Eine neue internationale Wirtschaftsordnung ist kein Hirngespinst. Sie ist machbar.
Yanis Varoufakis über eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung und eine Neue Blockfreie Bewegung. Wir dokumentieren die Rede des ehemaligen griechischen Finanzministers vom 27. Januar in Kuba.
Wenn wir eine neuen Bewegung der Blockfreien Staaten aufnehmen wollen, um eine neue internationale Wirtschaftsordnung zu schmieden, müssen wir uns fragen: Warum haben wir das vorherige Mal versagt? Warum wurden wir in den 1980er und 1990er Jahren so umfassend besiegt? Warum ist die ursprüngliche Bewegung der Blockfreien dem Neoimperialismus in seiner höchsten Form zum Opfer gefallen: der finanzkapitalistischen Globalisierung?
Die kurze Antwort lautet: Weil sich die Kapitalisten in der Praxis als bessere Internationalisten erwiesen haben als wir. Weil sie den globalen Klassenkrieg besser verstanden und ihn somit gewonnen haben.
Was haben sie besser verstanden als wir? Den neuen, dreisten Imperialismus, der geboren wurde, als Bretton Woods 1971 starb und der US-Dollar nicht mehr in US-Gold konvertierbar war – was Nixon dazu veranlasste, ausländischen Kapitalisten und Regierungen gleichermassen mitzuteilen, dass der Dollar nun ihr Problem sei.
Nixon hatte Recht. Als das US-Handelsdefizit in die Höhe schoss, wurde die Welt mit Dollars überschwemmt. Die Zentralbanken ausserhalb der USA hatten keine andere Wahl, als sie (anstelle von Gold) als Reserven zu verwenden, um den Wert ihrer Währung zu sichern. Der Dollar wurde so zu einem … Schuldschein. Es dauerte nicht lange, bis das globale Finanzsystem durch Schuldscheine des US-Hegemons gestützt wurde, der entscheiden konnte, was die ausländischen Inhaber von Schuldscheinen mit ihrem Dollar-Guthaben tun konnten – und was nicht.
Die USA waren nun ein Defizitland, aber anders als alle anderen Defizitländer. Im Gegensatz zu Argentinien, Frankreich, Griechenland oder Indien brauchten die USA keine Dollars zu leihen, um ihre Währung zu stützen, oder die Zinssätze im Inland zu erhöhen, um den Geldabfluss zu stoppen. Jeder Kapitalist der Welt finanzierte bald amerikanische Rentiers und Kapitalisten. Und das funktioniert so:
Kapitalisten in Überschussländern wie Japan, Deutschland und später China sahen das US-Handelsdefizit als Retter an – als einen riesigen Staubsauger, der ihre Nettoexporte in die Vereinigten Staaten saugte. Und was taten die japanischen, deutschen und später chinesischen Kapitalisten mit all ihren Dollars? Sie schickten sie zurück in die Vereinigten Staaten, um Eigentum zu kaufen, das ihnen Renditen einbrachte: Immobilien, US-Staatsanleihen und die wenigen Unternehmen, die Washington ihnen erlaubte zu besitzen.
Washington hatte die Zauberformel gefunden, von der alle früheren Imperien nur geträumt hatten: Wie man wohlhabende Ausländer aus reichen und armen Ländern sowie jede ausländische Zentralbank dazu bringt, freiwillig, ohne die Marine oder die Armee zu schicken, die Regierung des Imperiums und seine Importe zu finanzieren!
Die Defizitländer im globalen Süden – in Asien, Afrika und Lateinamerika – quälten sich ständig mit einem Mangel an Dollars, die sie sich von der Wall Street leihen mussten, um Medikamente, Energie und die Rohstoffe zu importieren, die sie für die Produktion ihrer eigenen Exporte benötigten, um die Dollars zu verdienen, die sie für die Rückzahlung an die Wall Street benötigten. Es war unvermeidlich, dass den Defizitländern des Globalen Südens von Zeit zu Zeit die Dollars ausgingen und sie ihre Wall Street Kredite nicht zurückzahlen konnten. Dann schickte der Westen seine Gerichtsvollzieher – den Internationalen Währungsfonds, der die fehlenden Dollars unter der Bedingung verlieh, dass die Schuldnerregierung das Land, die Gewässer, die Häfen, die Flughäfen, die Strom- und Telefonnetze, ja sogar die Schulen und Krankenhäuser des Landes an die lokalen Oligarchen übergab, die, sobald sie die Kontrolle über diese Unternehmen und Vermögenswerte hatten, keine andere Wahl hatten, als ihre Gewinne an die Wall Street zu leiten.
