Ukrainer sind für den Krieg - sagen westlich finanzierte Umfragen

Demnach 90 Prozent gegen Gebietsverluste, 79 bestehen auf NATO-Beitritt. Osten nicht befragt, schreibt Rainer Lauterbach
Veröffentlicht: 24. Aug 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 24. Aug 2023

Angeblich tritt eine breite Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung für eine Fortsetzung des Krieges bis zum Sieg ein. Nach den Daten einer aktuellen Umfrage des Kiewer Rasumkow-Instituts sowie der von der niederländischen Regierung finanzierten Stiftung Demokratische Initiativen sprechen sich 90 Prozent dagegen aus, ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzung durch Gebietsabtretungen zu erkaufen. Knapp 80 Prozent bestehen darauf, dass die Ukraine der NATO beitrtt.

Allerdings weist die Ablehnung von Zugeständnissen das bekannte regionale Gefälle auf: Während 88 Prozent im weit von der Front entfernten und tendenziell weniger betroffenen Westen dagegen sind, liegt dieser Wert im frontnahen Osten nur bei 53 Prozent. In den Gebieten Donezk und Lugansk – soweit sie noch unter ukrainischer Kontrolle stehen – wurde die Befragung erst gar nicht durchgeführt.

Die Erhebungen sollten, erkennbar aus Anlass des ukrainischen Unabhängigkeitstages am Donnerstag, abfragen, in welchem Maße die ukrainische Bevölkerung den kompromisslosen Kurs der Kiewer Führung mitträgt. Bei der Einschätzung wäre auch zu bedenken, dass man sich in der Ukraine strafrechtlichen Sanktionen und sozialem Druck aussetzt, wenn man öffentlich Zweifel an der Regierungslinie äußert. Daher überrascht, dass bei der Frage, ob die Unabhängigkeitserklärung 1991 richtig gewesen sei, zehn Prozent weniger mit »Ja« antworteten als beim Referendum im Dezember 1991: 82 Prozent und nicht 91. Die routinemäßige Frage, ob »die Dinge in der Ukraine in die richtige Richtung laufen«, beantworteten 49 Prozent negativ.

Trotz der erwähnten Daten kann sich die Kiewer Führung vermutlich des Rückhalts für ihren Kriegskurs nicht übermäßig sicher sein. Vor dem Hintergrund einer aktuell geführten Debatte darüber, ob man die ukrainische Gesellschaft von Regierungsseite auf einen »langen und anstrengenden« Krieg vorbereiten müsse, fällt auf, dass noch bei einer anderen Umfrage im Juni rund ein Drittel der Befragten geantwortet haben, sie könnten kriegsbedingte Entbehrungen nur noch »für einige Monate« oder »gar nicht mehr« hinnehmen.