Pestizide im Schweizer Trinkwasser

Trinkwasserverschmutzung durch S-Metolachlor bei bis zu 100’000 Haushalten im Mittelland 
Veröffentlicht: 26. Jun 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 26. Jun 2024

In der Schweiz sind von der Trinkwasserverschmutzung durch S-Metolachlor, einem Pestizid, das in der EU seit Dezember 2023 verboten ist, bis zu 100’000 Haushalte im Mittelland betroffen. Doch das zuständige Bundesamt hat bisher nichts unternommen. Dies zeigt eine Recherche der SRF-Journalistin Karin Bauer für die Sendung Kassensturz. Sobald das Verbot auch in der Schweiz gilt, muss das Trinkwasser von bis zu 100’000 Haushalten verdünnt werden, sodass der neue Grenzwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter eingehalten werden kann. 

Kantonschemiker Kurt Seiler ist besorgt, weil er bis heute keine Information vom Bund zur Regelung von S-Metolachlor im Trinkwasser erhalten hat: «Es wäre wichtig, diese Angaben zeitnah zu haben.» Zuständig ist das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Zwar kommt es den Entscheiden der EU nach, aber mit einer Verzögerung von sechs Monaten. Konkret heisst das: Am 1. Juli wird der Bund den Pestizidherstellern eröffnen, dass der Wirkstoff und alle Produkte mit S-Metolachlor verboten werden. Erheben diese innerhalb von 30 Tagen keine Beschwerde, wird den Kantonen im August mitgeteilt, dass S-Metolachlor im Trinkwasser nur noch zu 0.1 Mikrogramm pro Liter statt wie bisher zu 10 Mikrogramm vorkommen darf. Für die laxe Regulierung der Pestizide durch die Bundesverwaltung bezahlen die Haushalte mit höheren Gebühren für intensivere Grundwasserfiltrierung.

Wasserversorger schätzen, dass die Aufbereitung des Trinkwassers mehrere Hundert Millionen kosten wird, zum Beispiel durch Anlagen mit Aktivkohle. Mit dem Spritzmittel Chlorothalonil, das vor vier Jahren verboten wurde, gibt es in den meisten betroffenen Kantonen bis heute Probleme. Die Qualität des Trinkwassers hat sich seither nicht wesentlich verbessert. Für Kantonschemiker Kurt Seiler ist der Fall klar: «Das Vorsorgeprinzip hat versagt!» Wirkstoffe wie Chlorothalonil, die in der Umwelt kaum abgebaut werden, hätten nie zugelassen werden dürfen. 


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