle des größeren Teils der Menschheit, der in russischen Fachkreisen zunehmend als die globale Mehrheit bezeichnet wird, nicht ignorieren. Daher auch die offiziellen russischen Erklärungen, dass Moskau für einen Dialog ohne Vorbedingungen offen ist

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