Chile: Am 50. Jahrestag des Putsches sind die Zusammenhänge noch nicht aufgearbeitet

Wahrheitskommission auf Weg gebracht, schreibt Volker Hermsdorf
Veröffentlicht: 11. Sep 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 11. Sep 2023

Heute jährt sich der mit CIA-Hilfe organisierte Militärputsch gegen die Regierung der Volkseinheit (spanisch: Unidad Popular) von Salvador Allende in Chile zum 50. Mal. Zur zentralen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Staatsstreichs vom 11. September 1973 und der darauffolgenden faschistischen Diktatur hat Chiles Präsident Gabriel Boric an diesem Tag amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs aus Lateinamerika und Europa in den Präsidentenpalast »La Moneda« geladen. Der Sozialdemokrat bittet Gäste und Landsleute um ein Bekenntnis zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten. Doch Teile der chilenischen Rechten verweigern sich der Erklärung.

Fünf Tage vor der Gedenkfeier war es Boric gelungen, die noch lebenden ehemaligen Präsidenten Eduardo Frei Ruiz-Tagle, Ricardo Lagos, Michelle Bachelet und Sebastián Piñera dazu zu bringen, das Dokument »Für die Demokratie, heute und immer« zu unterzeichnen.

»Wir wollen uns über unsere Differenzen hinweg gemeinsam für die Wahrung und Verteidigung der Demokratie einsetzen«, heißt es in einer dazu veröffentlichen Mitteilung. Obwohl die Minimalerklärung weder eine Verurteilung des Putsches noch Hinweise auf die Rolle der USA enthält, sorgte Piñeras Unterschrift in seiner Partei Chile Vamos, die eine eigene Erklärung ankündigte, für Unmut. Die Abgeordnete Camila Flores von der rechten Partei Renovación Nacional warf Piñera sogar vor, er ignoriere, »dass die große Mehrheit der Chilenen« den Putsch feiere. Unter dem Vorsitz des bekennenden Pinochet-Bewunderers José Antonio Kast dominiert Chiles Rechte ein Gremium, das einen Alternativentwurf zu der während der Diktatur verabschiedeten Verfassung erarbeiten soll.

Damit müsse man an diesem Jahrestag tragischerweise feststellen, dass den Pinochet-Anhängern »wieder einmal ein Schlag gegen das Volk gelungen ist«, schrieb die spanische Journalistin Carmen Parejo Rendón in einem Beitrag für RT. Das sei nichts Neues. »Nach dem Ende der Diktatur gab es keine wesentlichen Veränderungen.«

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