Zensur, die Lebensversicherung des amerikanischen Imperiums: Ziele, Akteure und Funktionen
Das Gespräch von Joe Rogan mit Mike Benz, Direktor der «Foundation for Freedom Online», ist ungefähr das Beste, was es zur Zeit online zum Thema Zensur gibt. Hier die Zusammenfassung.
Das Gespräch dauert fast drei Stunden, aber Mike Benz hat ein enormes Wissen, viel Erfahrung ist eloquent. Rogan, der fast nicht spricht, sitzend staunend da. Benz war leitender Beamter im US-Aussenministerium, bevor er die «Foundation for Freedom Online» gründete.
Weil es etwas lang und nur auf englisch ist, habe ich die wichtigsten Aspekte mithilfe der Website podcastnotes.org zusammengetragen, mit deepl übersetzt und redigiert.
Es sei die beste Episode des Joe Rogan-Podcasts, sagen viele Kommentare auf youtube. Ich kann mich diesem Urteil nur anschliessen.
Die Krake der US-Geheimdienste und ihrer finanzkräftigen vorgelagerten Institutionen hat die Medienwelt des Westens fest im Griff. Wer sich eine unabhängige Meinung bilden will, muss sich bewusst sein, das ungefähr alles, was in den Mainstream-Medien und den grossen sozialen Medien kursiert, gesteuert oder zumindest überwacht wird.
Die Faktenchecker-Netzwerke und die Subventionen von grossen Stiftungen machen sich auch grössere deutschsprachige Plattformen gefügig. Telepolis, gegründet 1996, ein Pionier und Leuchtturm unter den alternativen Medien, hat soeben sämtliche Artikel bis 2021, die noch unter dem Gründer und langjährigen Chef Florian Rötzer erschienen sind, gelöscht. Telepolis hat seine eigene Pioniergeschichte ausradiert.
Das ist die Welt, in der wir leben. Um darin zu überleben, müssen wir zumindest wissen, wie und warum das alles geschieht und wer die Akteure sind. Das erklärt Mike Benz auf souveräne Art.
Beginn der Zusammenfassung
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1948 die auf Regeln basierende internationale Ordnung mit Institutionen wie den Vereinten Nationen, der NATO, dem IWF und der Weltbank geschaffen.
1948 erklärten die Vereinten Nationen, dass Territorium nicht mehr durch militärische Gewalt erworben werden könne, sodass alles auf sanfte Einflussnahme umgestellt werden musste.
Die USA begannen, die freie Meinungsäusserung weltweit aktiv zu fördern, beginnend mit CIA-Projekten wie Voice of America, Radio Free Europe und Radio Liberty.
Das Internet war ursprünglich ein militärisches Projekt, wurde aber 1991 mit dem World Wide Web für die zivile Nutzung freigegeben. Die USA setzten sich sofort für die freie Meinungsäusserung im Internet ein, um Druck auf ausländische Regierungen auszuüben, damit diese ihre Medienlandschaft öffnen.
Im Jahr 2014 unterstützten die USA den Putsch in der Ukraine und stürzten die Regierung Janukowitsch.
Sie pumpten 5 Milliarden Dollar in ukrainische Medieninstitutionen, um unabhängige Medien aufzubauen und dem russischen Einfluss entgegenzuwirken. Aber diese Strategie funktionierte weder in der Ostukraine noch auf der Krim.
Sie beschlossen, dass sie etwas brauchten, um Russland davon abzuhalten, ihren Medieneinfluss zu kontern. Die Idee war, einen der ihren zum Präsidenten zu wählen, der dann das Militär kontrollieren würde. Es war billiger und effizienter, Kriege durch Wahlsiege zu gewinnen. Das nannten sie die Gerassimow-Doktrin. Sie wurde 2014 zur Grundlage der frühen Zensurinfrastruktur.
Im Juli 2016 fügte die NATO unmittelbar nach dem Brexit die hybride Kriegsführung in ihre Charta ein. Die Doktrin „Tweets statt Panzer» machte die Kontrolle der sozialen Medien nun genauso wichtig wie traditionelle Militäroperationen.
Nach der Wahl von Trump im November 2016 und den Vorwürfen, er sei ein russischer Agent, wurden alle Instrumente dieser Infrastruktur nach innen gerichtet, auf die USA selbst.
