Was braucht der Mensch wirklich?
Der Künstler Wilm Weppelmann fand 30 Antworten auf einer 30 m2 grossen Insel
Den ganzen sonnigen Monat September auf einer schwimmenden Garteninsel wohnen. Morgens Gemüse giessen, mittags in der Sonne sitzen, abends ernten. Unter dem Motto «Was brauche ich wirklich?» nur die eigenen Grundbedürfnisse ergründen. Was könnte es Schöneres geben? Doch: «Bloss weg hier!», befand der Aktionskünstler Wilm Weppelmann am Ende seiner Zeit auf der «aaFARM» im Aasee der norddeutschen Stadt Münster.
Nun erzählt der 57-Jährige in seiner Wohnung mit junger, heller Stimme, wie sich die Zeit dehnte wie Kaugummi, wie glücklich er war, wieder ans Festland zu dürfen. «Am schlimmsten war die Handlungsohnmacht. Kein Auslauf. Keine Abwechslung.» Weppelmann springt auf, wirft Presseartikel auf den Tisch, hunderte von Texten sind über ihn erschienen, an die 3000 Mails hat er erhalten. Noch nie brachte dem Konzeptkünstler und Fotografen eine Aktion «so viel Resonanz» ein. Er lacht dazu, so laut und herzlich, dass alle bösen Geister sich verkriechen.
30 Tage lang hat er auf 30 Quadratmetern Insel, erleuchtet von 30 Kerzen plus Solarlampe, seine 30 Grundbedürfnisse zwischen Fressen und Moral in einem Notizbuch beschrieben. Hat jeden Tag ein Bedürfnis genauer erkundet, sich einen Reim mit 30 Worten daraus gemacht und den per Sprachrohr morgens, mittags und abends in die Ohren seines Fanpublikums am Ufer gerufen. Als da wären, alphabetisch geordnet: Bewegung, Bildung, Familie, Friede, Geld, Gesundheit, Heimat, Humor, Kleidung, Kommunikation, Kultur, Lebensfreude, Licht, Luft, Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Mobilität, Nahrung, Obdach, Religion, Respekt, Ruhe, Schlaf, Selbstbestimmung, Sexualität, Sprache, Strom, Wärme, Wasser.
Der Künstler, umgrünt von Kräutern auf seiner Fensterbank, zitiert den US-Schriftsteller Henry David Thoreau, der in «Walden» das einfache Leben propagierte: «Es wäre von einigem Vorteil, ein bedürfnisloses Grenzleben zu führen, wenn auch inmitten äusserlicher Zivilisation, bloss um zu erfahren, welches die grösseren Lebensbedürfnisse sind.» Mit der Aafarm sei es ihm nicht darum gegangen, sagt er, «individualistische Askese vorzuführen», sondern die eigene Lebenspraxis im Kontext einer Welt voller Armer und Hungernder zu überprüfen.
Das bedürfnislose Grenzleben: Für Wilm Weppelmann, den Grenzgänger, der Grenzen gerne austestet, bestand es 30 Tage lang aus: Gaskocher, Giesskanne, Klappmatratze, Kompostklo, Wasserkanister und wenigen weiteren Utensilien. Auf 6 Tonnen Inselerde wuchsen Kohlrabi, Mangold, Spitzkohl; zudem hatte er je 2 bis 3 Kilo Müsli, Nudeln und Reis importiert. Den Verbrauch hatte er genau durchgerechnet: 2 Scheiben Brot pro Tag, 4 Liter Wasser, 8 Blatt Klopapier. Hätte er mehr gegessen, als die Vorräte hergaben, hätte er anschliessend gefastet, das war seine eigene Bedingung. Weppelmann verliess die Insel Ende September buchstäblich erleichtert: um 3 1/2 Kilo leichter. Und um viele Erkenntnisse reicher. Zum Beispiel, dass es nicht schwer war, auf wenigen Gartenquadratmetern Grundbedürfnisse zu befriedigen. An die materiellen Beschränkungen habe er sich «sehr schnell gewöhnt». Aber «die menschlichen Defizite bei Kommunikation und Berührung, die machten mir zu schaffen.»
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www.afarm.de
Nun erzählt der 57-Jährige in seiner Wohnung mit junger, heller Stimme, wie sich die Zeit dehnte wie Kaugummi, wie glücklich er war, wieder ans Festland zu dürfen. «Am schlimmsten war die Handlungsohnmacht. Kein Auslauf. Keine Abwechslung.» Weppelmann springt auf, wirft Presseartikel auf den Tisch, hunderte von Texten sind über ihn erschienen, an die 3000 Mails hat er erhalten. Noch nie brachte dem Konzeptkünstler und Fotografen eine Aktion «so viel Resonanz» ein. Er lacht dazu, so laut und herzlich, dass alle bösen Geister sich verkriechen.
30 Tage lang hat er auf 30 Quadratmetern Insel, erleuchtet von 30 Kerzen plus Solarlampe, seine 30 Grundbedürfnisse zwischen Fressen und Moral in einem Notizbuch beschrieben. Hat jeden Tag ein Bedürfnis genauer erkundet, sich einen Reim mit 30 Worten daraus gemacht und den per Sprachrohr morgens, mittags und abends in die Ohren seines Fanpublikums am Ufer gerufen. Als da wären, alphabetisch geordnet: Bewegung, Bildung, Familie, Friede, Geld, Gesundheit, Heimat, Humor, Kleidung, Kommunikation, Kultur, Lebensfreude, Licht, Luft, Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Mobilität, Nahrung, Obdach, Religion, Respekt, Ruhe, Schlaf, Selbstbestimmung, Sexualität, Sprache, Strom, Wärme, Wasser.
Der Künstler, umgrünt von Kräutern auf seiner Fensterbank, zitiert den US-Schriftsteller Henry David Thoreau, der in «Walden» das einfache Leben propagierte: «Es wäre von einigem Vorteil, ein bedürfnisloses Grenzleben zu führen, wenn auch inmitten äusserlicher Zivilisation, bloss um zu erfahren, welches die grösseren Lebensbedürfnisse sind.» Mit der Aafarm sei es ihm nicht darum gegangen, sagt er, «individualistische Askese vorzuführen», sondern die eigene Lebenspraxis im Kontext einer Welt voller Armer und Hungernder zu überprüfen.
Das bedürfnislose Grenzleben: Für Wilm Weppelmann, den Grenzgänger, der Grenzen gerne austestet, bestand es 30 Tage lang aus: Gaskocher, Giesskanne, Klappmatratze, Kompostklo, Wasserkanister und wenigen weiteren Utensilien. Auf 6 Tonnen Inselerde wuchsen Kohlrabi, Mangold, Spitzkohl; zudem hatte er je 2 bis 3 Kilo Müsli, Nudeln und Reis importiert. Den Verbrauch hatte er genau durchgerechnet: 2 Scheiben Brot pro Tag, 4 Liter Wasser, 8 Blatt Klopapier. Hätte er mehr gegessen, als die Vorräte hergaben, hätte er anschliessend gefastet, das war seine eigene Bedingung. Weppelmann verliess die Insel Ende September buchstäblich erleichtert: um 3 1/2 Kilo leichter. Und um viele Erkenntnisse reicher. Zum Beispiel, dass es nicht schwer war, auf wenigen Gartenquadratmetern Grundbedürfnisse zu befriedigen. An die materiellen Beschränkungen habe er sich «sehr schnell gewöhnt». Aber «die menschlichen Defizite bei Kommunikation und Berührung, die machten mir zu schaffen.»
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07. Januar 2015
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