Mit anderen Worten: Washington hatte die Zauberformel gefunden, von der alle früheren Imperien nur geträumt hatten: Wie man wohlhabende Ausländer aus reichen und armen Ländern sowie jede ausländische Zentralbank dazu bringt, freiwillig, ohne die Marine oder die Armee zu schicken, die Regierung des Imperiums und seine Importe zu finanzieren!
Die Vorherrschaft des Dollars war für die Interessen der US-Rentiers ebenso funktional wie für die deutschen, argentinischen, nigerianischen, koreanischen und chinesischen Kapitalisten.
Ein chinesischer Beamter beschrieb mir dies einmal als das dunkle Geschäft hinter der Globalisierung. Warum dunkel? Weil sie auf einem dunklen, unausgesprochenen, impliziten Pakt zwischen der herrschenden Klasse der USA und ausländischen Kapitalisten und Rentiers beruht. Lassen Sie es mich anders ausdrücken: Stellen Sie sich vor, Sie könnten die Hegemonie der USA mit einem Knopfdruck beenden. Wer würde Sie daran hindern wollen, den Knopf zu drücken? Neben den US-Behörden, dem US-Militär, der Wall Street, den amerikanischen Rentiers, den Kapitalisten usw. würde sich eine Schar von Nicht-Amerikanern auf Sie stürzen, um Sie daran zu hindern, den Knopf zu drücken: Deutsche Industrielle, saudische Scheichs, europäische Bankiers und, ja, chinesische Kapitalisten.
Kurz gesagt, die Vorherrschaft des Dollars war für die Interessen der US-Rentiers ebenso funktional wie für die deutschen, argentinischen, nigerianischen, koreanischen und chinesischen Kapitalisten. Ohne die globale Vorherrschaft des Dollars und der Vereinigten Staaten wären chinesische, japanische, koreanische oder deutsche Kapitalisten nicht in der Lage gewesen, aus ihren Arbeiterinnen und Arbeitern ständig kolossalen Mehrwert zu pressen und ihn dann in der amerikanischen Rentierwirtschaft zu bunkern. Und argentinische, griechische, russische, ukrainische und indische Oligarchen wären nicht in der Lage, den öffentlichen Kapitalstock ihrer Länder zu plündern und die Beute ins Ausland zu bringen, um sie in irgendwelchen Fonds in Delaware oder auf den Cayman-Inseln zu bunkern.
Die Lektion für uns ist einfach: Wir dürfen nicht den Fehler begehen, zu glauben, dass eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung entstehen wird, weil sich die Eliten des globalen Südens oder der Defizitländer zusammenschliessen, um Washington oder der Europäischen Union entgegenzutreten.
Unsere neue Bewegung der Blockfreien Staaten wird scheitern, wenn wir ihr die beschränkte Rolle zuweisen, die G77 und die BRICS in Opposition zum Westen zusammenzubringen. Wir müssen uns nicht nur vor den Funktionären in Washington, London oder Brüssel in Acht nehmen, die unermüdlich daran arbeiten, dass sich nichts ändert, sondern auch vor Regierungsbeamten, die den Kapitalisten im globalen Süden, einschliesslich China, in die Tasche greifen, die das Handelsdefizit der USA nutzen, um ihre Bevölkerung und ihr Land auszubeuten und dann den abgezweigten Mehrwert in den Kreisen der Wall Street und der City of London zu verstecken.
