Das Recht der andern

Seit vorgestern bezieht das Kanzleramt «Ökostrom», wie Angela Merkel per Videobotschaft mitteilte. Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens handelt es sich bei dem Ökostrom höchstwahrscheinlich einfach um Strom aus alten Wasserkraftwerken, der zu besonderen Tarifen und mit einem entsprechenden Label vermarktet wird. Das vermuten jedenfalls die Umweltverbände und sprechen von Etikettenschwindel. Zweitens handelt es sich bei dem Lieferanten des «Ökostroms» um den schwedischen Staatskonzern Vattenfall, der in Deutschland u.a. zwei Atomkraftwerke betreibt und wegen des Atomausstiegs gegen die deutsche Regierung Klage eingereicht hat. Und zwar nicht vor dem Bundesverfassungsgericht wie die beiden anderen Energiekonzerne E.ON und RWE und wo eine gewisse Rechtsstaatlichkeit gewährleistet ist, sondern vor einem Schiedsgericht der Weltbank, dem «International Centre for Settlement of Investment Disputes». Rechtsgrundlage ist eine von über 140 Ländern unterzeichnete Konvention über die Lösung von Streitigkeiten zwischen Staaten und ausländischen Investoren. Die Verhandlungen vor den Investitionsrichtern sind vertraulich, und es gibt auch keine Rekursmöglichkeit.
Nicht einmal das Parlament als Vertreter des angeklagten Souveräns hat Einblick in die Akten des Schiedsgerichts. Am 28. Juni verweigerte die Bundesregierung dem Umweltausschuss des Bundestags jegliche Auskunft über Inhalt und sogar den Streitwert der Klage. Die Aufregung, vor allem bei der Opposition ist gross. Sie will Informationen über das Verfahren notfalls auch vor Gericht einklagen.
Vattenfall hatte 2009 schon einmal vor dem Schiedsgericht geklagt, wegen Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Moorburg. Das Verfahren wurde unter ungeklärten Bedingungen eingestellt, und Vattenfall erhielt eine neue Betriebsbewilligung.



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