Es schien, als würde der Zensurapparat gewinnen, bis Elon Musk 2022 X kaufte. In dem Monat, in dem er seine Übernahme ankündigte, kündigte das Department for Homeland Security auch das «Disinformation Governance Board» an (Dazu Glenn Greenwald auf deutsch).
Das eigentliche System begann mit der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA). Begriffe wie „Cybersicherheit» liessen die Menschen an Hacking oder Phishing denken, nicht an die Überwachung von abweichenden Meinungen.
Die CISA stufte Wahlen und die öffentliche Gesundheit als „kritische Infrastruktur» ein und setzte Fehlinformationen mit Cyberangriffen auf diese Bereiche gleich.
Erweiterte Definitionen machten aus gelegentlichem Online-Dissens eine Cyberbedrohung für die nationale Sicherheit.
Einmal entwickelt und finanziert, wurde Zensur zu einem Schlüsselinstrument der US-Aussenpolitik. Die aussenpolitische Elite sah darin eine Möglichkeit, das Spiel um den Einfluss der Soft Power weltweit dauerhaft zu gewinnen.
Das US-Aussenministerium hat regionale Abteilungen für jedes Land, die sich darauf konzentrieren, Wahlen zugunsten bevorzugter Ergebnisse zu beeinflussen.
Das Global Engagement Center (GEC) wurde 2016 gegründet, um die Rekrutierung von ISIS-Anhängern auf Facebook und Twitter zu bekämpfen. Dies war die erste offizielle Abteilung für Zensur in der US-Regierung.
Das Pentagon finanzierte die Verarbeitung natürlicher Sprache, um ISIS-Anhänger mithilfe von KI zu identifizieren.
Forscher erstellten Lexika, um ISIS-bezogene Sprachmuster in den sozialen Medien zu identifizieren. Diese Technologie ermöglichte die Echtzeitüberwachung mutmasslicher ISIS-Anhänger weltweit.
Nach Trumps Wahlsieg 2016 verlagerte sich der Schwerpunkt des GEC von der Terrorismusbekämpfung zur Bekämpfung des Populismus. Die Siege rechtspopulistischer Politiker weltweit (Trump, Bolsonaro, Salvini) bedrohten die globale regelbasierte Ordnung.
Die USA befürchteten nach dem Brexit einen Dominoeffekt, der zu weiteren „Austritten» führen und die NATO, die EU und den IWF zum Einsturz bringen könnte.
Bis 2017 diskutierten US-Beamte offen über internationale Zensur, um diese Bewegungen zu verhindern.
Die Wahl 2016 war ein entscheidender Wendepunkt. Sie zeigte, dass die Propaganda, auf die sich die Regierung stützte, völlig durcheinander gebracht wird, wenn die Menschen online sagen, was sie wollen.
Der Brexit zeigte, dass die gleichen Probleme auch in Westeuropa auftraten.
Russiagate wurde zur Rechtfertigung für den Aufbau massiver Zensursysteme. Aber im Juli 2019, als Sonderermittler Mueller keine Beweise vorlegen konnte, brach Russiagate zusammen.
2019 gab es nach Ansicht von Michael Benz eine kurze Zeit, in der die Zensurbestrebungen hätten gestoppt werden können.
Stattdessen wurde der Grund für die Zensur geändert. Es ging nicht mehr darum, die russische Einmischung zu stoppen.
Jetzt ging es darum, die Demokratie vor internen Bedrohungen zu schützen.
Dadurch wurde die Zensur von einem militärischen Mittel zu einem Instrument der Kontrolle über die einfachen Leute.
Von 2019 bis 2022 blieb diese Verschiebung hin zur inländischen Zensur weitgehend unbemerkt. Aber als Elon Musk 2022 Twitter kaufte, zeigten die Twitter-Files, wie gross dieses Zensursystem bereits geworden war.
Beamte begannen zu sagen, dass es bei Demokratie nicht darum gehe, dass Menschen wählen, sondern dass Institutionen sich darauf einigen, was das Beste ist. Populismus wurde als Widerstand von Menschen gegen Institutionen wie Regierungen, Wissenschaft, Medien und Experten beschrieben.
Sie argumentierten, dass die Demokratie „Leitplanken» benötige, um zu verhindern, dass Menschen die falschen Politiker wählen. Diese Leitplanken waren Einrichtungen wie die grossen NGOs, Universitäten, Medien und Experten.
