Traumata bei Kindern und Jugendlichen können wirksam behandelt werden

Von Psychologen durchgeführte Meta-Analyse bestätigt Wirksamkeit der traumafokussierten Therapie
Veröffentlicht: 10. Apr 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 10. Apr 2023

Eine psychotherapeutische Behandlung auf der Grundlage der traumafokussierten Therapie ist hochwirksam für Kinder und Jugendliche, die wiederholt traumatische Ereignisse wie sexuellen, körperlichen oder emotionalen Missbrauch erlebt haben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Nexhmedin Morina und Dr. Thole Hoppen von der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Münster (Deutschland). Die Studie ist im British Journal of Psychiatry veröffentlicht worden.

Etwa 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die traumatischen Ereignissen ausgesetzt waren, entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD). Vor allem wiederholte körperliche, sexuelle und emotionale Traumatisierungen in der Kindheit bergen ein hohes Risiko für eine PTBS. Die Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche und der russische Krieg gegen die Ukraine sind zwei aktuelle Beispiele, die das Ausmaß von Massentraumata verdeutlichen. "PTDS ist eine schwerwiegende, meist chronische Erkrankung, die zu schweren funktionellen Beeinträchtigungen im Alltag der Betroffenen führt", sagt Thole Hoppen, der in Zusammenarbeit mit Psychologen der University of East Anglia (Großbritannien) und der University of Oslo (Norwegen) die Studie federführend verfasst hat.

In der klinischen Praxis gab es bisher starke Vorbehalte gegen die Anwendung der traumafokussierten Psychotherapie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die aufgrund von Mehrfachtraumata an einer PTBS leiden. Diese Therapieform zielt darauf ab, die Denk- und Verhaltensmuster der Patienten zu verändern, die als Folge des Traumas entstanden sind. Die Patienten sollen in die Lage versetzt werden, sich unter Aufsicht eines Therapeuten mit dem erlebten Trauma zu konfrontieren und so die Erinnerungen und ihre Folgen zu verarbeiten. «Das weit verbreitete Argument ist, dass diese Therapie den Patienten zu viel abverlangt und wenig erfolgversprechend, unangemessen oder sogar gefährlich ist», so Hoppen. «Mit unserer Analyse haben wir das Gegenteil beweisen können.»

In einer so genannten Meta-Analyse werteten die Forscher die Ergebnisse aller bisher veröffentlichten randomisierten kontrollierten Psychotherapiestudien zu PTBS bei Kindern und Jugendlichen aus. Erstmals in einer Meta-Analyse unterschieden die Autoren zwischen einzelnen und multiplen Traumaexpositionen bei Kindern und Jugendlichen. «Psychotherapie ist bei Kindern und Jugendlichen mit PTBS hochwirksam - und das nicht nur nach einer einzelnen Traumatisierung», sagt Hoppen. «Die Evidenzbasis zeigt, dass dies auch bei Mehrfachtraumata der Fall ist.» Die Ergebnisse der Studie sind nicht nur für die ambulante Psychotherapie, sondern auch für die stationäre Behandlung in der Psychiatrie sowie für die Ausbildung von Psychotherapeuten wichtig. Die Ergebnisse geben Hoffnung und Orientierung für Betroffene, Angehörige und Behandler.