Wollen wir wahre Internationalisten sein? Dann sollten wir nicht vergessen, wer die Gruppe ist, die von der Abschaffung des US-amerikanischen Neokolonialismus wahrscheinlich am meisten profitieren würde: Die Arbeiterklasse in den USA selbst, die seit Jahrzehnten einen langsamen Tod in jämmerlichen, deindustralisierten Rostgürteln sirbt. Ja, wir sollten nie vergessen, dass die Opfer des Imperialismus sowohl in den Kolonien als auch im imperialen Kernland zu finden sind. Dass die derzeitige internationale Wirtschaftsordnung den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überall unterschiedliche Arten von Elend zufügt.
– Die Globalisierung zwang die US-amerikanische Arbeiterklasse in eine Verelendung, die durch Unterinvestition und Deindustrialisierung hervorgerufen wurde – es war, als ob Teile des unterentwickelten globalen Südens in die industriellen Kernländer Amerikas und Europas einwanderten.
– Die Globalisierung liess die chinesischen Arbeiterinnen und Arbeitern in den sich schnell industrialisierenden Küstenstädten Chinas unter der rasanten Ausbeutung leiden, die mit Überinvestitionen einherging – es war, als ob Teile des globalen Nordens, die durch Überinvestitionen gemästet wurden, in die chinesischen Metropolen abwanderten, wo die lokale Arbeiterklasse mit den Löhnen und Sozialleistungen des globalen Südens ums Überleben kämpfte.
Unterschiedliches Elend, gleiches globales Recycling von finanziellen Werten, die von der kapitalistischen Internationalen lokal extrahiert wurden.
Heute wird dieselbe Globalisierung – die auf US-Defiziten beruhte, die chinesisches Kapital fütterten, das wiederum amerikanische Rentiers finanzierte – durch einen Neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China ersetzt.
Heute wird dieselbe Globalisierung – die auf US-Defiziten beruhte, die chinesisches Kapital fütterten, das wiederum amerikanische Rentiers finanzierte – durch einen Neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China ersetzt, der eine unmittelbare Bedrohung für das Leben auf der Erde darstellt. Was steckt hinter diesem Neuen Kalten Krieg?
Chinas rasende Industrialisierung war für Washington kein Problem, solange das «dunkle Geschäft» funktionierte – solange die chinesischen Kapitalisten den Dollar brauchten, um das US-Handelsdefizit in ein Instrument zu verwandeln, mit dem sie den chinesischen Arbeiterinnen und Arbeitern den Mehrwert entziehen und ihn dann in amerikanischen Vermögenswerten bunkern konnten.
Wer das Cloud-Kapital kontrolliert, schnappt sich zunehmend den Mehrwert der Welt!
Was hat sich also geändert? Zwei Dinge. Die erste Veränderung war das Aufkommen einer neuen Art von Kapital – ich nenne es Cloud-Kapital. Nach der Definition von Karl Marx ist Kapital ein produziertes Produktionsmittel, z. B. Dampfmaschinen oder Traktoren, bis hin zu den heutigen Industrierobotern und 3D-Druckern. Was ist das Cloud-Kapital? Es handelt sich um ein internet- oder cloudbasiertes Produktionsmittel zur Verhaltensbeeinflussung..
Verhaltensbeeinflussung ist so alt wie Rhetorik, Predigten und Werbung. Doch bis zum Aufkommen von Big Tech konnten nur andere Menschen das Verhalten von Menschen beeinflussen: Redner, Priester, Werbeleute. Heute sind es Maschinen – unter Einsatz von KI –, die das Verhalten verändern. Wer das Cloud-Kapital kontrolliert, schnappt sich zunehmend den Mehrwert der Welt!
Wie erklärt der Aufstieg des Cloud-Kapitals den Neuen Kalten Krieg? Nun, diese Entwicklung ist der Grund dafür, dass erst Donald Trump und jetzt Joe Biden China ins Visier genommen haben. Lassen Sie mich erklären, warum.