Die Regierung nennt sie „demokratische Institutionen», nutzt sie aber als Instrumente, um Länder zu beeinflussen.
Sie argumentierte, dass es in einer echten Demokratie darum geht, dass Institutionen zusammenarbeiten, und nicht darum, wer Wahlen gewinnt.
Das «National Endowment For Democracy» ist nach Ansicht von Benz «eine der schädlichsten Kräfte in der gesamten Zensurindustrie».
Das NED präsentiert sich als NGO, wurde aber von der US-Regierung gegründet, um CIA-ähnliche Operationen ohne direkte Beteiligung der CIA durchzuführen.
Das NED wurde 1983 unter Reagan gegründet, nachdem der Ruf der CIA durch Skandale (z. B. Operation Mockingbird, MKUltra) ramponiert worden war.
Es wird vollständig von der US-Regierung finanziert und ist gegenüber den Ausschüssen des Kongresses rechenschaftspflichtig.
Der Zweck des NED:
- Unterstützung von Gruppen, die mit der US-Aussenpolitik übereinstimmen, ohne dass eine offene Beteiligung der CIA erkennbar ist.
- Verlagerung des Schwerpunkts von der Bekämpfung des Kommunismus auf die Bekämpfung des Populismus nach Trump und dem Brexit.
Das NED hat vier zentrale Bestandteile:
- Das International Republican Institute (IRI): Verbunden mit der Republikanischen Partei
- Das National Democratic Institute (NDI): Verbunden mit den Demokraten
- 3. Das Center for International Private Enterprise: Konzentriert sich auf Unternehmenspartnerschaften
- 4. Das Solidarity Center: Arbeitet mit Gewerkschaften zusammen
IRI und NDI stellen die parteiübergreifende Unterstützung für die aussenpolitischen Ziele der USA sicher und bringen beide politischen Seiten dazu, die von der CIA geleiteten Bemühungen zu unterstützen.
CEPPS (Consortium for Elections and Political Process Strengthening, gegründet 1995), ist ein gemeinsames Programm, an dem folgende Stellen beteiligt sind:
- Das US-Aussenministerium: legt die politische Richtung fest
- USAID: stellt finanzielle und logistische Unterstützung bereit
- National Endowment for Democracy (NED): übernimmt die technische Arbeit
CEPPS ist in 140 Ländern tätig und wird vollständig von der US-Regierung finanziert.
CEPPS spielte eine grosse Rolle beim Aufbau der brasilianischen Zensurinfrastruktur, die mit einem grösseren Netzwerk verbunden ist, das von den USA ursprünglich unter der CIA geschaffen wurde.
Nach Bolsonaros Sieg im Jahr 2018 arbeiteten US-Organisationen daran, seine Wiederwahl zu verhindern. Der Ansatz der USA in Brasilien ahmt ihre Strategien in anderen Ländern nach und nutzt USAID-Mittel, um Justizreformen und Wahlmanagementsysteme zu beeinflussen.
CEPPS verfolgt die Strategie, mit Wahlbehörden in anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um Zensursysteme aufzubauen, die darauf abzielen, Diskussionen im Zusammenhang mit Wahlen zu kontrollieren.
Sie nennen es nicht „Gegen-Desinformation», sondern „strategische Kommunikation»:
USAID (US-Agentur für internationale Entwicklung) wurde 1961 gegründet, um sich überschneidende Aktivitäten des Militärs, des Aussenministeriums und der Geheimdienste zu koordinieren.
USAID verfügt über ein Budget von 50 Milliarden US-Dollar – mehr als die Budgets der CIA und des Aussenministeriums zusammen.
USAID ist wie ein „Switch Player», der
- dem Pentagon bei nationalen Sicherheitsprojekten
- dem Aussenministerium bei der Förderung der US-Aussenpolitik
- den Geheimdiensten bei verdeckten Operationen hilft
2014 schuf USAID heimlich „Cuban Twitter», um die kubanische Regierung zu untergraben, indem es zunächst Nutzer mit unpolitischen Inhalten wie Sport und Musik gewann und dann die Plattform nutzte, um zu Protesten anzuregen.
Der Ausdruck „whole of society approach» (die gesamte Gesellschaft) wird verwendet, um eine koordinierte Anstrengung zu beschreiben, an der Regierung, Privatsektor, Zivilgesellschaft und Medien beteiligt sind, um mit Desinformation umzugehen. Der Ausdruck wird wie ein Mantra ständig wiederholt.
