Emma Goldman: die «gefährlichste Frau Amerikas»
Menschen, die sich von ihrem Gewissen leiten lassen, faszinieren uns zu Recht. Weitere Porträts finden Sie in unserer Zeitpunkt-Printausgabe «Die letzte Instanz».
Eine Frau, die so wichtige Bewegungen wie Anarchismus, Feminismus, Friedensbewegung und Freie Liebe inspiriert hat, sollte zu den bekanntesten Namen der Geschichte gehören. Noch immer fristet die Amerikanerin jüdisch-litauischer Herkunft aber ein Schattendasein in anarchistischer Spezialliteratur. Ihrer Zeit weit voraus, dachte (und lebte) Emma Goldman die sexuelle Selbstbestimmung. Wo keine Gefühle bestünden, könne die Ehe sie nicht herstellen, und wo sie existierten, brauche es die Ehe nicht, sagte sie. Zu einer Heldin des Gewissens wurde sie, weil sie mehrfach für ihre Überzeugung ins Gefängnis ging. 1993 wurde Goldman wegen «Anstiftung zum Aufruhr» zu einem Jahr Haft verurteilt. Sie hatte Arbeiter dazu aufgefordert, sich Brot zu nehmen, wenn ihnen Arbeit verweigert würde. 1916 wurde die Aktivistin verhaftet, weil sie Informationsmaterial über Geburtenkontrolle verteilt hatte. Sie prangerte vor allem die sozialen Ursachen von Abtreibungen an. Ihr dritter Gefängnisaufenthalt folgte 1917 wegen «Verschwörung zur Verhinderung der Einberufung zur Armee.» Emma Goldman: «Der größte Vorposten des Kapitalismus ist der Militarismus.»
1919 wurde die «gefährlichste Frau Amerikas» nach Russland deportiert. Nach anfänglichen Sympathien wandte sie sich rasch von den Bolschewisten ab, die schon damals eine Schreckensherrschaft errichteten. Sie glaubte, «dass jede kommende Revolution zum Untergang verdammt ist, wenn das, was Lenin den militärischen Kommunismus nannte, der Welt aufgezwungen werden sollte.» 1936 ging Emma Goldman nach Spanien, um die Republik im Kampf gegen Franco zu unterstützen. Auf ihrem Grabstein steht: «Freiheit wird nicht zu einem Volk herabsteigen; ein Volk muss sich selbst zur Freiheit erheben.»
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