Die Vereinigten Staaten von Amerika dominieren die Welt, indem sie das Finanzwesen durch die Wall Street und den Dollar beherrschen; und jetzt durch die Dominanz des Cloud-Kapitals durch das Silicon Valley. Aber China bedroht diese Vorherrschaft in beiden Bereichen: Geld und Cloud-Kapital. Allein heute hat WeChat, die mobile Messaging-App des chinesischen Unternehmens Tencent, 38 Milliarden Nachrichten übermittelt. Seine Nutzerinnen und Nutzer müssen die WeChat-App nicht verlassen, um eine Zahlung zu tätigen. Während sie auf ihrer WeChat-App Musik oder eine Fernsehserie streamen, nutzen sie dieselbe App, um Geld an jede und jeden in China, aber auch an Millionen ausserhalb Chinas zu senden, die WeChat heruntergeladen und ein Yuan-Konto bei einer beliebigen chinesischen Bank eröffnet haben.
Betrachten wir nun die andere Entwicklung von grosser Bedeutung: die Einführung der ersten staatlichen Digitalwährung, die von der Chinesischen Volksbank ausgegeben wird. Kurz gesagt, Chinas Konzerne und die Zentralbank verfügen jetzt über ein integriertes Zahlungs- und Datenaustauschsystem. Die einzige Geld- und Datenautobahn, die es mit der Wall Street, der Federal Reserve und dem Silicon Valley aufnehmen kann.
Enorme Geldströme begannen, sich neue Wege zu suchen.
Bis vor kurzem war diese chinesische Superautobahn weitgehend ungenutzt. Alle, auch Putins Lieblingsoligarchen und Chinas Kapitalisten, zogen die bewährte US-Autobahn für ihre Dollars vor. Doch dann marschierte Wladimir Putin in die Ukraine ein, und die USA übten Vergeltung, indem sie mindestens 300 Milliarden Dollar des Geldes der russischen Zentralbank beschlagnahmten bzw. einfroren. Plötzlich brach unter den nicht-amerikanischen Wohlhabenden Panik aus – nicht nur den russischen. Viele wollten jetzt erstmals die chinesische, auf Cloud-Kapital basierende Datenautobahn für Zahlungen, Verträge, Daten usw. nutzen. Enorme Geldströme begannen, sich neue Wege zu suchen.
Aus diesem Grund hat Präsident Biden im vergangenen Oktober China den totalen Wirtschaftskrieg erklärt. Sein Mikrochip-Embargo war ein Ehrfurcht gebietender Schlag gegen den chinesischen Technologiesektor, mit dem Biden hofft, ihn schwer zu verwunden, bevor er zu einer ausgewachsenen Bestie heranwachsen kann, die in der Lage ist, den vereinten Kräften von Silicon Valley und Wall Street zu widerstehen, ja sie sogar zu besiegen. Für den Weltfrieden wird sich daraus nichts Gutes ergeben, meine Freunde.
Noch nie waren wir einem nuklearen Armageddon näher als heute – die Weltuntergangsuhr, die Atomwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in den 1940er Jahren erfunden haben, um uns zu warnen, ist jetzt nur noch 90 Sekunden von der Katastrophe entfernt. Und das, ohne einen Blick auf die andere Uhr zu werfen, die bis zu dem Moment herunterzählt, an dem die Menschheit den Point of no Return der Klimakrise überschritten haben wird. Was unternimmt die weltweit herrschende Klasse, um diese beiden Katastrophen abzuwenden? Ihr Bestes, um die Menschheit über beide Klippen gleichzeitig zu stürzen! Das ist es, was sie tun. Und deshalb brauchen wir eine neue Bewegung der Blockfreien, die sich für eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung einsetzt.
Nur weil ein Regime mit dem US-Imperialismus auf Kriegsfuss steht, sollte es keinen Freifahrtschein für die Verletzung der Grundfreiheiten in diesem Land erhalten.
An dieser Stelle ist es hilfreich, zu klären, was es bedeutet, politisch und ethisch bündnisfrei zu sein.
Es bedeutet nicht, neutral zu sein. Wie wir in der Athener Erklärung erklärt haben, stehen wir fest auf der Seite der Überfallenen, der Opfer von Aggressionen – sei es in Palästina, im Jemen, in der Westsahara oder auch in der Ukraine. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Ersten sein, die den Missbrauch von Freiheiten und demokratischen Rechten kritisieren, wo immer er stattfindet. Unsere Neue Bewegung der Blockfreien muss die Freiheit von den so genannten Liberalen und Libertären zurückfordern – von Peru, wo heute Genossinnen und Genossen erschossen werden, bis zum Iran, wo mutige Frauen mutige Männer unter dem Slogan der »FRAUEN, LEBEN, FREIHEIT” anführen.
