Der Ökonom Christoph Schaltegger von der Uni Luzern brachte kürzlich die Erkenntnisse seiner Studie im Finanzblatt «Finanz & Wirtschaft»: «Die Einkommensungleichheit in der Schweiz ist über die letzten 100 Jahre sehr stabil geblieben. Die obersten 10 Prozent der Bevölkerung vereinen recht konstant rund 30 Prozent des Gesamteinkommens auf sich.»
Schaltegger stützt jedoch seine Analyse nur auf die versteuerten Einkommen und dabei bleibt ein unerklärter Rest von 218 Milliarden Franken. Die Frage ist, wie ungleich diese 218 Milliarden verteilt sind. Hier spielen Einkommenssteuerbefreiungen, unterschiedliche Pensionskassenbeiträge, betriebliche Vorsorgeansprüche und Vermögenseinkommen eine Rolle.
Und was mit den steigenden Mieten? Entgehen Schaltegger so manche Details? Nimmt er die Realität nur durch den Filter der von ihm sehr selektiv ausgewählten Statistiken wahr? Ein Ehepaar mit zwei Kindern kommt bei einem Mindest-Stundenlohn von 23.90 Franken auf ein monatliches Familieneinkommen von 5000 Franken brutto oder 4300 netto. Dieses Geld ist schnell ausgegeben, es reicht nicht einmal.
Bei finanziellen Engpässen greifen die «weiteren Massnahmen des Staates», die Schaltegger verhindern will, schon längst: Wohngeld, Krankenkassenzuschüsse, AHV-Ergänzungsleistungen, Sozialhilfe. Sie sind aber notwendig, damit «unsereins» weiterhin an der Ladenkasse bedient, im Altersheim gepflegt, am Flughafen abgefertigt wird und damit wir im Restaurant und im Hotel nicht noch mehr bezahlen müssen.
Warum löst oder entschärft der Staat das Problem nicht auf viel elegantere Art – indem er Mindestlöhne vorschreibt, von denen man leben kann, fragt Info-Sperber-Autor Werner Vontobel.
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