«es» singt

«Paz Cantamos» 3. Gross-Singen in Bern: Samstag, 14. September 2013

Durch Lieder in Einklang kommen – das Singprojekt «StimmVolk» will zu einer sinnlichen Politik anregen und Brücken bauen von Herz zu Herz. Rund Tausend Menschen besingen jeweils im Herbst auf dem Berner Münsterplatz die Welt; zwei Unentwegte standen am Anfang.    
   
Ein singendes Menschenmeer,  Frauen, Männer, Kinder, jung und alt, gemeinsam im Klang ihrer Stimmen, eine offene Einladung zum Mitsingen eingängiger Lieder aus aller Welt ...
Was Karin Jana Beck und Matthias Gerber einst als vagen Traum hegten, wurde Schritt für Schritt Wirklichkeit. Bereits zum dritten Mal findet im Herbst 2013 auf dem Berner Münsterplatz das Gross-Singen «La paz cantamos» statt. Die beiden vergangenen Jahre trafen sich hier um die tausend Leute zum Singen. Wie berührend dieser Sommerausklang für die Teilnehmenden ist, kann nur erahnen, wer die glücklichen Gesichter auf den Videos von StimmVolk betrachtet: Menschen, die aus purer Freude und vollem Herzen singen. Und dies notabene ohne jede akkustische Verstärkung. Unmerklich entsteht dabei das Gefühl, dass «es» singt und eine Kraft entsteht, die übersteigerte Ideologien, Dogmas oder Trennendes zwischen den Menschen einfach wegspült. Aus dieser Kraft heraus ist der Verein StimmVolk entstanden.


Spielen aus Freude
Karin Jana Beck und Matthias Gerber sind schon seit über zwanzig Jahren musikalisch unterwegs. Zu ihrer Leidenschaft gehört es, Lieder aus ethnischen und spirituellen Kulturen aller Welt zu sammeln und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Es sind «Lieder des Herzens», die aufbauende Kraft in die Welt senden sollen.
In einer Ausbildung für Kunst und Ausdruck fanden sich die beiden Schaffensfreudigen und machten sich gemeinsam auf den Weg. Matthias Gerber, der einst in verschiedenen Folk-Formationen als Geiger gewirkt hatte, entstaubte sein Instrument, als Karin Jana Beck ihre ersten Handorgel-Versuche unternahm. Was zaghaft in der guten Stube begann, sprach sich bald im Freundeskreis herum.
Das musizierende Paar wurde immer öfters zum Aufspielen gebeten, an Geburtstagen, Festen und kleinen Anlässen. Sie pflegten einen lebendigen Austausch und bewegten ihr Publikum zum Mitsingen und Tanzen. Das Musikduo Duenda war geboren. Die Begabung, andere zum Mitsingen zu bewegen und die «Medizin» eines Liedes spürbar zu machen, führte schon bald zur Entstehung erster Singkreise unter ihrer Leitung. Später entstanden weitere thematisch fokussierte Chöre wie etwa der Herbst-Chor, der mit Liedern Sterbende und ihre Angehörigen beim Abschied begleitete.


Für etwas singen
Doch das genügte den beiden nicht. «Als wache und interessierte Menschen ist es uns ein Anliegen, etwas für eine lebenswerte Welt und für unsere Nachkommen zu tun.» Dies in Form von Parteipolitik umzusetzen, lockte sie aber wenig. Als Karin Jana eines Sommers regelrecht die Luft ausging und ihre Stimme der alarmierend hohen Ozonwerte wegen versagte, ging sie an die Öffentlichkeit. Gemeinsam mit Greenpeace kämpfte sie, klagte sogar auf juristischem Weg – ohne Erfolg.
Das war ein Wendepunkt. Ein intensiver Traum machte ihr die transformierende Kraft des Singens bewusst. Ein plötzlicher Hirnschlag, den sie erlitt, rüttelte sie zutiefst auf und bestärkte sie darin, dass gemeinsames Singen vielen Menschen den Zugang zur Kraft und Lebensfreude öffnen kann. «Nicht über Kampf, sondern konstruktiv und hörbar wollte ich die Sache nun angehen.  Ich erkannte Gesang als Ausdruck davon, dass ich nicht ohnmächtig, nicht stimm- und sprachlos bin. Die Erfahrung,  für etwas zu singen, machte ich erstmals bewusst, als wir mit Mundschutz und Transparenten durch die Winterthurer Gassen zogen und mit  «Zäuerli» und Naturjodeln für saubere Luft sangen. Menschen von links bis rechts, von jeglicher Herkunft und Kultur konnten wir ansprechen – unser Anliegen war nicht mehr zu schubladisieren, es war nur noch menschlich.»

 
Gemeinsamer Liedquell
Immer grösser wurde der Wunsch, diese Kraft in Form eines konkreten Projekts auch gesellschaftspolitisch zu leben: 2008 kam ein erstes StimmVolk-Austauschtreffen zustande, im Januar 2009 wurde der Verein StimmVolk gegründet und erste StimmVolk-Singgruppen starteten in Winterthur, Laupen/BE und Basel. Inzwischen gibt es schweizweit bereits zehn Singgruppen, neu auch in der Romandie und im Tessin. «Jede Gruppe hat ihren eigenen Stil und Charakter. Unsere gemeinsame Verbindung ist die Leitidee von Gewaltfreiheit und Herzverbundenheit, nach der wir auch alle Lieder auswählen», sagt Matthias Gerber. Das gemeinsame Liedgut ermögliche den Singgruppen, überall dort spontan und ohne viel Üben zusammen tätig zu werden, wo Lieder tragen und transformieren können.


Den Drachen erweichen
Was in einem georgischen Märchen einem einfachen Sänger aus Liebe zu seiner Prinzessin gelingt – mit der Stimme des Herzens den Drachen zu erweichen – ist auch der Traum von StimmVolk. Gesungen wird, wo immer es diese Kraft braucht, für Gemeinschaft, Liebe und Heilung. Das Vertrauen in die Kraft des Liedes begleitet die nächste Aktion, die in einer kleineren Gruppe durchgeführt wird. Anstatt den Feuerdrachen in Form eines AKWs zu bekämpfen, wird er besungen.Ob er wohl lauscht, wenn ihm gesummt wird von der Angst der Menschlein vor seiner unbändigen Kraft oder von deren Hoffnung, dass er mit ihnen wirken werde für eine enkeltaugliche Zukunft?
                   
Links:
www.stimmvolk.ch  – mit Liedersammlung und Infos zum Gross-Friedens-Singen in Bern

www.tschatscho.ch  Die Seite von Matthias Gerber und Karin Jana Beck. U.a. im Angebot: Vier Doppel-CDs mit insgesamt 200 Liedern zum gemeinsamen Singen, inkl. Texten, Akkordangaben und Aufnahmen der Einzelstimmen. Empfehlenswert




«Paz Cantamos»
3. Gross-Singen in Bern: Samstag, 14. September 2013
13.00-14.30 Gemeinsame Einstimmung in der Heiliggeistkirche beim HB Bern
15.30- ca.16.45 Gross-Singen auf dem Münsterplatz
Alle – ob gross oder klein – sind herzlich willkommen!
12. September 2013
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