Nord-Stream-Anschlag: Deutsche Bundesregierung beantwortet keine Fragen

Verwiesen wird auf die Pflicht zur Geheimhaltung — nur warum?
Veröffentlicht: 13. Dec 2022 - Zuletzt Aktualisiert: 13. Dec 2022

Die aktuellen Antworten der Bundesregierung erfolgten in Reaktion auf eine 55 Fragen umfassende Kleine Anfrage (KA) mit dem Titel „Die Anschläge auf die Nord-Stream-Erdgasleitung“. Diese wurde am 1. November vom Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt (AfD) und seiner Fraktion eingereicht. 'Beantwortet' hat die Bundesregierung diese, nach längerer Verzögerung, am 29. November. Dabei verweigert sie die Beantwortung von 18 Fragen mit Verweis auf «Geheimhaltungsinteresse». Das berichtet Florian Warweg für die Nachdenkseiten.

Folgende Fragen wurden nicht beantwortet:

1. Sind der Bundesregierung die Äußerungen von Prof. Dr. Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University in New York, bekannt, der in einem Live-Interview mit dem internationalen TV-Nachrichtensender Bloomberg davon sprach, es gebe Radaraufzeichnungen, die belegten, dass kurz vor dem Sabotageakt „US-Militärhubschrauber, die normalerweise in Danzig stationiert sind, über dem Gebiet kreisten“ (in dem die mutmaßlichen Anschläge stattfanden), hat sie sich hierzu eine Positionierung erarbeitet, wenn ja, wie lautet diese und welche Schlussfolgerungen hat sie ggf. für sich daraus gezogen?

2: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse und wenn ja, welche über eine eventuelle Sabotage von Nord Stream durch die russische Marinebrigade 561?

3. Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung der Medienbericht zu, dass jede der vier Sprengsätze etwa 500 Kilogramm TNT beinhaltet haben dürfte?

4. Hat sich die Bundesregierung eine Haltung dazu erarbeitet, welcher Akteur bzw. welche Akteure nach ihrer Einschätzung
a) ein Motiv für derartige Anschläge besäßen und/oder
b) die technischen und personellen Möglichkeiten für derartige Anschläge besäßen,
und wenn ja, wie lautet diese ggf.?

5. Hat sich die Bundesregierung eine Positionierung zu der Tatsache erarbeitet, dass Gazprom bzw. russische Behörden als Geschädigte nicht an den Untersuchungen beteiligt sind, ist der Bundesregierung bekannt, warum Gazprom bzw. russische Behörden als Geschädigte nicht an den Untersuchungen beteiligt werden, bzw. ist die Bundesregierung dafür eingetreten, dass dies erfolgt oder warum ggf. nicht (bitte ggf. jeweils ausführen)?

6. Sind russische Behörden an die Bundesregierung oder an deutsche Behörden herangetreten, um an den Untersuchungen zu den mutmaßlichen Anschlägen an den Nord-Stream-Leitungen teilzunehmen?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, inwiefern russische Behörden ggf. an die dänische bzw. schwedische Regierung herangetreten sind bzw. an Behörden der beiden genannten Staaten, um an den Untersuchungen zu den mutmaßlichen Anschlägen an den Nord-Stream-Leitungen teilzunehmen und welche Antwort ihnen ggf. beschieden wurde (wenn ja, bitte ausführen)?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, ob, und wenn ja, inwieweit die Betreibergesellschaften für Nord Stream 1 bzw. 2 an den Untersuchungen beteiligt sind bzw. waren (bitte erläutern)?

9. Welche Untersuchungen vor Ort wurden im Zusammenhang mit den Sabotageakten von welchen Ländern nach Kenntnis der Bundesregierung zu welchen Zeitpunkten bislang angestellt?

10. Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung der Medienbericht zu, dass neben Deutschland, Schweden und Dänemark auch die USA eigene Ermittlungen durchführen?

11. Sind der Bundesregierung ggf. Ermittlungen durch andere Staaten als die in Frage 21. genannten sowie Russland bekannt (wenn ja, bitte ausführen)?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Ermittlungen Russland unternimmt oder ist ihr bekannt, ob die Regierungen Dänemarks bzw. Schwedens bzw. Behörden der beiden genannten Länder mit den russischen Pendants in Kontakt stehen oder warum ggf. nicht und steht die Bundesregierung oder stehen deutsche Ermittlungsbehörden selbst mit diesen russischen Pendants in Kontakt?

12. Trifft nach Kenntnis der Bundesregierung der Medienbericht zu, dass es einen regelrechten Wettlauf um Beweismaterial gebe oder gegeben habe, das sich womöglich auf dem Meeresgrund befinde und welche Schlussfolgerungen hat sie ggf. daraus gezogen?

13. Hat sich die Bundesregierung eine Haltung dazu erarbeitet, was einer schnellen Aufklärung der Anschläge bislang entgegensteht und wie lautet diese ggf.?

14. Trifft der Medienbericht zu, dass sich in der 41. Kalenderwoche, also rund zwei Wochen nach den Anschlägen, Bundespolizisten in Zusammenarbeit mit der Bundesmarine zu den Tatorten begeben und mit Hilfe einer Unterwasserdrohne Aufnahmen gemacht haben?
a) Wenn ja, war dies der erste Aufenthalt deutscher Ermittler an den Tatorten oder gingen ihnen ein oder mehrere Aufenthalte voraus?

b) Wann wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von deutschen Ermittlern ggf. sämtliche Tatorte aufgesucht?

c) Wenn ja, welche Behörden waren daran jeweils beteiligt (bitte aufschlüsseln)?

d) Wenn ja, ist das Bundeskriminalamt in die Untersuchungen eingebunden und wenn ja inwiefern?

15. Kann die Bundesregierung den Bericht der schwedischen Zeitung „Expressen“ bestätigen, dass ein mindestens 50 Meter langer Teil einer Pipeline fehlt?

 

So heisst es in der Mitteilung der Ampel-Regierung lediglich:

Die Erteilung näherer Auskünfte zur Beantwortung der einzelnen Fragestellungen muss allerdings unterbleiben. Denn trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter dem berechtigten Geheimhaltungsinteresse zum Schutz der laufenden Ermittlungen zurück.