Botanische Verwirrung in der österreichischen Mobilfunkzentrale

Das Forum Mobilkommunikation über die Studienlage zu Krebs
Veröffentlicht: 17. Apr 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 17. Apr 2023

Die PR-Zentrale der österreichischen Mobilfunkindustrie, das FMK (Forum Mobilkommunikation) hat für den Beweis, dass Mobilfunkstrahlung nichts mit Krebs zu tun habe, als stumme Kronzeugin die Pflanze Aloe Vera gefunden. 

Der Anlass: Im Onlineportal www.heute.at äusserte sich am 10.04.2023 der Umweltmediziner Prof. Hans-Peter Hutter zu den Risiken von 5G und wies darauf hin, dass die WHO die Mobilfunkstrahlung als möglicherweise krebserregend in der Kategorie «2B» einstuft. Das FMK reagierte am nächsten Tag. Hutter liege falsch, und als «Beweis» zauberte das FMK einen alten Textbaustein aus dem Hut: In «2B» sei auch Aloe Vera. So harmlos wie diese Pflanze sei also auch die Strahlung. Ein ganz schöner Schmäh, der da aus der Wiener Mobilfunkzentrale kommt.

Im Jahr 2011 hat die IARC der WHO mit nur einer Gegenstimme nicht-ionisierende Strahlung als möglicherweise krebserregend (possibly carcinogenic) in «2B» eingestuft, Die FMK schreibt: «Umweltmediziner Hans-Peter Hutter zitiert WHO in Bezug auf 5G Mobilfunk falsch», «denn 5G ist «so gefährlich» wie Aloe Vera ... Hutter meint weiters, die Studienlage sei nicht eindeutig – zumindest steht das so in dem Artikel, die Krebsforschungsagentur der WHO habe Mobilfunkstrahlung als potenziell krebserregend eingestuft. Das ist falsch ...».
Dass diese Eingruppierung 2011 tatsächlich erfolgte, scheint die FMK zu verdrängen, sie schreibt dann weiter: «Ganz abgesehen davon, dass die Studienlage eindeutig ist, wurden Funkfelder in die schwächste Klassifizierungsstufe 2B kategorisiert. Zur Einordnung: Damit erklärt die WHO aufgrund der umfangreichen Studienlage, dass Funkfelder sowohl hoher als auch niedriger Frequenz ganz allgemein (und damit auch Mobilfunk), so krebserregend sind, wie beispielsweise Aloe Vera oder Ginkgo Biloba – diese beiden Agens finden sich ebenfalls in der schwächsten Kategorisierung 2B.
Der Bluff der FMK: Nicht Aloe Vera wurde von der WHO  in 2B eingruppiert, sondern der Ganzblattextrakt. Die WHO schreibt: «Bei Versuchstieren gibt es genügend Belege für die Karzinogenität von Ganzblattextrakt aus Aloe Vera.»
Nach der WHO-Eingruppierung im Jahr 2011 ließ die Mobilfunkindustrie ein Verharmlosungs-Wording von deutschen Risikoforschern ausarbeiten: Mobilfunkstrahlung sei so schädlich wie Kaffee, eingelegtes Gemüse (Mixed Pickles), Gurken und Aloe Vera, denn diese Produkte seien ja auch in 2B eingestuft.

diagnose:funk hat diesen Bluff damals gleich aufgedeckt: nicht Kaffee, sondern Kaffeesäure, nicht Gemüse und Gurken, sondern Fermentierungsprozesse dieser Produkte wurden in die Krebskategorie aufgenommen. Solche Verwirrungsstrategien zur Entsorgung des Krebsrisikos sind bis heute Bestandteil der Kommunikation der Mobilfunkindustrie, das hat Diagnose:Funk ausführlich in einem aktuellen Brennpunkt und in einer Artikelserie dokumentiert.