Lobbyisten ziehen in die Regierung ein

Die favorisierten Bundesratskandidaten Albert Rösti und Eva Herzog vertreten Interessen mit grosser Wirkung auf unser Portemonnaie, schreibt der prominente Westschweizer Journalist Jacques Pilet.

Die beiden Neuen im Bundesrat werden aller Wahrscheinlichkeit nach der Berner SVP-Nationalrat Albert Rösti und die Basler SP-Ständerätin Eva Herzog sein. Diese beiden Persönlichkeiten stellen ein ernsthaftes politisches Problem dar, das bisher kaum angesprochen wurde: den Einfluss von Lobbys auf die Macht.

Jacques Pilet, Westschweizer Journalist mit einer ausserordentlichen Karriere und jetzt Herausgeber des empfehlenswerten online-Magazins «bon pour la tête» hat heute auf dem Portal eine lesenswerte Analyse der bevorstehenden  Bundesratswahl publiziert. Auszüge:

Eva Herzog, eine Vertreterin des rechten Flügels ihrer Partei, hat alles, um dem bürgerlichen Lager zu gefallen. Sie war 15 Jahre lang Finanzministerin des Halbkantons Basel-Stadt. Daraus resultierte eine extreme Nähe zu den Pharmariesen, allen voran Novartis und Roche, die dort ihren Sitz haben. Ein Funktionär ihrer eigenen Partei sagte einmal, sie sei «die Mediensprecherin der Pharmaindustrie». Zwar gibt es keine formelle Verbindung zwischen ihr und diesen Unternehmen, aber es sind diese Unternehmen, die die wirtschaftliche Vision der im Übrigen sehr kompetenten Kandidatin geprägt haben. …

Was Albert Rösti angeht, ist es einfacher: Er ist seit vielen Jahren Lobbyist von Beruf. Er vertritt die Interessen von sechzehn privaten Gruppierungen, Verwaltungseinheiten und Verbänden. Für wie viel Geld? Er sagt es nicht, behauptet aber, dass es insgesamt weniger als das Gehalt eines Bundesrates sei.

Zu seinen wichtigsten Mandaten gehörten Auto-Schweiz, der Verband der Automobilimporteure, und Swissoil, der Verband der Mineralölhändler, dessen Präsident er war. Die Erwähnung des letzteren verschwand plötzlich von der Seite des Kandidaten. …

Wie bei Medikamenten steht auch hier unser Portemonnaie auf dem Spiel. Autos und Ersatzteile sind in der Schweiz trotz der höheren Mehrwertsteuersätze teurer als in den Nachbarländern. Dies ist dem De-facto-Monopol der Importeure zu verdanken. Das ganze Geschäft ist darauf ausgelegt, den theoretisch möglichen Direktkauf im Ausland zu verhindern. Liberalere Handelsbeziehungen würden den Verbrauchern zugutekommen. Aber die helvetische Rechte hat ihre eigenen Vereinbarungen mit dem Liberalismus...


Quelle: Jacques Pilet: Les lobbies entrent au gouvernement. 2.12.2022