Schuldet And­reas Scheuer dem Bund 243 Mil­lionen Euro?

Bundesminister können durch eigene Fehler öffentliche Gelder ohne Limit verbrennen - persönlich haftbar sind sie nie.
Veröffentlicht: 20. Jul 2023 - Zuletzt Aktualisiert: 20. Jul 2023

Die Pkw-Maut ist tot, seitdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juni 2019 per Urteil entschied, dass sie EU-Ausländer unionsrechtswidrig diskriminiere. Doch die rechtliche Aufarbeitung des gescheiterten Projekts nimmt gerade erst richtig Fahrt auf. So teilte das Bundesverkehrsministerium (BMDV) Anfang Juli mit, es prüfe Regressforderungen gegen Ex-Minister Andreas Scheuer (CSU), der das Ressort von März 2019 bis Dezember 2021 leitete. Doch wie Legal Tribune Online jetzt erklärt, darf Scheuer aufatmen - weil die Politik das Bundesministergesetz voller Lücken packte.

Für Bundesbeamte ist dieser Fall in § 75 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) geregelt. Nach dieser Vorschrift hat ein Beamter, der im Rahmen seines Dienstgeschäfts vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Pflicht verletzt hat, dem Dienstherrn den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dass Scheuer grob fahrlässig handelte, als er die weit überwiegenden Experteneinschätzungen zur Unionsrechtswidrigkeit der Pkw-Maut ignorierte, mag durchaus sein. Eine Haftung Scheuers nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BBG scheitert aber daran, dass Minister keine Beamten sind. Ihr Status unterscheidet sich vielmehr grundlegend von dem der Beamten und ist nicht im BBG, sondern im Bundesministergesetz geregelt. Dieses kennt – im Gegensatz zum BBG – keine Regresshaftung für ministeriale Pflichtverletzungen. 

§ 75 Abs. 1 Satz 1 BBG kann auf Bundesminister auch nicht analog angewandt werden, da keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Vielmehr schweigt das Bundesministergesetz insofern bewusst: Anders als gewöhnliche Beamte stehen die ressortverantwortlichen Minister an der Spitze des Apparats, sie sollen hierdurch in ihrer Entscheidungsfreiheit gestärkt werden und sich für die Auswirkungen ihrer politischen Entscheidungen auf das Bundesvermögen lediglich vor dem Parlament verantworten müssen.