Ein Café bei Winterthur nahm trotz Lockdown seinen Betrieb wieder auf
Die Polizei liess den österreichischen Gastwirt Günter Diexer zunächst gewähren. «Ab jetzt übernehmen wir Eigenverantwortung und öffnen ab 15. März ab 13:00 Uhr für Sie unser Café wieder», schrieb er auf Facebook. Heute wurde das Lokal im Auftrag der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich mit einer Zwangsschliessung belegt.
Ein kleines Café in Räterschen bei Winterthur eröffnete gestern trotz Lockdown seinen Betrieb und hatte volles Haus. Der Betrieb war als «privates Treffen» deklariert und auf der Facebook-Seite des Lokals angekündigt worden. Die Polizei kam, nahm die Personalien des Betreibers und herumstehender Gäste auf, betrat das Lokal aber nicht und ging wieder.
Der Österreicher Günter Diexer hatte sein «Café Diexer» in Räterschen mit 31 Plätzen im September 2019 eröffnet. Der Break-even war für den Sommer 2021 geplant, was durch die Pandemiemassnahmen verunmöglicht wurde. Weil noch nicht genügend Buchhaltungsdaten vorhanden waren, erhält Diexer nur Fr. 1.60 Unterstützung pro Tag, nicht einmal genug für den Internet-Anschluss.
Überleben konnte Diexer nur, weil die Inhaberin des Lokals, eine Genossenschaft, auf die Mietet verzichtete. Seine Lebenspartnerin mit fester Anstellung hatte ihn finanziell unterstützt. Aber jetzt seien sie am Limit, sagte Diexer. «Ab jetzt übernehmen wir Eigenverantwortung und öffnen ab nächstem Montag, 15. März ab 13:00 Uhr für Sie unser Café wieder», schrieben sie am 13. März auf Facebook. «Unser Motto: Menschen für Menschen».
Heute, am späten Nachmittag des 16. März führte die Kantonspolizei Zürich «im Auftrag der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich eine Zwangsschliessung» durch, wie Polizeisprecher Stefan Oberlin auf Anfrage der Corona Transition erklärte. Mit dem Betreiber Dieter Diexer hätte es ein «ruhiges Gespräch» gegeben, sagte Oberlin.
Die Gäste hätten nach Aufnahme der Personalien des Lokal verlassen. Ob sie angezeigt werden, sei noch offen. Der Betreiber müsse jedoch mit einer Anzeige wegen Verstosses gegen die Covid-19-Verordnung des Bundes rechnen.
Dieter Diexer seinerseits betonte, die Polizei hätte keinen schriftlichen Schliessungsbefehl vorlegen können; die Aktion sei also widerrechtlich. Er sei dreimal gefragt worden, ob er freiwillig mitkommen würde, was er verneint habe. Für ihn ist dies ein Hinweis, dass sich die Polizei bewusst gewesen sei, nicht im Recht gehandelt zu haben. Er überlegt sich nun eine Klage wegen Hausfriedensbruch.
Zur Zeit ist das Lokal polizeilich versiegelt. Nicht einmal der Betreiber darf es betreten. Eine Stellungnahme von Gastrosuisse, dem Branchenverband der Gastwirte steht noch aus. Die prekäre Lage des Café Diexer dürfte kein Einzelfall sein.
«Wir verstehen sehr gut, dass viele Inhaber finanziell am Limit sind», erklärte Patrik Hasler-Olbrych, Sprecher von Gastrosuisse auf Anfrage. «Für den Branchenverband ist aber klar, dass man sich an die von Bund und Kantonen verordneten Massnahmen halten soll.»
Stricker TV hat in verschiedenen Live Streams vor Ort über die Aktion berichtet:
- Teil 1 https://www.youtube.com/watch?v=D6yESEFGZQI (25min)
- Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=lT39mN6hfCE&t=2s (13min)
- Teil 3 https://www.youtube.com/watch?v=ByosrRdZToE (3min)
- Teil 4 https://www.youtube.com/watch?v=qFHXn63Q4SQ (2:11min
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Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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