«Wir sind wieder zurück in der Steinzeit!»

Blackout in Nordrhein-Westfalen: Justiz im Offline-Modus
Veröffentlicht: 20. Aug 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 20. Aug 2024

Keine Mails, kein Netz noch nicht einmal die Word-Datei funktionierte. Ein Stromausfall bewirkte am Freitag, den 16. August 2024, dass es im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) zu einer Störung im gesamten Justizwesen kam.  Selbst das Landesjustizministerium soll betroffen gewesen sein. Wie FOCUS online erfuhr, ging das gesamte Justizwesen zwischen Rhein und Weser den ganzen Tag offline. Die PCs waren in allen Justizbehörden quasi nicht mehr nutzbar. Die meisten der 42.000 Justizmitarbeiter in NRW mussten die Fallakten in Papierform zu bearbeiten. Laut Philipp Prietze, Sprecher des Oberlandesgericht Köln, in dem der landesweite IT-Dienstleister angesiedelt ist, hängt das Desaster mit einem nächtlichen Stromausfall im zentralen Rechenzentrum in Münster zusammen. Derzeit prüfe man, ob bei den Servern Schäden aufgetreten seien. «Danach wird das System wieder hochgefahren», erklärte Prietze. Dies gelang allerdings erst am späten Freitagabend.

2016 sagte Karl-Heinz Krems (SPD) beim Startschuss zur technischen Zentralisierung: «Das justizeigene Rechenzentrum ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Einführung einer durchgehenden elektronischen Aktenbearbeitung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften.» Nun hat angeblich ein simpler Stromausfall das ganze System lahmgelegt. «Wir sind wieder zurück in der Steinzeit», schimpfte ein Justiz-Angestellter, der nicht genannt werden möchte. Die Hauptursache liegt an der digitalen Umstellung der gesamten Betriebsabläufe auf den neuen IT-PLattform «citrix». «Fällt citrix aus, fällt beinahe alles aus», so eine Strafverfolgerin. Und genau dies ist in der Nacht zum Freitag durch den Stromausfall des zentralen Justizrechenzentrums in Münster geschehen. Die Störungen betrafen auch die Gerichte. Zwar fielen in den großen Landesgerichten Köln und Düsseldorf keine Sitzungen aus. «Ansonsten aber ist der Geschäftsbetrieb schwer eingeschränkt», hieß es. Das Oberverwaltungsgericht Münster beklagte ebenfalls eine «Grossstörung». Künftig ist im Justizbereich geplant: Kein Papier mehr, die Vorgänge verwalten sich nur noch per Mausklick ab. Wie soll das gehen, wenn ein simpler Stromausfall im zentralen Rechenzentrum die gesamte Justiz schachmatt setzt? Derzeit ist die Ursache für den Stromausfall noch unklar. 


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