Die Regierung wollte einen autoritären Eindruck vermeiden, aber dennoch die gleichen Ergebnisse erzielen. Also haben sie dieses Konzept aus der militärischen Aufstandsbekämpfung entlehnt und auf die Zensur angewendet.
Schlüsselkomponenten des Ansatzes:
- Regierung: umfasst Behörden wie das Department of Homeland Security (DHS), das Aussenministerium, das FBI, das Justizministerium und die National Science Foundation (NSF).
- Privatsektor: Technologieplattformen wie Social-Media-Unternehmen führen die Zensur durch
- Zivilgesellschaft: Universitäten, NGOs und Aktivistengruppen verleihen Glaubwürdigkeit. Viele grosse US-Universitäten haben inzwischen „disinformation studies»-Programme oder Zensurzentren, die unter Abteilungen wie Soziologie, Kommunikation oder sogar Physik versteckt sind.
- Medien: Arbeiten mit der Regierung zusammen, um die Zensur voranzutreiben und die Berichterstattung zu kontrollieren.
Die Regierung stellt die Mittel und Ressourcen bereit, verfügt aber nicht über die Glaubwürdigkeit, um die Zensur direkt voranzutreiben.
Durch den «whole of society»-Ansatz entsteht die Illusion eines spontanen, demokratischen Bedürfnisses nach Zensur, während es in Wirklichkeit von oben orchestriert wird.
«COVID-19 war im Grunde ein Test und ein Beweis für die Wirksamkeit (proof of concept) dieser Zensurmechanismen», sagt Joe Rogan.
Es gab einen durch die Medien hergestellten Konsens darüber, dass COVID-19 gefährlich sei und dass Impfkritiker und Menschen, die an natürliche Immunität etc. glauben, das Problem verursachten. Dies erzeugte die öffentliche Unterstützung für die umfassende Einführung von Zensur während COVID-19.
So wurde COVID-19 zu einem Narrativ, an das ein grosser Teil der Gesellschaft glaubte.
Schon vor COVID-19 wurde dies mit «hate speech» (Hassrede) gemacht, die als Stellvertreter für Populismus verwendet wurde, sowohl in den USA als auch in den NATO-Ländern.
Die National Science Foundation (NSF), deren Administratoren mit DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) verbunden sind, finanzierte die University of Michigan, um eine Datenbank für KI-Zensurbedürfnisse zu erstellen.
Die Datenbank sammelt Aussagen von Skeptikern von COVID-Impfstoffen und indexiert sie in einem Lexikon/Codebuch für die automatische Markierung.
Die NSF lagert die Entwicklung des Systems an eine gemeinnützige Organisation aus, um nicht direkt als staatliche Zensurbehörde aufzutreten, verkauft diese Technologie aber an soziale Medien.
Das «≥https://www.viralityproject.org (in Partnerschaft mit versch. wissenschaftlichen Einrichtungen unter der Leitung der Stanford University) indexierte Aussagen, die die Wirksamkeit von Impfstoffen, Masken und lock-downs in Frage stellen, finanziert von der National Science Foundation, vom Pentagon und dem Atlantic Council, das seinerseits stark von US-Geheimdiensten und diplomatischen Stellen finanziert wird.
Das Atlantic Council ist mit der NATO verbunden und erhält Mittel vom Pentagon, dem Aussenministerium, von Organisationen aus dem Umfeld der CIA und von USAID. Im Vorstand sitzen sieben ehemalige CIA-Direktoren.
Das Atlantic Council betreibt eine auf Zensur ausgerichtete Einheit namens «Digital Forensics Research Lab», die nach der Ukraine-Krise 2014 gegründet wurde.
«Das amerikanische Imperium würde ohne diesen Apparat nicht existieren», sagt Benz.
Seine Einschätzung:
Anfangs, im Jahr 2016, schien es, als gäbe es kein Licht am Ende des Tunnels – ständige Verluste, Ablehnung und Entmutigung. Langsam aber sicher kam es zu einem Durchbruch, und jetzt fühlt es sich an, als wäre es die aufregendste Zeit, die es je gab, trotz der existenziellen Bedrohungen, die sich abzeichnen.
Ausführliche Notizen zum Podcast von Joe Rogan mit Mike Benz
Youtube: Joe Rogan Experience #2237 - Mike Benz. 4.12.2024
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