Kultur-Landwirtschaft - Was wir zum Leben brauchen

Unsere wichtigste Existenzgrundlage auf Erden ist eine die Menschheit verbindende Aufgabe für das 21. Jahrhundert. Mit deinem Konsumverhalten veränderst du die Welt! Kapitel 1: Was wir zum Leben brauchen

Gäsophia
Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit. Bild: Mia Leu

Die Vier Grundlebensbedürfnisse

Was wir zum Leben brauchen, ist Innerer Frieden, Wohlsein und Liebe. Das heisst gesund sein an Leib, Seele und Geist. Was wir gleichzeitig zum Leben brauchen, ist Frieden, Wohlsein und Liebe im Aussen, in der Gesellschaft, der Sozialität, in der wir leben. Beides kann nur bestehen und sich entwickeln auf Grundlage des Vorhandenseins unserer Erde, unserer Welt als Ganzes. Das ist unser Leben. 

Vier Grundlebensbedürfnisse ergeben sich daraus. Die Landwirtschaft hat dabei eine Schlüsselfunktion. Durch sie und mit ihr wird ein neue Lebenskultur gestaltet. «Sei Du der Wandel, den du in der Welt sehen willst.» (Mahatma Gandhi).

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Dieser Beitrag stammt aus dem neuen Zeitpunkt-Magazins zum Thema: Das Hohelied der Landwirtschaft - hier können Sie es bestellen.
Den komplette Text von Andreas Beers veröffentlichen wir sukzessive in den kommenden Tagen veröffentlicht.

Vier individuelle Grundlebensbedürfnisse, man könnte sie auch Menschen-Grundrechte nennen, bilden die Voraussetzung für Frieden und Wohlsein in unserem Leben. Sie sind wie folgt zu skizzieren:

  1. Eine gesunde Ernährung und autonome Lebensmittelversorgung

  2. Das Recht auf Erziehung und Bildung, die die individuelle Entwicklung des Menschen ermöglicht und fördert

  3. Das Recht auf Wohnen und Schutz der Privatsphäre, angepasst an die Bedürfnisse des Einzelnen unter Berücksichtigung der kulturspezifischen Bedürfnisse der Gesellschaft in der er lebt

  4. Das Recht auf Arbeit, mit der Möglichkeit, dass diese Arbeit oder Tätigkeit, sowohl den individuellen als auch den gesellschaftlich relevanten Bedürfnissen und Anforderungen Rechnung trägt.

Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit

Die vier genannten Grundlebensbedürfnisse, oder Menschen-Grundrechte gelten für alle Menschen auf unserer Erde, unabhängig ihrer geistigen, religiösen, kulturellen und sozialen Stellung. Äussere, sprich soziale, ökologische und ökonomische Grundlagen, besser gesagt, Notwendigkeiten, für die Befriedigung dieser Grundlebensbedürfnisse sind wie folgt zu skizzieren:

  1. Eine intakte Naturgrundlage mit regionaler Nahrungsmittelkultivierung.

  2. Eine Volkswirtschaft, in der alle darin lebenden Menschen sich durch frei gewählte Tätigkeit oder Arbeit verantwortlich beteiligen und daran partizipieren können (Geschwisterlichkeit).

  3. Ein Rechtsleben welches ungeachtet von Glauben, Stellung, Herkunft und Alter, für alle Menschen gültig ist, und das durch jedes Individuum innerhalb einer Rechtsgemeinschaft autonom mitgestaltet werden kann (Gleichheit).

  4. Ein Kultur- beziehungsweise Geistesleben, in dem jeder Mensch seine individuellen physischen, seelischen und geistigen Veranlagungen, seine Kreativität und Ideen mit einbringen kann (Freiheit).

Die Glaubens- oder Gedankenfreiheit, das Bildungs- und das Gesundheitswesen, sind zentrale, sehr wichtige Bereiche innerhalb dieses Kulturlebens. 

Ganz bewusst verweise ich damit auf die drei bekannten Begriffe der Französischen Revolution (1789-1795): Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Alles hat seine Zeit – Impulse in der Weltgeschichte benötigen den adäquaten Bewusstseinszustand der Menschen, damit diese sich in gesellschaftliche und gleichzeitig friedvolle Lebensverhältnisse umbilden können.

