Soziale Dreigliederung - Ein Friedensimpuls für die heutige Welt

Was sind die tieferliegenden Ursachen der heutigen Kriege? Einladung zur Tagung vom 15. bis 17. November 2024 am Goetheanum

Die nationalen und internationalen Konflikte sind durch den Krieg in der Ukraine, das verstärkte Aufflammen des Konflikts zwischen Israel und Palästina und das gegenwärtige weltweite Wettrüsten für viele Menschen verstärkt ins Bewusstsein getreten. Die Frage kann auftauchen: Was sind die tieferliegenden Ursachen dieser Konflikte? Welche Ideen sind in der Lage, den Frieden in der heutigen Welt zu fördern?

Die Idee der sozialen Dreigliederung, wie sie während des ersten Weltkriegs von Rudolf Steiner in die Öffentlichkeit gestellt wurde, wird heute kaum beachtet. Sie hat jedoch das Potenzial, die heutigen Konflikte in ihrer Entstehungsdynamik neu zu beleuchten und Wege zu ihrer Lösung aufzuzeigen. Dazu unterscheidet sie zwischen den Aufgaben des Wirtschaftslebens, des Rechtslebens und des Geisteslebens. Durch diese Unterscheidung wird es möglich zu erkennen, welche Art der gegenseitigen Beeinflussung dieser drei gesellschaftlichen Bereiche unnatürliche Konflikte und Kriege entstehen lassen. Dies ist jeweils dann der Fall, wenn eines der drei Gebiete in die Lage kommt, die anderen Gebiete für seine eigenen Interessen einzuspannen.

Heute können wir beobachten, wie im Westen die Wirtschaftsinteressen der alles dominierende Faktor ist. Anstatt ein richtiges Verhältnis zum Rechtsleben und Geistesleben zu finden, stellt das Wirtschaftsleben diese beiden Gebiete beinahe vollumfänglich in seinen Dienst. Das geistige Leben wird fast nur noch gefördert, wenn es wirtschaftlichen Vorteil verspricht und die staatlichen Beziehungen werden primär nach den wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet. Kulturelle und zwischenstaatliche Konflikte werden dadurch zwangläufig hervorgerufen.

Im Osten können wir wiederum vielfach beobachten, wie geistige oder religiöse Bestrebungen sich mit dem Staat verbinden und sowohl den Staat wie die Wirtschaft in ihren Dienst stellen. Dies führt z.B. dazu, dass Staaten kulturelle Minderheiten im eigenen Land benachteiligen oder unterdrücken. Die verschiedenen Staaten geraten dadurch ebenfalls in unnatürliche, gegenteilige Interessenslagen, die oft in kriegerische Konflikte münden.

Rudolf Steiner wies vor etwas mehr als hundert Jahren auf diese zugrundeliegende Problematik wie folgt hin: „Für die Lebensbedürfnisse der neueren Menschheit wird die weitere Verschmelzung des geistigen, des rechtlichen und wirtschaftlichen Gebietes eine Unmöglichkeit. Durch die Weltkriegskatastrophe hat sich diese Unmöglichkeit geoffenbart. Sie beruht darauf, dass wirtschaftliche und Geisteskulturkonflikte sich in der Gestalt der Staatsgegnerschaften ergaben und dadurch in einer Art zum Austrag kommen mussten, die nicht möglich ist, wenn nur Geistesleben dem Geistesleben und Wirtschaftsinteresse dem Wirtschaftsinteresse gegenüberstehen.“ – Rudolf Steiner, GA 24.

Werden diese tieferliegenden Ursachen erkannt, kann auch der Weg zu ihrer Überwindung gefunden werden.

Der dreifache Friedensimpuls der sozialen Dreigliederung

Können die drei Gebiete des sozialen Lebens – Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben – sich jeweils aus ihren eigenen Kräften entfalten, so hat jedes dieser Gebiete für sich die Tendenz, Grenzen zu überwinden und die Menschheit weltweit zum Frieden zu führen.


 

Der Friedensimpuls des freien Geisteslebens

Es ist das Resultat reiner Beobachtung, dass es heute eine grosse Anzahl von geistigen Schöpfungen in der Wissenschaft und der Kultur gibt, die durch das weltweite, rein menschliche Interesse an ihnen den Charakter eines Menschheitsgutes haben. Ebenfalls gibt es in der Wissenschaft und in der Kunst heute unzählige Beispiele, wie das Interesse an der Entwicklung geistiger Güter Menschen ganz unterschiedlicher ethnischer, geographischer und kultureller Herkunft in eine friedensstiftende Zusammenarbeit zu bringen vermag. Unendlich könnte diese menschheitsverbindende geistige Zusammenarbeit gesteigert werden, wenn sie nicht durch wirtschaftliche und staatliche Interessen gestört oder verhindert würde, sondern sich auf dem selbständigen Boden eines freien Geisteslebens entwickeln könnte.

