Patrick Kaczmarczyk: Mainstreamökonomik in der Kritik

Ob Krisen, Armut oder die zunehmende Verrohung und Spaltung der Gesellschaft, von der nach aktuellen Umfragen vor allem die AfD zu profitieren scheint: Die beängstigende Entwicklung der letzten Jahre ist das Ergebnis einer Politik, die im rücksichtlosen Gegeneinander von Menschen, Unternehmen und Staaten den Motor des wirtschaftlichen Fortschritts sah.
Veröffentlicht: 18. Sep 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 18. Sep 2023

Das sagt der Entwicklungsökonom Patrick Kaczmarczyk in seinem neuen Buch „Raus aus dem Ego-Kapitalismus“, aus dem die NachDenkSeiten einen Auszug zitieren. Für ihn steht fest: Ohne eine Abkehr vom Ego-Kapitalismus sind die gegenwärtigen Krisen bloß ein Vorgeschmack auf all das, was uns in Zukunft noch droht.

«Im Hinblick auf die Individualisierung von wirtschaftlichem Erfolg und Misserfolg sehen wir am Beispiel der Arbeitslosigkeit, dass sich die Theorie des ökonomischen Mainstreams gut als Grundlage für das personifizierte »Blame-Game« eignet. Der britische Politökonom Robert Skidelsky sieht in der Verschiebung der Analyse von der strukturellen auf die individuelle Ebene einen zentralen Schwachpunkt des ökonomischen Mainstreams – und er liegt mit dieser Einschätzung völlig richtig. Wenn die Wirtschaft nur aus Individuen besteht, deren Handlungen verschwindend geringe Auswirkungen auf andere haben und allein von persönlichen Präferenzen motiviert werden, kann man bequem alles auf die »Eigenverantwortung« herunterbrechen, weil es keine verzerrenden Machtdynamiken oder Interdependenzen zwischen den Agenten gibt. Dieselbe Logik greift für alle anderen Bereiche der nationalen und internationalen Wirtschaft, ganz gleich, ob es sich um Unternehmen oder Länder handelt. Wenn allerdings auf gesamtwirtschaftlicher Ebene andere Gesetzmäßigkeiten gelten als auf der Mikroebene, die dadurch bedingt werden, dass wir in unseren Handlungen voneinander abhängig sind, dann ist eine Politik, die auf den Prämissen des Ego-Kapitalismus aufbaut, zum Scheitern verurteilt».

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