Ist dieser Bewusstseinszustand individuell und gesellschaftlich nicht vorhanden, führen diese Impulse zu Umsturz, Revolution und Krieg, die in der Regel immer wieder zu retardierenden Machtstrukturen führen. Wache Zeitgenossen wie zum Beispiel: Schiller und Goethe oder später Gustav Landauer, Rudolf Steiner und Hannah Arendt wiesen schon in ihrem Zeitalter auf diesen Umstand hin. (1)

Werden diese Begriffe im praktischen Leben nicht erfüllt, das heisst im Alltag nicht erlebbar umgesetzt, bleiben sie wertlos. Die Frage ist: Was verstehen wir heute darunter? Und in welchem Kontext machen diese Begriffe einen Sinn? Das heisst: In welchem Lebensfeld haben sie ihre Berechtigung und ihre reale Bedeutung? Sinn ergeben die Begriffe in folgender Zuordnung: 

  1. Die Freiheit im Denken, sie zeigt sich im Geistesleben, am deutlichsten in den damit verbundenen Lebensfeldern des Bildungs- und Gesundheitswesens, der Glaubens- und Meinungsfreiheit, sowie der ästhetischen Bildung

  2. Die Gleichheit, sie sollte im Rechts- oder Sozialleben real empfunden und gelebt werden

  3. Die Geschwisterlichkeit (Brüderlichkeit), sie muss im Wirtschaftsleben und in der Güterverteilung und des Bodenbesitzes für jeden Menschen existenzbildend praktiziert werden

 

Individuum und Gesellschaft – und wer ist das Wir?

Die vier genannten Grundlebensbedürfnisse bilden die Grundlage und den Nährboden für das physische, seelische und geistige Wohl jedes einzelnen Menschen. Gleichzeitig resultiert aus deren Befriedigung das friedliche Miteinander zwischen Kultur- oder Gesellschaftsräumen, sprich Regionen, Länder oder Nationen.

Die Lebensfelder und ihrer wesensgemässen Einrichtungen, die diese vier genannten Grundlebensbedürfnisse organisieren, müssen für jeden gesellschaftlichen oder kulturellen Raum, sprich Region, Land oder Nation, in individueller, sprich autonomer und freier Wahl gegründet und kollektiv verwaltet werden können. 

Das zentralste und existenzbildende Lebensfeld hierbei ist die Landwirtschaft mit unserer Nahrungserzeugung (Urproduktion). Weiter zu nennen sind: Das Bildungs- und Gesundheitswesen, die Siedlungs- und Raumplanung, die Mobilitäts- und Verkehrsplanung, die Energie- und Rohstoffversorgung, sowie die Boden-, Rohstoff- und Kapitalverwaltung. Letztere sind mit der Landbewirtschaftung und Lebensmittelerzeugung elementar verknüpft.

Um diese Lebensfelder für das Individuum und zugleich für die Gesellschaft sinnvoll zu organisieren, benötigt es ein kreatives aktives Wir. Man könnte dies auch als Gesellschafts- oder Volkssouveränität bezeichnen. Wer also ist Wir?: Wir, bedeutet in diesem Zusammenhang, ein im kollektiv-sozialen Leben wirksames und formendes, individuelles Bewusstsein und Verantwortungsgefühl.

Fundamental entgegen wirkt dem, der sich durch die Digitalisierung installierende Überwachungskapitalismus (2). Er ist für die meisten Menschen unsichtbar. Er transformiert und spaltet seit vielen Jahren unser individuelles und gesellschaftliches Leben, das individuelle und damit gleichzeitige kollektive Verantwortungsbewusstsein, unser Wir. «Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bildet die ganze Gemeinschaft und in der Gemeinschaft lebt der Einzelseele Kraft.» (3)

 

Grundgesetze für ein soziales Leben

Im lebendigen Organismus Natur finden wir gegebene, unumstössliche Gesetzmässigkeiten. In der unbelebten Materie herrschen die physikalischen und chemischen Gesetze. Im sozialen Organismus Menschheit muss der Mensch diese Gesetze kreativ bilden.

Die Kernpunkte der sozialen Frage umfassen die existenzbildenden Lebensfelder des Menschen. Sie müssen, um restlos im realen Leben heilsam wirken zu können, die dreigliedrige Natur des Menschen berücksichtigen: Den physischen Leib mit seinen Vitalkräften, auch Bildekräfte genannt, die empfindende Seele und den reflektierenden Geist. Vor über hundert Jahren, in der Zeit des Ersten Weltkrieges, also in Zeiten an dem die Menschheit in Europa am Abgrund stand, formulierte Rudolf Steiner die Kernpunkte der Sozialen Frage. Sie haben auch heute noch ihre Gültigkeit: 

«Das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist um so grösser, je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heisst, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitmenschen abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befriedigt werden.

Alle Einrichtungen innerhalb einer Gesamtheit von Menschen, welche diesem Gesetzt widersprechen, müssen bei längerer Dauer irgendwo Elend und Not erzeugen – Dieses Hauptgesetz gilt für das soziale Leben mit einer solchen Ausschliesslichkeit und Notwendigkeit, wie nur irgendein Naturgesetz in Bezug auf irgendein gewisses Gebiet von Naturwirkungen gilt. Man darf aber nicht denken, dass es genüge, wenn man dieses Gesetz als ein allgemeines moralisches gelten lässt oder es etwa in die Gesinnung umsetzen wollte, dass ein jeder im Dienst seiner Mitmenschen arbeitet. Nein, in der Wirklichkeit lebt das Gesetz nur so, wie es leben soll, wenn es einer Gesamtheit von Menschen gelingt, solche Einrichtungen zu schaffen, dass niemals jemand die Früchte seiner eigenen Arbeit für sich selbst in Anspruch nehmen kann, sondern diese möglichst ohne Rest der Gesamtheit zugutekommen. Er selbst muss dafür wiederum durch die Arbeit seiner Mitmenschen erhalten werden. Worauf es also ankommt, das ist, dass für die Mitmenschen arbeiten, und ein gewisses Einkommen erzielen zwei voneinander ganz getrennte Dinge seien. 

