Was «Förderung» in der Kulturpolitik wirklich bedeutet

Ein Brief an die Freundinnen und Freunde der Lebenskultur

Daniel Ambühl als König der Stäbe im Januar 2021(Foto: zVg)

Es wird immer wieder bemängelt, dass Künstler sich nicht zu Wort melden in Bezug zur Coronakrise. Dies ist nur folgerichtig, weil die Mehrheit der etablierten Kunst reine Subventions-  oder Förderkultur des Bundes ist, von Pro Helvetia, oder von Kantonen, oder von Banken, oder Stiftungen und also kein Bedarf nach Störung des Betriebs besteht.

Andererseits sind die wenigen tatsächlich freien Künstlerinnen und Künstler nicht auf Rosen gebettet und können kaum jahrelang von Eigenkapital zehren, um durchzuhalten. Viele flüchten sich in eine Scheinfreiheit als Fürsorgeempfänger und gehören zur Sozialindustrie.

Für mich persönlich ist dieser Zustand klar auf die Abstimmung von 1996 über die Kulturinitiative zurückzuführen, ein fataler Aufruf zur Staatsfinanzierung der Kultur. Ich möchte es sogar mit der NoBillag-Initiative vergleichen, die ebenfalls den Umschwung zur Staatsfinanzierung der Medien brachte mit Resultaten, die wir jetzt präsentiert erhalten: Dass es keine Vierte Kraft im Staate mehr gibt. Ebensowenig gibt es seit dem Kulturprozent eine Fünfte Kraft nämlich die der freien Kultur, des geistig-kulturellen Korrektivs.

Indem man diejenigen belohnt die einem dienen, schadet man denen, die einen kritisieren.

Ich war und bin nicht nur einer der ganz wenigen Gegner von staatlicher Kulturförderung, sondern auch klarer Gegner von staatlichen Förderungen der Medien, denn Förderung ist nur eine andere Form von Zensur. Indem man diejenigen belohnt die einem dienen, schadet man denen, die einen kritisieren und unangenehm sind. Wen wundert's also, dass solche Stimmen verreckt sind, oder im grünen Jargon ausgedrückt vom Aussterben bedroht.

Unabhängige, freie Künstlerinnen und Künstler sind da, verborgen an Rändern, aus Berufung, nicht als Establishment und nicht als Lehrer oder Diplomträger einer Hochschule der Künste, und nicht als Mitglieder von völlig undemokratischen «Kunstkomissionen», die sich staatliche Institutionen gerne als Mäntelchen umlegen, um willkürliche Entscheide über das, was Kunst sei, an «Experten» auszulagern, wie es mit der Corona-Taskforce auch geschieht, wo es ein Problem von systemischer Korruption und Förderzensur von Wissenschaft und Forschung ist.

Bezeichnend für die verfassungswidrige Auslegung von Artikel 21 – «Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet» – ist die in jeder  Hinsicht herausragende und klärende juristische Betrachtung «Der Kunstbegriff des Rechts im Kontext der Gesellschaft» von Christoph Beat Graber, Ordinarius für Kommunikationsrecht und theoretische Rechtssoziologie und Leiter der Forschungsgruppe i-call (International Communications and Art Law Lucerne) an der Universität Luzern. Mit «Förderung» der Kunst wird die Kunstfreiheit in der Schweiz ad absurdum geführt.

Schliesslich muss ich leider auch feststellen, dass selbst da, wo noch freiheitliche Gefühle leben, es für einen unabhängigen Künstler ohne Lobby praktisch unmöglich ist, zu Wort zu kommen. Als Beweis kann ich anführen, dass über mein Buch «Covidokratie», das im vergangenen Jahr erschienen ist, weltweit nicht ein einziger Artikel oder Bericht erschienen ist, auch nicht von Corona-Massnahmen-Kritikern, und auch nicht von denen, die bemängeln, dass Künstler sich nicht zur Krise äussern. Ich habe verlernt, mich von solchen Dingen beirren zu lassen.

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Daniel Ambühl (*1958) ist freischaffender Künstler, Publizist, Forscher und lebt in Unterterzen am Walensee. https://www.danielambuehl.ch

Mehr zum Autor auf Corona-Transition: Daniel Ambühl: «Im Moment halten ja nur die Bürger die Verfassung ein, der Staat hingegen nicht mehr»

11. Februar 2022
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