Wahlbetrug in Dresden zieht Kreise

Der Staatsschutz ermittelt und prüft auch die Landeswahlleiter
Veröffentlicht: 4. Sep 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 4. Sep 2024

Am Montag wurde bekannt, dass in zwei Dresdner Wahlbezirken im Norden der Stadt bei zunächst 100 Briefwahldokumenten die ursprünglichen Kreuze überklebt und die Stimmen zugunsten der rechtsextremen Freien Sachsen gefälscht wurden. Die Stadt Dresden stellte inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Wahlbetrug. Der Staatsschutz ermittelt.
Wie BILD erfuhr, seien die Kreuze im Bereich Langebrück – meist jene für den CDU-Politiker Christian Hartmann (49) – «ganz dünn und sehr professionell überklebt worden, sodass man es kaum sehen konnte». Profiteur des Betruges ist Freie-Sachsen-Kandidat Dietmar Grahl, einst Dresdner Kreischef der Neonazi-Truppe NPD. Wahlhelfer hätten dies anfangs nicht erkannt. Die neuen Kreuze bei der Erst- und Zweitstimme des Freie-Sachsen-Kandidaten seien äußerst professionell gefälscht worden, hieß es.
Da es sich bei den geklauten Stimmen laut BILD-Informationen ausschliesslich um Briefwahlunterlagen handelt, geraten nun Personen in den Fokus der Ermittler, welche mit den Wahlbriefen nach der heimischen Stimmabgabe in Kontakt gekommen sind. Dies könnten Mitarbeiter in zwei Pflegeheimen sein – aber auch Postboten, Kuriere oder Mitarbeiter in Brief-Verteilzentren. 

Und die Sache zieht weitere Kreise. Auch der Landeswahlleiter ist inzwischen aktiv geworden. Demnach würden jetzt alle Wahlbezirke überprüft, in denen die Freie-Sachsen-Kandidaten überproportional viele Stimmen holten. Nach BILD-Informationen gibt es bereits erste Hinweise, dass der Betrug auch in anderen Wahlkreisen in Sachsen stattgefunden hat. Sollten auch in anderen Wahlbezirken entsprechende Betrügereien aufgedeckt werden, könnte dies etwa für die FDP dramatische Folgen haben. Den Liberalen fehlen nämlich nur einige Dutzend Stimmen bis zur 1-Prozent-Marke, die für die Erstattung von Wahlkampfkosten wichtig ist. Inzwischen teilten die Behörden mit, dass weitere Manipulationen festgestellt worden seien. Demnach liegen der Dresdner Polizei 14 Stimmzettel aus zwei Wahlbezirken des Kreises Radeberg vor, bei denen Unbekannte ebenfalls das von Briefwählern gesetzte Kreuz auf dem Stimmzettel überklebt und durch ein Kreuz bei der Partei «Freie Sachsen» ersetzt haben. Die Gesamtzahl der gefälschten Stimmzettel hat sich auf 130 erhöht. Aktuell beraten Vertreter des Landeswahlleiters über das weitere Verfahren. Bis dahin allerdings ist die Wahl zumindest im Dresdner Norden ungültig. Nach der Rechenpanne zur Sitzverteilung im neuen Landtag ist der Dresdner Wahlbetrug bereits der zweite schwerwiegende Zwischenfall bei der sächsischen Landtagswahl.


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