Hat das BAG die grössten Kostentreiber im Gesundheitswesen wirklich erkannt?

Das Bundesamt für Gesundheit will die Arztpraxen besser kontrollieren, lässt die Versicherer aber aussen vor. Hier liegt der grösste Hebel für eine Kostenkorrektur, schreibt der Verein Ethik und Medizin Schweiz.

(Bild: Charles de Luvic / unsplash.com)

Mit einer neuen Initiative möchte das BAG die Kosten in den Griff bekommen. In einem Interview auf watson.ch vom 11. März 2024 gibt Anne Lévy, Chefin des Bundesamts für Gesundheit, der breiten Bevölkerung gewissermassen einen Einblick in die Schaltzentrale unseres Gesundheitswesens.

«Mit unserer neuen Initiative geht es darum, zusammen mit den Fachleuten zu schauen, wie wir Über-, Unter- oder Fehlversorgung vermeiden können.» Dazu soll mehr kontrolliert werden, und wer mehr kontrolliert werden soll, ist auch klar: die Leistungserbringer, sprich die Ärztinnen und Ärzte. Auch sollen Kräfte besser koordiniert werden, um den Ressourceneinsatz zu verbessern. Bei einem Akteur sieht das BAG aber offenbar keinen Handlungsbedarf: bei den Versicherern.

Das Versicherungswesen ist Teil der Finanzindustrie. Es ist kontraintuitiv, gerade ihm blind zu vertrauen. Und es ist auch so: Es war die Politik, die Versicherer und Leistungserbringer anweisen musste, ein taugliches Wirtschaftlichkeitsverfahren zu entwickeln. Das ist nicht gelungen, und nun war es das Bundesgericht, das mit seinem Entscheid eingreifen musste, um Rechtsstaatlichkeit in diesen Verfahren wiederherzustellen (VEMSInsights März 24).

Das BAG erachtet sich auf Nachfrage des VEMS als nicht zuständig – und übersieht damit eine enorme Quelle für Fehlversorgung: Wenn Ärztinnen und Ärzte, um zu überleben, mitunter nicht nur ihre Patientinnen und Patienten, sondern auch mal ihren Index behandeln müssen, dann werden Indikations- und Behandlungsentscheide korrumpiert. Da diese am Anfang der weiteren medizinischen Geschichte stehen, hätte das BAG hier die grösste Hebelwirkung zur Kostenkorrektur.
Derzeit bewachen die Füchse (Versicherer) den Hühnerstall (die Praxen).
Was Wunder, werden immer mehr Hühner gerissen, bzw. Praxen geschlossen?

 


Als unabhängiger Think Tank erarbeitet der Verein Ethik und Medizin Schweiz VEMS in interdisziplinären Teams neue Lösungsansätze für das Gesundheitswesen. Wir stossen Diskussionen an, die in den Institutionen aufgenommen und vertieft werden.
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