Für ein freies und demokratisches Europa?

Neue Strategische Agenda der EU bezeichnet Regierungskritik als Destabilisierungsversuch 
Veröffentlicht: 10. Jul 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 10. Jul 2024

Am 27. Juni hat der Rat der EU die Strategic Agenda 2024 -2029 verabschiedet. In der deutschen Pressemitteilung dazu heisst es: 

Angesichts einer neuen geopolitischen Realität wird die strategische Agenda dazu beitragen, Europa souveräner und besser für künftige Herausforderungen zu rüsten. Sie beruht auf drei Säulen:
– ein freies und demokratisches Europa,
– ein starkes und sicheres Europa,
– ein wohlhabendes und wettbewerbsfähiges Europa.

Desinformation wird in diesem Papier folgendermassen umschrieben: «Destabilisierungsversuche, auch durch Desinformation und Hassreden», denen man entgegentreten werde.

Norbert Häring dazu auf seinem Blog «Geld und mehr»: «Regierungskritik ist also nicht einfach nur Regierungskritik, es ist ein Destabilisierungsversuch, der regierungsseitig und von der ganzen Gesellschaft (all of society) zu bekämpfen ist.» 

Im Abschnitt «starkes und sicheres Europa», der sich mit den militärisch-geopolitischen Zielen und Massnahmen befasst, werden «schädliche Meinungen und Informationen» folgendermassen eingeordnet: «Wir werden Versuche bekämpfen, Spaltung, Radikalisierung, Terrorismus und gewalttätigen Extremismus zu säen.» Bei den  Regierungschefs läuft dieses Vorgehen unter «Stärkung der gesellschaftlichen Widerstandsfähigkeit». Häring stellt beim «Kampf gegen Desinformation» eine Verbindung zu Militär und Geheimdienst her. Im Kern gehe es um die Bemühungen der Nato die psychologische Kriegstüchtigkeit zu erhalten. Jedenfalls harmonierten die dafür angewandten gesetzlichen und sonstigen Massnahmen gut mit Empfehlungen aus Nato-Strategiepapieren. Unterdessen wird in den USA der Widerstand der Opfer und der Opposition gegen die Partnerschaft der Regierung mit privaten Organisationen, zum Beispiel NewsGuard, zur Unterdrückung regierungskritischer Meinungen und Informationen immer stärker. 

Auch an der Schweiz gehen die Zensurbestrebungen nicht spurlos vorüber. Am Morgen des 3. Juli 2024 war die Website der meistgelesenen Zeitung der Schweiz, «20 Minuten», stundenlang für Angestellte der öffentlichen Verwaltung und zum Teil auch für andere Internetnutzer gesperrt. Laut Häring hatte das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) eine aktualisierte Blockierliste der Bundespolizei aufgespielt, auf der die Website von «20 Minuten» aufgeführt war. Irrtümlich, wie es stark verspätet hiess. Erst nach Mittag wurde die Website der Zeitung wieder freigeschaltet. Der Publizist Häring  geht jedoch davon aus, dass der Krieg um die Köpfe nicht mehr funktioniert und sich immer weniger Menschen für dumm verkaufen lassen.  


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