Frontex hält Beweise für Menschenrechtsverletzungen zu Unrecht geheim

In einem Urteil vom Mittwochvormittag hat das Europäische Gericht in Luxemburg festgestellt: Frontex hat zu Unrecht mehr als 100 Fotos im Zusammenhang mit einer möglichen Beteiligung an einer Menschenrechtsverletzung im zentralen Mittelmeer geheim gehalten.
Veröffentlicht: 30. Apr 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 30. Apr 2024

Die EU-Grenzschutzagentur muss mehr als 100 Fotos einer mutmaßlichen Menschenrechtsverletzung herausgeben.  Nach einer von Sea-Watch zusammen mit FragDenStaat angestrengten Tranzparenzklage entschied das Europäische Gericht: Frontex darf viele Dokumente geheim halten – jedoch nicht alle.

 

Die Entscheidung erging, nachdem die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch, unterstützt von FragDenStaat, im April 2022 eine Klage gegen Frontex eingereicht hatte. Im Mittelpunkt des Rechtstreits standen 73 Dokumente, die bei der Europäischen Grenzschutzagentur vorliegen. Darin geht es darum, wie Frontex mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeitet und möglicherweise in einen illegalen Pullback verwickelt ist. Dies wäre eine eine Verletzung der Menschenrechte und des Völkerrechts. Frontex hatte den Zugriff zu allen Dokumente verweigert.

Im Laufe des Prozesses stellte das Gericht fest, dass in den beantragten Frontex-Dokumenten zahlreiche  Fotos enthalten sind, die zuvor von der Grenzschutzagentur nicht offengelegt oder gar erwähnt worden waren. Unabhängig davon, ob Frontex die Bilder vergessen oder absichtlich verschwiegen hat, steht für das Gericht fest: „Indem die Existenz dieser Fotos nicht erwähnt wurde, wurde der Klägerin keine Rechtfertigung für die Verweigerung des Zugangs mitgeteilt.“ Die Weigerung von Frontex, Zugang zu diesen Bildern zu gewähren, ist daher laut Gericht ungültig.

Sea-Watch und FragDenStaat fordern Frontex auf, diese Bilder sofort freizugeben. Das Bildmaterial verteilt sich auf 29 Dokumente, darunter interne Berichte und Kommunikation von Frontex, sowie Kommunikation zwischen Frontex und externen Akteuren, wie der libyschen Küstenwache. Die Aufnahmen können wichtige Beweise für die Rolle von Frontex bei einer Menschenrechtsverletzung im zentralen Mittelmeer im Juli 2021 darstellen.


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