Aber, werden Sie einwenden, leistet das iranische Regime nicht Widerstand gegen den US-Imperialismus? Ganz genau. Aber nur weil ein Regime mit dem US-Imperialismus auf Kriegsfuss steht, sollte es keinen Freifahrtschein für die Verletzung der Grundfreiheiten unserer Genossinnen und Genossen in diesem Land erhalten.
Ich will damit sagen, dass eine wirklich blockfreie Bewegung dialektisch sein muss – wir müssen in der Lage sein, den Staat Iran gegen militärische Drohungen und Wirtschaftsembargos der USA zu verteidigen, aber zugleich die Progressiven im Iran zu unterstützen, die sich gegen die korrupte Theokratie des Regimes und die lokalen Agenten der CIA und des US-Aussenministeriums wehren.
«Was ist mit China?», werden Sie sich vielleicht fragen. Wie sollte die Neue Bewegung der Blockfreien Staaten die China-Frage angehen?
Wie folgt, würde ich vorschlagen:
Respektvoll, angesichts des von der chinesischen Bevölkerung herbeigeführten Wirtschaftswunders, dessen Errungenschaften wir gegen die Übergriffe des US-Imperialismus und des Neuen Kalten Krieges verteidigen müssen.
Und: Kritisch, nicht nur in Bezug auf die Grundfreiheiten, sondern auch in Bezug auf den Klassenkampf: Präsident Xi hat versprochen, sich mit Chinas Rentiers und Kapitalisten anzulegen, um die Einkommen der Arbeiterinnen und Arbeiter zu erhöhen, selbst auf Kosten der Nettoexporte des Landes. Dies wäre gut für die Mehrheit der Chinesinnen und Chinesen und ein Schritt in Richtung einer Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung, die sich deutlich von dem «dunklen Geschäft» unterscheidet, unter dem Chinas Wirtschaft bisher gewachsen ist. Ebenso wie eine chinesische Zusage, den Entwicklungsländern ihre hochverzinslichen Schulden zu erlassen. Wir müssen Peking ermutigen, sich in diese Richtung zu bewegen und Kritik üben, wenn es davon abweicht.
Wie stellen wir uns die Neue Internationale Wirtschaftsordnung genau vor?
Jeder Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung erfordert einen grossen Grünen Investitionsfonds. Bruno Rodríguez Parrilla, der kubanische Aussenminister, bezifferte auf einem kürzlichen G77+China-Treffen die erforderliche Summe auf 3,3 bis 4,5 Billionen Dollar jährlich. Ich sage, dass nichts weniger als 10 Billionen Dollar nötig sind.
Ist das machbar? Technisch gesehen ist es natürlich möglich. Stellen Sie sich eine neu gestaltete Weltbank vor, die von einer digitalen Währung gestützt wird, die von einem neu gestalteten Internationalen Währungsfonds ausgegeben wird, auf der alle Kapital- und Handelsströme lauten; eine Weltbank, die 10 % des weltweiten BIPs in den grünen Wandel investiert, insbesondere in den Entwicklungsländern. Ein globaler Grüner Keynesianismus.
Der Grüne Keynesianismus kann jedoch aus den von Michal Kalecki vor Jahrzehnten genannten Gründen nicht funktionieren: Denn selbst wenn die Bourgeoisie in Panik gerät und keynesianische Massnahmen ergreift, um ihre Haut zu retten, werden die herrschenden Klassen diese Massnahmen in dem Moment, in dem sie anfagen Früchte zu tragen, und lange bevor sie ihre Wirkung entfalten, zugunsten ihrer üblichen Extraktionspolitik aufgeben. Es liegt in der Natur der Kapitalistenklasse, genau den Weg zu blockieren, der zu ihrer eigenen Rettung führt.
