Mehr Unterstützung für Assange

Olaf Scholz: «Die drohende Gefängnisstrafe von bis zu 175 Jahren ist wie ein Tod auf Raten.»
Veröffentlicht: 12. Mar 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 12. Mar 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich für den australischen Journalisten und Verleger Julian Assange aus und verlangte, «die britischen Gerichte sollten ihm den notwendigen Schutz gewähren». Das war während des Besuchs einer Schule in Sindelfingen, auf die Frage eines Schülers.

Ende Februar hatte Assanges Verteidigungsteam vor dem High Court in London Berufung gegen den Auslieferungsantrag der USA im Januar 2021. Bereits Ende 2020 war Richterin Baraitser zu dem Schluss gekommen, dass «die Haftbedingungen, unter denen Herr Assange wahrscheinlich festgehalten werden würde» und «der psychische Zustand von Herrn Assange so [sind], dass es bedrückend wäre, ihn an die Vereinigten Staaten von Amerika auszuliefern.»

Wenn dieser Antrag Assanges abgelehnt wird und wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht eingreifen kann, dann ist der britische Innenminister dafür verantwortlich, die Auslieferung von Assange zu genehmigen. Sollte er in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt und verurteilt werden, droht ihm möglicherweise eine lebenslange Haftstrafe oder sogar die Todesstrafe.

Der deutsche Bundeskanzler hatte gesagt: «Die Vertreter der Vereinigten Staaten konnten den britischen Richtern bei der letzten Verhandlung nicht zusichern, dass sich die mögliche Bestrafung in einem aus der Sicht Grossbritanniens vertretbaren Rahmen bewegt.» Gleichzeitig wird die Unterstützung für den Wikileaks-Gründer auf internationaler Ebene deutlicher. Während einer Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg gaben ein Dutzend Abgeordnete Erklärungen zur Auslieferung und Verfolgung Assanges ab. Die Debatte war auf Initiative der Piratenpartei auf die Tagesordnung gekommen.

Europaabgeordneter Patrick Breyer sowie 45 weitere Abgeordnete verschiedener Fraktionen appellierten an den britischen Innenminister, «den Schutz und die Sicherheit von Julian Assange zu gewährleisten, ihn aus dem Gefängnis zu entlassen und seine Auslieferung zu verhindern». 

Auch haben 75 Abgeordnete des Deutschen Bundestages «die unverzügliche Freilassung von Julian Assange» gefordert.

Der Europarat führte in seiner jüngsten jährlichen Bewertung der Pressefreiheit Assange als einen der «inhaftierten Journalisten und anderen Medienschaffenden» in Europa auf. EU-Kommissar Breton, früherer französischer Finanzminister, betonte bei jener Debatte im Europäischen Parlament den Wert der freien Meinungsäußerung. Auch er selbst war einmal Gegenstand von Wikileaks-Enthüllungen gewesen: Im Sommer 2005 zitierten offengelegte US-Depeschen den Finanzminister Breton häufig, etwa mit den Worten: «Ich privatisiere alles, was ich privatisieren kann.»

Noam Chomsky«Julian Assanges Handlungen, die als kriminell eingestuft wurden, sind Handlungen, die die Macht ans Licht bringen, sind Aktionen, die die Macht dem Sonnenlicht aussetzen – Aktionen, die dazu führen können, dass die Bevölkerung die Gelegenheit ergreift, unabhängige Bürger einer freien Gesellschaft zu werden anstatt Untertanen eines Herrschers, der im Verborgenen agiert … Seine Handlungen wiederum haben dazu geführt, dass er auf grausame und unerträgliche Weise verfolgt wird.»

Martin Sonneborn (Die Partei) sagte: «Wenn dieselbe EU, die elaborierte Langzeitstudien zu Plastikdeckeln an Milchtüten zustande bringt, ausgerechnet zu Assange seit 13 Jahren nicht das Geringste zu sagen hat, dann könnte sie deutlicher nicht zeigen, für welche Gesellschaft und für welche Werte sie in Wahrheit steht. Vergessen Sie nie: Ihre Freiheit ist nicht am Hindukusch verteidigt worden. In Wahrheit geht sie gerade in einer Zelle eines britischen Hochsicherheitsgefängnisses zugrunde, auf einer Fläche von sechs Quadratmetern.»