Eine neue Technik, eine Revolution und ein Geburtstag
Das globale Finanzsystem gleicht einem toten Patienten, der künstlich am Leben gehalten wird. Massgebend für den offiziellen Todeszeitpunkt ist nicht sein Zustand, sondern der Entscheid der Ärzte, den Stecker zu ziehen. Wenn man also etwas über den Stand der Dinge erfahren will, muss man ihnen aufs Maul schauen und sich nicht mit dem Blick auf die Monitoren zufrieden geben. Das wollen wir heute tun. Im inneren Zirkel der Finanzelite wird nämlich bereits von «Revolution» gesprochen. Zuerst aber werfen wir einen Blick auf den Monitor, um herauszufinden, wie tot der Patient bereits ist.
Wie wir wissen, sind die Banken hoch verschuldet, genauso wie die Staaten, die sie bis vor kurzem noch retten mussten. Das Spiel läuft nur noch weiter, weil die Zentralbanken, allen voran die amerikanische Fed, den Banken Unsummen von billigem Geld aus dem Nichts zur Verfügung stellen, mit denen diese Staatsanleihen kaufen und Kredite vergeben. Der Fortgang dieser neuen Spielrunde mit der Bezeichnung «quantitative easing» (quantitative Lockerung) hängt entscheidend von der Bonität der Kreditnehmer ab. Wenn sie zurückzahlen können, haben wir noch einmal Glück gehabt, wenn nicht, dann …
Nun hat die Bank für internationalen Zahlungsausgleich BIZ in Basel, die Zentralbank der Zentralbanken, vor kurzem so alarmierende Zahlen veröffentlicht, dass sie die Mainstream-Medien lieber verschwiegen. 45 Prozent der Kredite seien Mitte 2013 sogenannte «leveraged loans» gewesen. Solche Kredite haben in der Sprache der Rating-Agenturen «non-investmentgrade» oder auf Deutsch: «Bei Verschlechterung der Lage ist mit Ausfällen zu rechnen». So hoch war der Anteil der spekulativen, riskanten Anlagen noch nie. Vor der Beinahe-Kernschmelze von 2008 lag er bei 35 Prozent. Wenn die quantitative Lockerung zu Ende geht – und alle sind sich einig, dass sie ein Ende haben muss –, dann fallen die Dominosteine.
Darauf sind die Burschen in den Schaltzentralen des globalen Finanzkasinos allerdings bereits vorbereitet. Und auch wir im Publikum werden langsam präpariert. «Der Schlüssel heisst ‹Bail-in›, eine neue Technik, um Banken in Zahlungsschwierigkeiten ohne kostspielige Bail-outs zu retten», schrieb die Credit Suisse am 15. August.
Anstatt von aussen durch den Staat, sollen Banken von innen mit den Einlagen der Sparer gerettet werden. «A new technique to resolve failing banks»? Natürlich nicht. Die «neue Technik» wurde vom «Financial Stability Board» FSB entwickelt und geht auf eine Initiative von Gordon Brown am G-20-Treffen vom November 2010 zurück. Das FSB ist ein am BIZ domizilierter Hinterzimmerklub ohne Rechtsform, ohne völkerrechtliche Grundlage und ohne demokratische Legitimation, aber mit einem Mandat der Finanzminister der G-20 und der Zentralbanken der G7. Die Statuten enthalten nicht einmal Angaben über die Wahl seiner Mitglieder. Dieses obskure Gremium hat die Bail-in-Richtlinien erarbeitet, die in der Schweiz als erstem Land in Form der «Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Insolvenz von Banken und Effektenhändlern» vom 30. August rechtskräftig wurden. Im Fall einer Insolvenz der Grossbanken UBS und Credit Suisse sei die Enteignung von Einlegerkonten in einer Höhe bis zu 600 Milliarden möglich, schreibt die FINMA am 7. August in einem Positionspapier mit dem Titel «Resolution of global systemically important banks».
Derivate seien auch von einem Bail-in betroffen, aber nur – und das ist der Gipfel –, wenn dadurch die finanzielle Stabilität nicht gefährdet werde. Die Sparer werden geschröpft, die Spekulanten geschont, wie vom FSB vorgesehen. Jetzt begreift man, wenn der Vizechef der Bank of England, Paul Tucker, über den Bail-in sagt: «nichts weniger als eine Revolution». Es wird, wenn nicht noch ein mittelgrosses Wunder geschieht, eine Revolution von oben sein.
Vorher gibt es aber noch einen kleinen Geburtstag zu feiern, den der grössten Geldmaschine aller Zeiten. Am 23. Dezember 1913, die meisten Abgeordneten waren schon in die Weihnachtsferien abgereist, wurde das umstrittene Gesetz über das amerikanische Federal Reserve System verabschiedet. Was viele nicht wissen: Die amerikanische Zentralbank gehört den privaten Banken, die für ihre selbstlose Dienstleistung erst noch eine gesetzlich garantierte Dividende von sechs Prozent erhalten. Um die Kosten der privaten Geldschöpfung zu bestreiten, musste gleichzeitig die Einkommenssteuer eingeführt werden. Die Leistung der Fed ist ausserordentlich: In den hundert Jahren ihrer Existenz hat der Dollar 95,7 Prozent seines Wertes verloren. Optimisten würden jetzt sagen: Die verbleibenden 4,3 Prozent auf Null sind eigentlich nichts. Diesen Verlust kann man tragen.
