Ich hasse meinen Nachnamen

Wenn das Telefon klingelt, wird es oft mühsam. Ich habe mich viel gefragt: Welcher Name ist eigentlich wirklich anstrengend? Nach so vielen Jahren wünschte ich mir... Kolumne.

© pixabay

Brüschwil ist ein knapp 200 Seelen zählender Weiler, mitten im Thurgau. Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden. Auch ist es für mich grundsätzlich nachvollziehbar, dass man Menschen, die aus Brüschwil stammen, Brüschweiler nennt. Problematisch wird es aber dann, wenn Menschen mit diesem Namen in den Kanton Bern ziehen, in einen Kanton, in dem man schlichtweg nicht so heisst oder um es pointierter auszudrücken nicht so heissen dürfte.

Mein Grossvater hatte den unzähmbaren Drang sich zu vermehren.

Genau dies hat aber mein Grossvater Carl Brüschweiler getan, als er 1935 aus dem Thurgau nach Bern zog. Doch damit nicht genug: Es hätte ja gereicht, dass er alleine unter diesem, in Bern exotischen Namen, gelitten hätte. Aber nein, scheinbar hatte er den unzähmbaren Drang sich zu vermehren, so dass seine Frau und die zwei Söhne auch darunter leiden mussten. Und diese Söhne hatten scheinbar auch wieder den unzähmbaren Drang sich zu vermehren, so dass nun auch noch mein Cousin und meine Cousine, sowie meine Schwester und ich lebenslänglich unter diesem Namen zu leiden haben.

Das Leiden begann schon in der Primarschulzeit. Ich brauchte Jahre, bis ich meinen Nachnamen richtig schreiben konnte und ich habe auch heute oft noch Mühe damit. Richtig schlimm wird es aber dann, wenn man zum ersten Mal irgendwo seinen Namen angeben muss. «Also, wie heissen sie genau? Mit ‹ei› geschrieben oder mit ‹i oder gar mit ‹y›? Sehr schnell lernt man dann, den Namen blitzschnell zu buchstabieren. B-r-ü-sch-weiler...

Doch leider nützt auch das in 90 Prozent der Fälle nichts. Ruft mich jemand von einem Geschäft, einer Versicherung, oder von der Steuerverwaltung an, so beginnen die Gespräche in abwechselnder Reihenfolge mit: «Guten Tag Herr Brühweiler, Brustweiler, Brunschwiler, Brunschweiler, Brutweiler...», und eher seltener, aber dadurch nicht weniger originell mit «Guten Tag, Herr Brunstweiler».

Anfänglich versucht man noch die Gesprächspartner zu korrigieren, doch spätestens nach zwei Jahren hat man komplett resigniert. Um mich an den Mitmenschen zu rächen, habe ich mir angewöhnt, mich am Telefon gleich selbst mit «Brunstweiler» zu melden. An Tagen an denen meine Namensdepression dann völlig überhand nimmt, melde ich dann auch manchmal mit «Saddam Hussein» oder «Ghadaffi». Worauf dann das Gegenüber verwirrt sagt: «Oh ich suche eigentlich einen Herr Brustweiler», worauf ich dann spitzbübisch antworte: «Aha, sie meinen Herr Brunstweiler?, ja, der ist da, ich hole ihn gleich.»

Wie gerne würde ich doch Gäggeler oder Schneebeli heissen.