Der Friedensimpuls des assoziativen Wirtschaftslebens

Die Wirtschaft, ganz auf sich selbst gestellt, hängt von dem Austausch von Leistung und Gegenleistung ab. Rein wirtschaftlich betrachtet, ist heute die ganze Menschheit eine einzige Wirtschaftsgemeinschaft. Die Produktion ist heute weltweit vollständig miteinander verflochten, so dass die Menschen objektiv betrachtet weltweit füreinander arbeiten. Die zwischenmenschlichen Beziehungen, die dadurch weltweit täglich entstehen, können die Grundlage für eine weltweit gelebte und erlebte Freundschaft geben, wenn die Beziehungen nicht einem darwinistischen Marktgeschehen überlassen, sondern im Sinne einer assoziativen Wirtschaft auf einen eigenen Boden gestellt und vermenschlicht werden.

Der Friedensimpuls des demokratischen Rechtslebens

Die Kernaufgabe des Rechtslebens ist der Schutz der Menschenwürde. Was heute immer mehr Menschen erkennen, ist, dass es keinen Wert hat, die Menschenwürde abstrakt zu definieren. Sie kann nur geschützt werden, wenn sie von einer genügend grossen Anzahl von Menschen erlebt wird und diese aufgrund ihres Erlebens für den Schutz der Menschenwürde im konkreten Leben und im politischen Prozess einstehen. Das demokratische Rechtsleben, welches als seine Aufgabe den Schutz der Menschenwürde hat, die jedem Menschen, unabhängig von seiner Herkunft, seiner wirtschaftlichen Stellung und geistigen Ausrichtung zukommt, ist durch eben diese Eigenschaft ihrem Wesen nach ebenfalls ein menschheitsverbindender Impuls.


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Programmübersicht der Tagung

Freitag, 15. November 2024

16.00 Eröffnung und Einleitungsreferate

20.00 Israel / Palästina: Geistige Hintergründe einer ungelösten sozialen Aufgabe (Valentin Wember)

 

Samstag, 16. November 2024

9.00 Was bedeutet Kultur-, Staats- und Wirtschaftsnationalismus? (Daniel Hafner)

Aktuelle nationale und internationale Konflikte im Lichte der Dreigliederung (Andreas Bracher)

11.15 Arbeitsgruppen

14.00 Künstlerische Studien und Betrachtungen vor Ort

15.00 Wie uns freie Bildung friedensfähig macht (Clara Steinkellner)

Der Beitrag der Waldorfpädagogik zur assoziativen Weltwirtschaft (Fionn Meier)

16.45 Arbeitsgruppen

19.00 Künstlerische Darbietung


 

Sonntag, 17. November 2024

9.00 Weltweites Finanzbewusstsein als michaelischer Friedensimpuls (Marc Desaules)

10.15 Arbeitsgruppen, Plenum und Schlussbetrachtung

13.00 Ende der Tagung


 

Ein detailliertes Programm und die Arbeitsgruppen können auf www.dreigliederung.ch eingesehen werden.

Veranstalter, Mitveranstalter und unterstützende Organisationen:

Dreigliederung Schweiz – Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum – Anthroposophische Gesellschaft in der Schweiz — confoedera-Bewegung — Die Christengemeinschaft Schweiz — Fördergesellschaft Demokratie Schweiz — Freie Gemeinschaftsbank Basel — L‘ Aubier Montezillon — Konsumentenverein Basel und Umgebung — Johannes-Zweig Stiftung Edith Maryon Basel — Stiftung Trigon Arlesheim – Demeterhof Hombrechtikon – Anthroposophische Akademie für Kunst und Therapie – Lichtung Eichholz – Stiftung zur Pflege von Mensch, Mitwelt und Erde

Anmeldung: https://tickets.goetheanum.ch/4DG


 


12. Oktober 2024
von:

Über

Fionn Meier

Submitted by cld on Do, 01/18/2024 - 09:19
Logo des Vereins Dreigliederung Schweiz

Fionn Meier hat an der ETH in Zürich Umweltnaturwissenschaft und an der Universität Freiburg (CH) Volkswirtschaft studiert und seine Masterarbeit zum Thema „Geld als Buchhaltung - historische und theoretische Aspekte" geschrieben. Er unterrichtet Wirtschaft an verschiedenen Schulen. Seit 2022 ist er Geschäftsführer des Vereins „Dreigliederung Schweiz – Bewegung für soziale Erneuerung“.