"Kooperation statt Wandelnde Ich-AGs"

Die Frühlingsgedanken von Bernhard Fricke betreffen ernsthafte Themen wie Amoklauf, Kapitalismus und Gaza-Krieg. Der Autor vermittelt aber auch, was ihm Mut macht.

Der ganze Kosmos ist in Kooperation.
Und das gleiche gilt für Menschen, Tiere, Bäume und die Erde.
Wenn wir unser Leben nicht auf diese Wahrheit bauen, werden wir aussterben.
B. Bhikku


diesen Gedanken der Kooperation, das heisst, dass das Wohlergehen des Einzelnen durch seine Gedanken, Gefühle und Handlungen immer auch zum Wohlergehen des Ganzen beitragen sollte, scheinen wir in einer Zeit wandelnder Ich-AGs immer mehr aus den Augen zu verlieren. Dabei wird die Überlebensfähigkeit unserer egomanisierten Gesellschaft jeden Tag deutlicher in Frage gestellt: Der Kollaps der (in der Ideologie ewig) bestehenden Finanz- und Wirtschaftsordnung, die immer mehr in Unordnung gerät, ist auch durch die immer panischer werdenden staatlichen Rettungsversuche nicht mehr aufzuhalten. Wesentliche finanzielle Ressourcen unseres, d.h. aus Steuergeldern finanzierten Volksvermögens, werden zur Stabilisierung eines instabilen Systems nutzlos vergeudet.


Der Begriff des "Kapital-Verbrechens" bekommt in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung! Das besondere Problem besteht nur darin, dass diese Spezies der "Kapital-Verbrecher" nicht in den Knast wandern, sondern mit hohen Abfindungen für ihre in höchstem Maße gemeinschaftsschädlichen Un-Taten belohnt werden. Dadurch wird das Vertrauen in die Grundlagen unserer gesellschaftlichen Ordnung immer mehr ausgedünnt. Wenn die Devise politischer und wirtschaftlicher Führer (die per se eine Vorbildfunktion haben) lautet, unter allen Umständen den maximalen finanziellen und persönlichen Gewinn zum obersten Ziel zu machen, dann dürfen wir uns über die ansteckenden Auswirkungen auf das "gemeine Volk" nicht wundern.


So schrecklich der Amoklauf für alle Betroffenen gewesen ist, so war dieses Ereignis in gewisser Weise vorhersehbar: ähnliche Schreckenstaten haben sich in jüngster Zeit mit riesenhafter medialer Verbreitung in den USA und in Finnland ereignet. Die Brutalisierung unserer medialen Berichterstattung bei gleichzeitigen Werteverlusten und einer zunehmenden Sinnentleerung führt fast zwangsläufig zu einer Verrohung und tragischer Weise zu einer Nachahmung. Der reflexartig folgende Ruf nach schärferen Gesetzen und noch mehr staatlicher Überwachung geht an den Wurzeln des Übels vorbei.


Die wachsende Arbeitslosigkeit nach einer kurzfristigen wirtschaftlichen Scheinblüte wird mit Sicherheit in absehbarer Zeit zu einer Verschärfung der gesellschaftlichen Verteilungskämpfe um geringer werdende öffentliche Ressourcen führen.


Leider müssen wir bei einem Blick über die Grenzen nach Israel feststellen, dass unsere Befürchtung hinsichtlich des mit äusserster Brutalität geführten Gaza-Krieges eingetreten ist: er hat zu einer noch größeren Polarisierung der israelischen Bevölkerung geführt. Mit der neuen politischen Führung hat der Friedensprozess im "heiligen" Land keine Chance.


Unsere einzige Chance liegt darin, in allen unseren Lebensbereichen zu einer Welt der Kooperation und des partnerschaftlichen Miteinanders mit allen Menschen, Tieren und Pflanzen beizutragen.


Auf diesem Weg können wir uns eine begründete Ermutigung z. B. durch Taschen-Bücher des leider inzwischen verstorbenen Spiegel-Korrespondenten Tiziano Terzani holen, wobei mich besonders die Lektüre von "Das Ende ist mein Anfang" (ein intensives und bewusstes Abschiedgespräch mit seinem Sohn) und "Noch eine Runde auf dem Karussell" nachhaltig beeindruckt haben.

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Der Autor, Bernhard Fricke, ist Anwalt und Umweltaktivist aus München (Verein "David gegen Goliath"). Außerdem betreibt er eine Begegnungsstätte für Mensch und Tier ("Die Sonnenarche") im Chiemgau. Tiere (z.B. Schafe, Pferde und Schweine) können dort artgerecht leben, ohne nach ihrer "Verwertbarkeit" beurteilt zu werden.
19. März 2009
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