Schuldenturm für Arme

Immer mehr Menschen droht Gefängnis, weil sie selbst relativ geringe Strafen nicht mehr zahlen können. Faktisch wird somit die Armut selbst gestraft - übrigens auf Kosten der Steuerzahler.

Die von Politik und Wirtschaft systematisch vorangetriebene Verarmung breiter Bevölkerungsschichten hat eine Nebenwirkung, die bisher zu selten beachtet wird. Da gleichzeitig oft immer härtere Strafen verhängt werden, kann sich nicht mehr jeder die Strafen für Bagatelldelikte leisten. Damit drohen den Zahlungsunfähigen aber Ersatzstrafen - und das sind meist schockierend lange Aufenthalte im Gefängnis. Ich möchte damit Gesetzesverstöße nicht idealisieren. Tatsache ist aber, dass eine Strafe wegen Schwarzfahrens, die sich ein Wohlhabender locker leisten kann, für den Sozialhilfeempfänger existenzbedrohend werden kann. Denn wenn er nicht gleich zahlt, summieren sich Mahn- und Inkasso-Gebühren. Reiche besitzen also die Freiheit zu begrenzter Gesetzesübertretung, Arme sind zu einer fast unmenschlichen Makellosigkeit gezwungen.

Gefängnis ist historisch gesehen die Fortsetzung der Leibesstrafe und der Folter mit verfeinerten Mitteln. Gefängnis bedeutet Erniedrigung und bewusste Zufügung seelischer Qualen. Es sollte also, wenn überhaupt, nur mit äußerster Behutsamkeit angewandt werden. Wenn Gefängnis als Sanktion für Schwarzfahren leichtfertig zur Gewohnheit gemacht wird, ist die Strafe selbst ein ungleich größeres Verbrechen als das Vergehen - eine Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Hier ein Artikel über Schwarzfahrer in Berlin.

http://www.jungewelt.de/2009/04-21/037.php
21. April 2009
von: