Denknetz: konstruktive Skepsis

Freiheit, Gleichheit, Solidarität – das sind die edlen Werte des Schweizer Think Tanks «Denknetz». Obwohl sich unter seinen 600 Mitgliedern neben Privatpersonen linke Parteien und Gewerkschaften befinden, scheut sich die Organisation nicht, deren Grundannahmen zu hinterfragen. «Konjunkturprogramme gelten bei den Gewerkschaften als unumstritten, bei uns bezweifeln manche ihren Sinn», sagt Holger Schatz, Soziologe und wissenschaftlicher Redaktor des Denknetz. «Das kapitalistische Wachstumsmodell ist zu einseitig auf Geldwerte konzentriert.» Das Bruttoinlandprodukt, goldenes Kalb der Wachstumspolitik, messe weder informelle Leistungen noch Verteilung.
Das Denknetz organisiert Tagungen, betreibt eine Webseite und veröffentlicht Jahrbücher, zuletzt zum Thema «Krise. Lokal, global, fundamental». Bei der scharfen Gesellschaftskritik stellt sich die Frage, wie der Think Tank seine Ideen unter die Leute bringt. «In einem kleinen Land wie der Schweiz kann man einiges bewirken», so der aus Deutschland stammende Schatz. «Mit unserer eher theoretischen Orientierung haben wir zwar Mühe, die Bevölkerung zu erreichen.» Realpolische Ideen des Denknetzes wie die Allgemeine Erwerbsversicherung (AEV) würden bis tief in die Parteien diskutiert. Der Vorschlag: anstelle der komplexen Einzelversicherungen soll eine einheitliche, stützende und zugleich günstigere Sozialversicherung eingeführt werden. «Die SP bezieht sich in ihrem neuen Parteiprogramm indirekt auf das Konzept, viele Politiker wollen sich aber nicht ausdrücklich zu einer einzelnen Organisation wie das Denknetz bekennen – sie würden sich wohl angreifbar machen.» Dafür besässen sie eine unverkennbar humanitäre Linie.

Mitgliedschaft: Fr. 100.-/Jahr (Wenig und Nicht-Verdiendende 40.-), Jahrbuch inkl.
Weitere Informationen: www.denknetz-online.ch