Die Lösung ist verboten

«So geht es nicht mehr weiter.» Nirgendwo hört man diesen Satz so oft wie in der Gesundheitspolitik. In welchem Mass uns der gesunde Menschenverstand verlassen hat, zeigt die Reaktion auf die diesjährige Prämienerhöhung von rund acht Prozent: Man ist fast erleichtert, dass sie nur halb so hoch ausgefallen ist wie prognostiziert. Der abgetretene Innenminister Pascal Couchepin verbuchte die horrende Steigerung sogar als Erfolg. Meine Prognose: Auch der neue Mann Didier Burkhalter wird scheitern. Seine Diagnose, nach der die verschiedenen Kostenfaktoren alle miteinander verknüpft sind und einzelne Sparmassnahmen deshalb nicht greifen können, ist nämlich nur vordergründig richtig. Im Hintergrund lauert ein Gesundheitswesen, das man nur als organisierte Verantwortungslosigkeit bezeichnen kann. Ärzte, Spitäler, Krankenkassen und Pharmaindustrie, alle profitieren von Umsatzsteigerungen. Und die Patienten verhalten sich ökonomisch nur dann vernünftig, wenn sie für ihre Prämien möglichst viel Leistung beziehen –das System, das alles bezahlt, was angeboten und nachgefragt wird.


Natürlich gäbe es eine Lösung für dieses Problem. Aber weil sie dem Krankenversicherungsgesetz widerspricht und daher nicht realisierbar ist, möchte ich sie hier nur kurz skizzieren – man soll ja nicht unerfüllbare Wünsche wecken. Also: Bei der Gesundheitskasse, die Dr. G.R. Brem, der Gründer des Vita Sana-Verlages in den 80er Jahren vorstellte, werden die Krankenkassenprämien (in etwa bisheriger Höhe) auf zwei Töpfe verteilt: Drei Viertel gehen in einen privaten Topf, aus dem sämtliche medizinischen Leistungen bestritten werden, die der Versicherte beansprucht. Ein Viertel geht in einen Risikotopf, aus dem die Leistungen bezahlt werden, die die individuellen Konten übersteigen. Der Clou bei der Sache: Erreicht der Stand des inviduellen Kontos sagen wir mal 25’000 Franken, muss nur noch in den Risikotopf gezahlt werden. Der Effekt: Die Patienten haben ein hohes wirtschaftliches Interesse an Prävention und wirtschaftlicher Behandlung und sind gleichzeitig gegen Kosten, die sie nicht selber tragen können, versichert – die Grundidee jeder Versicherung. Und die Anbieter medizinischer Leistungen haben es grundsätzlich mit Selbstzahlern zu tun und daher ein vitales Interesse, sie kostengünstig zu behandeln. Wie gesagt: leider verboten.

Entscheidende Änderungen auf dem politischen Weg durchzubringen, ist in einer Demokratie sozusagen unmöglich. Unter Zwang und in der Not der Stunde wird dagegen vieles realisierbar, wie der Verlauf der Finanzkrise gezeigt hat. Da könnte der Vorschlag eines Lesers, der Zeitpunkt solle doch zu einem Prämienboykott aufrufen, tatsächlich etwas bewirken. So weit geht unsere Agitation aber doch nicht. Immerhin: Wenn Sie eine Aktion mitlancieren und Ihre Prämien auf ein Sperrkonto einbezahlen wollen, vermitteln wir gerne den entsprechenden Kontakt.
31. Oktober 2009
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