Das bedeutet nur eines: Um die notwendige grüne keynesianische Politik umzusetzen, müssen wir zuerst etwas tun, was Keynes hassen würde: Die Demontage des globalen Kapitalimperiums, das lieber das Ende der Welt sieht als die Umsetzung der ökologisch-keynesianischen Politik, die die kollektive Katastrophe abwenden könnte.
Das Ende der Macht des Kapitals über die Gesellschaft wird es den menschlichen Gemeinschaften ermöglichen, kollektiv über Gesundheitsversorgung, Bildung und Investitionen zur Rettung der Umwelt vor unserem virusartigen Wachstum zu entscheiden.
Wie können wir das tun?
Unsere Revolution muss die Technologie nutzen, die Big Tech jetzt entwickelt und die uns die Mittel an die Hand geben kann, um zu kommunizieren, zu kooperieren und dem Imperium des Kapitals weit und breit Schläge zu versetzen. Um ein erstes Beispiel zu nennen, erwähne ich die jährliche #MakeAmazonPay-Kampagne der Progressiven Internationale. Ist es nicht eine köstliche Ironie, dass Big Tech dem Kapital die Fähigkeit geraubt hat, uns für immer zu spalten? Alles, was wir tun müssen, ist, diese digitalen Technologien zu nutzen, um zusammenzukommen und den unmöglichen Traum in einen offensichtlichen Plan zu verwandeln.
Aber was bedeutet es in der Praxis, das Imperium des Kapitals zu stürzen? Wie kann die Menschheit ihr geplündertes Gemeingut zurückerobern, an Land, in den Ozeanen, in der Luft und bald auch im Weltraum?
Auf zwei Arten: Indem man Gesetze erlässt, die besagen, dass Unternehmen denjenigen gehören, die in ihnen arbeiten, und zwar auf der Grundlage «ein Mitarbeiter – eine Aktie – eine Stimme». Und indem man den Geschäftsbanken das Monopol über die Transaktionen der Menschen entzieht.
Banken und Profit werden dann als treibende Kräfte unserer Volkswirtschaften verkümmern, weil die Banken entmachtet werden und die Unterscheidung zwischen Profit und Lohn keinen Sinn mehr macht: Jede und jeder wäre gleichberechtigte(r) Anteilseigner(in) an den Unternehmen, in denen sie oder er arbeitet.
Das gleichzeitige Ende des Aktienmarktes und des Arbeitsmarktes sowie die Einhegung der Banken werden automatisch zu einer Umverteilung des Reichtums führen, ein Grundeinkommen für alle ermöglichen und – als wunderbares Nebenprodukt – die Anreize zum Führen von Kriegen beseitigen.
Das Ende der Macht des Kapitals über die Gesellschaft wird es den menschlichen Gemeinschaften ermöglichen, kollektiv über Gesundheitsversorgung, Bildung und Investitionen zur Rettung der Umwelt vor unserem virusartigen Wachstum zu entscheiden.
Echte Demokratie wird endlich möglich sein, und zwar in den Versammlungen der Bürgerinnen und Arbeiter und nicht hinter verschlossenen Türen, wo sich geheimnisvolle Oligarchen treffen.
Diese doppelte Demokratisierung des Kapitals und des Geldes klingt wie ein unerfüllbarer Traum – aber nicht unrealistischer als die Ideen des allgemeinen Wahlrechts oder der Entmachtung der Aristokratie einst klangen.
Diese doppelte Demokratisierung ist nichts weniger als die Voraussetzung für das Überleben unserer Spezies – so einfach ist das.
Das sind die Aufgaben der Neuen Blockfreien Bewegung, die wir jetzt aufbauen müssen.
Ihr letztendliches Ziel? Die Beendigung des legalisierten Raubes an den Menschen und der Erde, der die Klimakatastrophe anheizt. Nichts weniger als die totale Überwindung der Autorität des Kapitals über unsere Gesellschaften kann uns vor dem Verderben bewahren und unseren Planeten retten.
Freunde, Genossinnen und Genossen, dies ist keine Übung. Und es ist kein Hirngespinst. Wir können es schaffen! Gemeinsam.
von:
Kommentare
No Promlem
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