Skandal um Nestlé-Mineralwasser 

Mit verbotenen Methoden gereinigtes Wasser als «natürliches Mineralwasser» verkauft
Veröffentlicht: 5. Sep 2024 - Zuletzt Aktualisiert: 5. Sep 2024

Natürliches Mineralwasser muss kaum behandelt werden, denn es ist von «ursprünglicher Reinheit». So steht es im Gesetz. Erlaubt sind nur wenige Methoden. UV-Licht und Aktivkohlefilter gehören nicht dazu. Genau diese hat Nestlé aber verwendet. Betroffen waren die Marken Perrier, Vittel, Hépar und Contrex. Die Qualität von Mineralwässern wäre eben nicht immer gleich, rechtfertigte sich der Konzern. Als Nächstes kam durch Recherchen von «Le Temps» zu Tage, dass Nestlé auch beim Mineralwasser Henniez in der Schweiz Aktivkohlefilter verwendet hatte. Inzwischen habe man die verbotene Praxis aber wieder eingestellt, teilte das Unternehmen mit. Der Verstoss war kein isoliertes Vorkommnis. Die Europäische Kommission bestätigte am 24. Juli, dass Nestlé seit den 1990er-Jahren französisches «Mineralwasser» mit verbotenen Methoden filtert. Der Betrug sei «beispiellos», schreibt das französische Medium «Mediapart». Es gehe um drei Milliarden Euro und einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren, schreibt Daniela Gschweng auf INFOsperber. 

Nestlé habe seit den 1990er-Jahren mit verbotenen Methoden gereinigtes Wasser als «natürliches Mineralwasser» verkauft, fasst die Konsumentenorganisation Foodwatch zusammen. Falls sich das wirklich so zugetragen habe, handle es sich um «jahrzehntelangen, systematischen Betrug», sagt Ingrid Kragl von Foodwatch Frankreich. 

Das existierende amtliche Kontrollsystem in Frankreich sei nicht «darauf ausgelegt, Betrug in der Branche der natürlichen Mineralwässer und Quellwässer aufzudecken». Die Reinheit von Mineralwasser wird also nicht richtig kontrolliert, und wenn dennoch ein Verstoss entdeckt wird, hat er kaum Folgen. Dazu passt, dass die französische Regierung bereits 2021 von Nestlé informiert worden sein soll. Diese Information sei laut Foodwatch aber weder an die Europäische Kommission noch an andere EU-Mitgliedsstaaten weitergegeben worden.
Ein Skandal wie in Frankreich könne sich aber ganz leicht auch in Deutschland ereignen, schätzt Foodwatch, das Nestlé Waters und Sources Alma im Februar verklagt hat. Auch dort fehle es an Personal, die Struktur der Behörden sei äusserst anfällig für Interessenkonflikte, die Kommunikation träge. Es gebe auch kein Transparenzgebot, kritisiert Foodwatch.


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