In Kolumbien belastet ehemaliger Paramilitärchef Politik und Streitkräfte schwer

Der kolumbianische Staat, die Medien und zig Unternehmen waren laut dem obersten Anführer der «Vereinten Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens» (AUC), Salvatore Mancuso, an den barbarischen Handlungen der rechten Milizen beteiligt, schreibt Sara Meyer
Veröffentlicht: 19. May 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 19. May 2023

Vier Tage lang schilderte der rechte Exparamilitär per Videokonferenz aus einem US-Gefängnis seine Version des internen bewaffneten Konflikts vor der Sonderjustiz für den Frieden in Kolumbien (JEP). Mit den Anhörungen zwischen dem 10. und 16. Mai nutzte der 58jährige Kriminelle seine letzte Chance, die Machenschaften der ultrarechten Gruppe während des kolumbianischen Bürgerkriegs zu offenbaren. Die AUC standen vor ihrer Demobilisierung 2006 mehr als zehn Jahre unter Mancusos Kommando. Die Wahrheit gegen eine mögliche Strafminderung, so lautete der Deal mit dem Gericht. Neben seiner Rolle interessierte das Gericht, mit wem die AUC kooperierten und wer sie schützte. 

In den mehr als 30 Stunden Anhörungszeit bekam die Bevölkerung des südamerikanischen Landes die harte Wahrheit, die bisher teils nur vermutet wurde: Hochrangige Politiker wie der ultrarechte Expräsident Álvaro Uribe (2002–2010) und dessen Vizepräsident Francisco Santos sowie dessen Vorgänger Andrés Pastrana (1998–002) sollen mit dem paramilitärischen Projekt kollaboriert haben. So beschuldigte Mancuso den früheren Vize, den Hauptstadtblock der AUC mitgegründet zu haben. Santos streitet alles ab. Uribe wiederum gab während seiner Präsidentschaft den entscheidenden Impuls, die mehr als 30 Blöcke der AUC zu demobilisieren.

Auch das mächtigste Unternehmen des Landes «Ecopetrol», das für die Erdölförderung zuständig ist, soll laut Mancuso mit den Paramilitärs und der Staatsarmee kooperiert haben. 

Die Einrichtung der Sonderjustiz soll den bisher kaum sichtbaren Opfern und deren Familien eine Möglichkeit auf Wahrheit und Wiedergutmachung ermöglichen. Im Rahmen des Friedensprozesses wurden vor allem Taten der linken Guerillas aufgeklärt. Dabei hatten die rechten Milizen erbarmungslos in Kolumbien gewütet und dreimal so viele Menschen wie die Guerillas getötet.

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