Wer nämlich das Leben wirklich untersucht, der kann finden, dass eine jede Menschengemeinschaft, die irgendwo existiert, oder die nur jemals existiert hat, zweierlei Einrichtungen hat. Der eine dieser beiden Teile entspricht diesem Gesetz, der andere widerspricht ihm. So muss es nämlich überall kommen, ganz gleichgültig, ob die Menschen wollen oder nicht. Jede Gesamtheit zerfiele nämlich sofort, wenn nicht die Arbeit der einzelnen dem Ganzen zufliessen würde. Aber der menschliche Egoismus hat auch von jeher dieses Gesetz durchkreuzt. Er hat für den einzelnen möglichst viel aus seiner Arbeit herauszuschlagen gesucht. Und nur dasjenige, was auf diese Art aus dem Egoismus hervorgegangen ist, hat von jeher Not, Armut und Elend zur Folge gehabt.

Es ist klar, dass dieses Gesetz nichts Geringeres besagt als dieses: Die Menschenwohlfahrt ist um so grösser, je geringer der Egoismus ist. Man ist also bei der Umsetzung in die Wirklichkeit darauf angewiesen, dass man es mit Menschen zu tun habe, die den Weg aus dem Egoismus herausfinden. Das ist aber praktisch ganz unmöglich, wenn das Mass von Wohl und Wehe des einzelnen, sich nach seiner Arbeit bestimmt. Wer für sich arbeitet, muss allmählich dem Egoismus verfallen. Nur wer ganz für die anderen arbeitet, kann nach und nach ein unegoistischer Mensch werden.

Die Menschheit strebt im Anfange der Kulturzustände nach Entstehung sozialer Verbände; dem Interesse dieser Verbände wird zunächst das Interesse des Individuums geopfert; die weitere Entwicklung führt zur Befreiung des Individuums von dem Interesse der Verbände und zur freien Entfaltung der Bedürfnisse und Kräfte des Einzelnen». (4)

Inhalt:

Einführung

Kapitel 1: Was wir zum Leben brauchen

Kapitel 2: Weltbewusstsein

Kapitel 3: Die Erde unsere Heimat

Kapitel 4: Historische Betrachtungen

Kapitel 5: Wurzelbehandlung

Kapitel 6: Die Tierhaltung in der Landwirtschaft

Kapitel 7: Warum Kultur-Landwirtschaft

Kapitel 8: Hand anlegen – gewusst wie

Kapitel 9: Und zum Schluss - was wir tun können, jetzt sofort

Quellen:

(1) Friedrich Schiller (1759-1805) Über die ästhetische Erziehung des Menschen, Cotta`sche VBH Tübingen, 1795.

Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) Goethe - Schiller, Briefe, Friedrich Schiller Archiv, Weimar 2020.

Rudolf Steiner (1861-1925), Geschichtliche Symptomatologie, Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1962.

Gustav Landauer (1870-1919), Nation, Krieg und Revolution, Verlag Edition AV 2011.

Hanna Arendt (1906-1975) Vita activa – oder Vom tätigen Leben, Piper Verlag GmbH München 1967. 

(2) Shoshana Zuboff, Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Verlag Campus 2012.

(4) Rudolf Steiner, Die Kernpunkte der sozialen Frage, 1919, Über die Dreigliederung des sozialen

Organismus, 1915-1921.

Kommentare

Andere Ansichten

von juerg.wyss
Nicht nur, dass in diesem Artikel das Leben der Gesellschaft mit dem Leben des Individuums vermischt werden. Auch werden hier Grundsätze ins Perverse verkehrt. Nicht die Gesllschaft bildet das Individuum sondern die Individuen bilden die Gesellschaft.  Nicht der einzlene trägt die Gesellschaft, die Gesellschaft trägt den einzelnen. Bei einer Gesellschaft schaut die Gesellschaft für den einzelnen, nicht der einzelne trägt die Gesellschaft!  Auf diese Weise werden Menschen dazu gebracht, ihre eigenen Ansprüche zugunsten Ansprüche anderer zurück zu stellen. Sklaven sind nur frei wenn sie Sklaven bleiben. Ein Sklave kann niemals frei sein!

Lesen - nachdenken - reflektieren - verstehen: dann schreiben

von Andreas Beers
Wer also ist Wir?: Wir, bedeutet in diesem Zusammenhang, ein im kollektiv-sozialen Leben wirksames und formendes, individuelles Bewusstsein und Verantwortungsgefühl. «Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bildet die ganze Gemeinschaft und in der Gemeinschaft lebt der Einzelseele Kraft.» Pervers, Sklaven ....