Wie wir wissen, sind die Banken hoch verschuldet, genauso wie die Staaten, die sie bis vor kurzem noch retten mussten. Das Spiel läuft nur noch weiter, weil die Zentralbanken, allen voran die amerikanische Fed, den Banken Unsummen von billigem Geld aus dem Nichts zur Verfügung stellen, mit denen diese Staatsanleihen kaufen und Kredite vergeben. Der Fortgang dieser neuen Spielrunde mit der Bezeichnung «quantitative easing» (quantitative Lockerung) hängt entscheidend von der Bonität der Kreditnehmer ab. Wenn sie zurückzahlen können, haben wir noch einmal Glück gehabt, wenn nicht, dann …
Nun hat die Bank für internationalen Zahlungsausgleich BIZ in Basel, die Zentralbank der Zentralbanken, vor kurzem so alarmierende Zahlen veröffentlicht, dass sie die Mainstream-Medien lieber verschwiegen. 45 Prozent der Kredite seien Mitte 2013 sogenannte «leveraged loans» gewesen. Solche Kredite haben in der Sprache der Rating-Agenturen «non-investmentgrade» oder auf Deutsch: «Bei Verschlechterung der Lage ist mit Ausfällen zu rechnen». So hoch war der Anteil der spekulativen, riskanten Anlagen noch nie. Vor der Beinahe-Kernschmelze von 2008 lag er bei 35 Prozent. Wenn die quantitative Lockerung zu Ende geht – und alle sind sich einig, dass sie ein Ende haben muss –, dann fallen die Dominosteine.
Darauf sind die Burschen in den Schaltzentralen des globalen Finanzkasinos allerdings bereits vorbereitet. Und auch wir im Publikum werden langsam präpariert. «Der Schlüssel heisst ‹Bail-in›, eine neue Technik, um Banken in Zahlungsschwierigkeiten ohne kostspielige Bail-outs zu retten», schrieb die Credit Suisse am 15. August.
Anstatt von aussen durch den Staat, sollen Banken von innen mit den Einlagen der Sparer gerettet werden. «A new technique to resolve failing banks»? Natürlich nicht. Die «neue Technik» wurde vom «Financial Stability Board» FSB entwickelt und geht auf eine Initiative von Gordon Brown am G-20-Treffen vom November 2010 zurück. Das FSB ist ein am BIZ domizilierter Hinterzimmerklub ohne Rechtsform, ohne völkerrechtliche Grundlage und ohne demokratische Legitimation, aber mit einem Mandat der Finanzminister der G-20 und der Zentralbanken der G7. Die Statuten enthalten nicht einmal Angaben über die Wahl seiner Mitglieder. Dieses obskure Gremium hat die Bail-in-Richtlinien erarbeitet, die in der Schweiz als erstem Land in Form der «Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Insolvenz von Banken und Effektenhändlern» vom 30. August rechtskräftig wurden. Im Fall einer Insolvenz der Grossbanken UBS und Credit Suisse sei die Enteignung von Einlegerkonten in einer Höhe bis zu 600 Milliarden möglich, schreibt die FINMA am 7. August in einem Positionspapier mit dem Titel «Resolution of global systemically important banks».
Derivate seien auch von einem Bail-in betroffen, aber nur – und das ist der Gipfel –, wenn dadurch die finanzielle Stabilität nicht gefährdet werde. Die Sparer werden geschröpft, die Spekulanten geschont, wie vom FSB vorgesehen. Jetzt begreift man, wenn der Vizechef der Bank of England, Paul Tucker, über den Bail-in sagt: «nichts weniger als eine Revolution». Es wird, wenn nicht noch ein mittelgrosses Wunder geschieht, eine Revolution von oben sein.
Vorher gibt es aber noch einen kleinen Geburtstag zu feiern, den der grössten Geldmaschine aller Zeiten. Am 23. Dezember 1913, die meisten Abgeordneten waren schon in die Weihnachtsferien abgereist, wurde das umstrittene Gesetz über das amerikanische Federal Reserve System verabschiedet. Was viele nicht wissen: Die amerikanische Zentralbank gehört den privaten Banken, die für ihre selbstlose Dienstleistung erst noch eine gesetzlich garantierte Dividende von sechs Prozent erhalten. Um die Kosten der privaten Geldschöpfung zu bestreiten, musste gleichzeitig die Einkommenssteuer eingeführt werden. Die Leistung der Fed ist ausserordentlich: In den hundert Jahren ihrer Existenz hat der Dollar 95,7 Prozent seines Wertes verloren. Optimisten würden jetzt sagen: Die verbleibenden 4,3 Prozent auf Null sind eigentlich nichts. Diesen Verlust kann man tragen.
27. November 2013
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