Beten für das Gegenteil?

Es gab Zeiten, da war der grosse Aletschgletscher im Wallis mit seinen 23 Kilometern eine Gefahr, weil er wuchs. Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert lebte die Bevölkerung in Angst vor Seeausbrüchen, Geröll- und Schlammlawinen. Als «Gegenmassnahme» legten die Bewohner ein Gelübde ab, das von Papst Innozenz XI genehmigt werden musste.
Darin beteten sie um den Stopp der Ausdehnung des Gletschers. Während all die Jahre des jährlichen Gebetes schleuderte die Zivilisation Gift in die Luft und die Böden, pflanzte Monokulturen, industrialisierte die Landwirtschaft, verbaute Land mit Einkaufszentren und Autobahnen und verwandelte die fossilen Stoffe in Schall und Rauch.

Und, was geschah? Der Gletscher begann nun zu schmelzen und zu schrumpfen. Die Menschen jubeln nicht, sie sehen sich nun vor einer neuen Gefahr gegenüber: das Wasser für Vieh, Wiesen und eben Mensch droht zu versiegen. Wir befinden uns jetzt im aufgeklärten 21. Jahrhundert. Was tun? Weniger Stickstoffe in die Böden pumpen, weniger fossile Ressourcen verheizen, sparsamer Energie verschwenden, die Landschaft weniger zubetonieren, mehr Verantwortung gegenüber Umwelt übernehmen? Nein, eine neue Bewilligung des Heiligen Vaters einholen um nun in Prozessionen gegen den Gletscherschwund beten zu dürfen.Ich muss mal den Journalistenverband anrufen und fragen ob es auch ein Gebet gibt für mehr Leserinnen und Leser gibt oder ob ich einfach besser schreiben muss.Der passende


Buchtipp: «Der Dominoeffekt oder die unsichtbaren Fäden der Natur» von Gianumberto Accinelli, Verlag S. Fischer Sauerländer, ISBN 978-3-7373-5471-4