Mit Geschichten Menschen gewinnen

Es war einmal ein Jurist und Psychologe, der bei der Weltbank für das Wissensmanagement zuständig war. So würde vielleicht eine langweilige Geschichte beginnen. Aber der Mann hiess Steven Denning, und er erkannte in den 90er Jahren, dass man mit trockener Informationsvermittlung vielleicht Funktionsträger erreicht, aber nicht Menschen. So begann er Geschichten zu erzählen und animierte die Mitarbeitenden, dies auch zu tun. Die Erfahrungen waren durchwegs positiv. Wahre und berührende Geschichten halfen, Menschen für Veränderungen an ihrem Arbeitplatz oder für Innovationen zu gewinnen. Abstrakte Themen wie Qualität oder Werte der Organisation wurden plötzlich fassbar. Zudem verbreiten sich Geschichten von alleine. Ganz im Gegensatz zu komplizierten Papieren, die nur auf Anweisung gelesen werden. Das war die Geburtsstunde des «Storytelling» im Management und in der Organisationsentwicklung,

Storytelling gibt es auch in der Schweiz und hat zwei Namen: Catherine von Graffenried und Pierre Walther. Die beiden grossgewachsenen Menschen – zusammen fast vier Meter gross – ergänzen sich bestens. Die impulsive Catherine, von Haus aus Pädagogin, machte 15 Jahre Radio für Kinder bei SRF und ist als Geschichtenerzählerin unterwegs. Pierre, eher zurückhaltend, Geograph und Mediator, arbeitete als Berater in der Entwicklungshilfe und war immer wieder damit konfrontiert, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen in einem gemeinsamen Projekt, einer gemeinsamen Geschichte zu verbinden. Als sich die beiden kennenlernten, organisierte die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gerade einen grossen Storytelling-Workshop im Schloss Münchenwiler mit einem Team aus England. Da entschieden die beiden: Das können wir auch, und uns braucht man nicht einzufliegen. Und so verbreiten die beiden seit zehn Jahren die Kunst des Erzählens von erlebten Geschichten in der Schweizer Wirtschaftswelt. Die Anwendungen sind vielfältig: Organisationsentwicklung, Teambildung, Wissensmanagement oder Marketing. Firmen wie Swisscom, SBB oder Novartis liessen sich für grössere Projekte begeistern. So sammelte Catherine zum Thema «Guter Service der SBB» ein Jahr lang spannende und berührende Geschichten der Zugbegleitenden mit Kunden und Kundinnen. Die Geschichten zeigen, welche besonderen Leistungen das Zugpersonal jeden Tag erbringt.

Dieses Jahr gehen Catherine und Pierre, die zusammen als «fast4meter» firmieren, einen Schritt weiter. Ihre Storytelling-Kurse werden durch Begegnungen mit ErzählkünstlerInnen bereichert. Ich weiss nicht, wie ich selber in diese exklusive Runde geraten bin. Mit von der Partie sind im Weiteren der Autor, Philosoph und Liedermacher Linard Bardill, der mit dem Herzen denkt, schreibt und singt, und die Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin, die mit dem Null-Sterne-Hotel in der Zivilschutzanlage Teufen in der halben Welt bekannt wurden. Es könnte also durchaus sein, dass sich von der Rigi, wo die Kurse stattfinden, ganz neue Geschichten in die Welt verbreiten. Da möchte man doch von Anfang an dabei sein, oder?

Storytelling-Kurse von fast4meter:
7./8. Mai mit Linard Bardill,
18./19. Juni mit Christoph Pfluger und
10./11. September mit Frank und Patrik Riklin.
Hotel Rigi Kulm. Anmeldung: www.storytellingkurse.ch

Organisation: fast4meter, Catherine von Graffenried und Pierre Walther, Kirchenfeldstr. 41, CH - 3005 Bern, Tel. 031 351 79 40, www.fast4meter.ch
23. Februar 2015
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