«Soziale Selbstverwirklichung»

Die heutige öffentliche Moral heisst Lebenskunst

Ich trete ein für eine Ethik der Selbstsorge. Die heutige öffentliche Moral heisst Lebenskunst. Dabei denke ich nicht an so etwas wie eine simple Präsentation von Normen und Werten, ein Moralisieren über die Eindämmung asozialen Verhaltens im öffentlichen Raum oder Appelle des Staates an seine Bürger. Eine Moral muss man sich in einem langwierigen Bildungsprozess und durch die beständige Pflege seines wirklich praktizierten Lebensstils aneignen. Eine öffentliche Moral ist eine Haltung, die sich die Bürger kollektiv zulegen, indem sie in ihrer Alltagspraxis einen eigenen, verantwortlichen Lebensstil ausbilden. Ich plädiere für eine neue Kultur der Selbstverantwortung, eine «soziale Selbstverwirklichung»: eine kollektive Lebensform, in der sich Menschen achtsam und kreativ und ebenso bescheiden wie selbstbewusst darum bemühen, nicht auf  Kosten anderer oder auf Kosten ihrer selbst, sondern gemeinsam und unter Rücksichtnahme auf andere mehr aus ihrem Leben zu machen.   


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Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem Buch von Josef Dohmen «Wider die Gleichgültigkeit – Plädoyer für eine moderne Lebenskunst», das Ende November im Verlag rüffer&rub erscheint. (380 S. Geb. Fr. 38.—/€32.–)
Das Buch behandelt Fragen nach dem wahrhaftigen Leben, nach Freundschaft und Selbstwirklichung oder «Wie werde ich ein freier Geist?»


Josef Dohmen (*1949) ist Professor für Philosophie und praktische Ethik an der Universiteit voor Humanistiek in Utrecht, Niederlande. Seine Schwerpunkt-Themen sind Lebenskunst, Moralerziehung und Alter. Sein Buch ist ein gute Einstimmung auf die Frage nach Selbstverwirklichung und sozialer Verantwortung, mit der sich der Mensch ein ganzes Leben lang immer wieder auseinandersetzen muss.

07. November 2014
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